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Usti mal von einer anderen Seite betrachtet

Das hatte sich der Magistrat in Usti nad Labem sicher anders vorgestellt. Die vor anderthalb Jahren eröffnete Seilbahn zum Aussichtsrestaurant Vetruse (Ferdinandshöhe) ist wie erhofft zu einer Touristenattraktion geworden.

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Von Steffen Neumann

Das hatte sich der Magistrat in Usti nad Labem sicher anders vorgestellt. Die vor anderthalb Jahren eröffnete Seilbahn zum Aussichtsrestaurant Vetruse (Ferdinandshöhe) ist wie erhofft zu einer Touristenattraktion geworden. Doch für die Gäste, die sie am vergangenen Sonntag getestet haben, ist sie auf eine andere Weise Attraktion. Denn sie waren mit dem Reiseveranstalter Corrupt Tour unterwegs, der seit kurzem Führungen zu Orten anbietet, die mit Korruptionsfällen verbunden sind. Usti war nun die erste Stadt außerhalb Prags im Programm des Reisebüros.

Sicher, die Korruption ist eine in ganz Tschechien weit verbreitete Seuche. Dass Usti hier ganz vorn rangiert, ist nicht belegt. Fakt ist aber auch, dass gerade kommunale Verwaltungen besonders anfällig dafür sind. Vor allem, wenn man mit Hilfe europäischer Fördermittel großzügige Bauaufträge zu vergeben hat. Das ist der Fall der Seilbahn, wie auch des Stadtparks, dessen überteuerte Sanierung schon lange im Fokus der Kritik und nun auch auf dem Programm von Corrupt Tour steht. Der Reiseveranstalter wirbt mit den teuersten Parkbänken und Spielgeräten weit und breit. Im Volksmund ist Usti schon die 80-Millionen-Stadt. Weil ganz verschiedene mit EU-Mitteln finanzierte öffentliche Aufträge verdächtigerweise immer um die 80 Millionen Kronen gekostet haben.

Dass es sich bei dem ungewöhnlichen Ausflug in die Welt der Korruption nur um eine fixe Idee handelt, lehnt der Reiseveranstalter übrigens ab und bereitet bereits Führungen in deutscher und englischer Sprache vor.