SZ +
Merken

Verachtet mir die Gräser nicht

Botanischer Garten. Eine sächsische Spezialität hat jetzt im Quartier der Einjährigen ihren Blütenschmuck angelegt.

Teilen
Folgen

Von Heinz Fiedler

Nun sind doch einige Hitzeopfer zu beklagen: Die lang anhaltende Trockenheit hat die Oxera im Tropenhaus plattgemacht. Erloschen sind alle Lebensgeister der Kletterpflanze vom anderen Ende der Welt. Der Gast aus Neukaledonien trägt kein einziges grünes Blatt mehr. Schade – an eine Wiederauferstehung in dieser Saison ist nicht mehr zu denken. Etwas hoffnungsvoller sieht es bei den Rosen im Japanquartier und beim nordamerikanischen Tulpenbaum aus. Die Saunatemperaturen haben zwar für etliche gelbe Blätter gesorgt, aber das muss nicht das vorzeitige Aus sein – die Niederschläge der letzten Tage, von denen vor allem Gehölze profitieren, könnten Besserung bedeuten.

Im Augenblick hat sich das Freilandquartier der Einjährigen, das 800 Arten verschiedener Pflanzen beherbergt, schön gemacht. Es ist die Zeit der blühenden Gräser, die viele, sehr zu unrecht, als eine Randerscheinung betrachten. Etliche Mitglieder der Gräserfamilie haben dekorativen Schmuck angelegt. So zum Beispiel das Federborstengras, Erdmandel mit unterirdischen essbaren Speicherorganen und Hasenschwanzgras aus dem Mittelmeerraum. Als sächsische Spezialität empfiehlt sich das Elbeliebesgras. Eine Kreuzung aus zwei Arten, die nur in weiten Teilen des Elbtales (u. a. von Königstein bis Schönebeck) anzutreffen ist. Erst seit 1991 bekannt, wurde das Gras 1995 erstmals von einem Berliner Botaniker beschrieben. Elbeliebesgras erreicht eine Höhe von einem halben Meter, den krönenden Abschluss der Halme bilden grazile Rispen.

Neu: Tertiärteich

Ein ehemaliges Schmuckbecken hat sich in der Tertiärabteilung in einem der Braunkohlezeit angepassten Teich verwandelt. Wie Dr. Barbara Ditsch, wissenschaftliche Leiterin der TU-Anlage, berichtet, wurde die Umgestaltung der etwa 20 Quadratmeter großen Wasserfläche aus Spenden von Freunden des Gartens finanziert. Ein Teil des Teiches überbrückt eine hölzerne Plattform für Besucher.

Neu sind auch drei angebrachte Informationstafeln zum Thema Bionik. Ein weites und für Laien überraschendes Feld. Barbara Ditsch verweist darauf, dass jede Pflanze Funktionsfähigkeiten besitzt, die allerdings erst zum Teil erforscht sind. So lieferte zum Beispiel die Klette, deren Blüten an Kleidern und im Fell der Tiere haften bleiben, das Vorbild für die Erfindung des Klettverschlusses. Der Stacheldraht ist dem Osagedornbaum abgeschaut. Weitere Informationstafeln sind geplant.