Von Sebastian Beutler
Bis zuletzt hatte die Seifhennersdorfer Stadtverwaltung die Hoffnung auf einen zeitweiligen Wanderübergang zur Eröffnung des Aussichtsturms auf dem Burgsberg nicht aufgegeben. Gestern Vormittag konnte Heiner Haschke, der Leiter der Touristinformation in Seifhennersdorf, mitteilen: Ja, es wird ihn am Sonnabend und Sonntag geben. Damit können Touristen und Einheimische quasi auf einem Spaziergang die neue Attraktion erkunden.
Gerade für Touristen hält die böhmische Seite des Lausitzer Berglandes vieles parat. „Unentdeckte Flecken mit seltenen Pflanzen und viel Ruhe“, kennt Seifhennersdorfs Hauptamtsleiter Wolfgang Müller auf der tschechischen Seite. Seifhennersdorf sieht darin eine Chance für sich: Urlauber könnten in der deutschen Stadt Quartier beziehen und von dort ins Böhmische reisen. Seifhennersdorf als Sprungbrett für den „wilden Osten“. Auch Heiner Haschke weiß darum: „Die Urlauber sind eher bereit, diese Schätze zu entdecken als die eigenen Leute“.
Für viele von ihnen besteht der kleine Grenzverkehr aus Einkaufen im preiswerten Nachbarland. Benzin, Bier, Friseur stehen ganz oben auf der Liste. Manch Seifhennersdorfer, sagt Haschke, nutzt aber auch die Fahrradwege durchs Böhmische nach Waltersdorf oder besucht das Naturbad in Varnsdorf.
Umgekehrt stellen Tschechen seinen Worten zufolge etwa 40 bis 50 Prozent der Gäste im Seifhennersdorfer Bad. Auch Walter Siebert, der Koordinator für den Wiederaufbau des Burgsbergs, ist bei dem schönen Wetter am Wochenende viel an den Silberteichen und schwärmt von deren Anlage und Wasserqualität. Doch die Hauptbewegung, so sagt Sieber über den Einkaufstourismus, habe eben „ein ganz rationelles Fundament“, geleitet von den Preisunterschieden. Die Varnsdorfer wiederum schätzen den Service und die gute Qualität der Waren in den deutschen Einkaufsmärkten.
Gleichwohl ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit über das Einkaufen hüben wie drüben längst hinausgegangen. In der Abwasserentsorgung des Oberlandes gibt es eine enge Kooperation, die Bibliotheken kennen sich einander, die Touristinformationen pflegen den Austausch genauso wie die Gymnasien in Seifhennersdorf und Varnsdorf, und die Stadt- und Gemeindeverwaltungen der Gegend sind dabei, nach den Kommunalwahlen auf beiden Seiten wieder einen kurzen Dienstweg einzurichten.
So kam es ja unlängst zu dem Treffen der Bürgermeister von Seifhennersdorf, Varnsdorf, Großschönau und Rumburk, das die Kontakte zwischen den Verwaltungen seit der Wende fortsetzte. Neben dem Burgsberg-Turm stand noch eine weitere Frage auf der Tagesordnung: Wie kann man erreichen, dass die Mandau-Bahn künftig in Varnsdorf hält? Die von der deutsch-tschechischen SBE betriebe Mandau-Bahn darf sehr zum Leidwesen ihrer Betreiber nicht in dem tschechischen Grenzort halten. Dabei wäre eine Station dort ein Meilenstein für eine bessere Auslastung der Züge, weil dann deren Attraktivität auch für jene steigt, die zwar gern ins Tschechische fahren würden, aber Sorge haben, ihr Auto dort zu verlieren. Nun sind gemeinsame Anträge an die Sächsischen und Tschechischen Wirtschaftsministerien gegangen.
Auch Roland Bibas freut sich über die deutsch-tschechische Zusammenarbeit. Der Seifhennersdorfer hat ein eigenes Planungsbüro und ist Vorsitzender des Fördervereins Burgsberg in der Oberlandstadt, der seit zwei Jahren den Turmbau von deutscher Seite unterstützt hat. Er spricht von einem großen „Interesse der Seifhennersdorfer" an dem Turm und ist sich sicher, dass sich viele ihn ansehen werden. Er weist auch auf die Kontakte zwischen Firmen hin. So arbeitet die Zittauer Maschinenfabrik Küsters mit der Textilfirma Velveta in Varnsdorf zusammen, weitere Beispiele gebe es auch in Rumburg. „Der Austausch existiert“, sagt Bibas, „und er ist auch zu DDR-Zeiten nie ganz abgestorben gewesen“. Doch nun gibt es neue Möglichkeiten, über die alle froh sind. Heiner Haschke beispielsweise ist als Karasek gern gesehener Gast bei den Feiern der Tollensteiner Herrschaft. Das größte Manko sind trotz alledem die fehlenden Sprachkenntnisse. „Gott sei Dank können auf der tschechischen Seite viele Deutsch“, sagt Heiner Haschke. Doch Walter Sieber aus Varnsdorf sagt auch: „Leider können hier zu wenige Deutsch.“ Doch Sprachen sind ja erlernbar.
Am Sonnabend und Sonntag ist in Seifhennersdorf ein zeitweiliger Grenzübergang für Fußgänger und Radfahrer geöffnet. Er führt vom Ende der Warnsdorfer Straße auf einem gekennzeichneten Wiesenpfad bis direkt zum Fuße des Burgsberg.