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Verdi knöpft sich Discounter vor

Beschäftigte haben zuweilen demütigendeArbeitsbedingungen.

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Von Wolfgang Mulke

Berlin. Bei den Discount-Ketten herrschen nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi teilweise unzumutbare Arbeitsbedingungen. Bei den Billigketten gebe es Systeme, „die Frauen zu entwürdigen, zu demütigen und klein zu machen“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske gestern in Berlin. Dazu zählt die Gewerkschaft beispielsweise permanente Kontrollen, unbezahlte Mehrarbeit und die Schikane von Betriebsräten.

Verdi will bei Billigketten wie Aldi, Hornbach, Globus, Adler, Wal Mart oder Woolworth für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Aktuell hat die Gewerkschaft aber vor allem zwei Unternehmen im Visier, Lidl und Schlecker. „Taschenkontrollen sind bei Lidl an der Tagesordnung“, kritisiert Bsirske. Auch würden die Arbeitszeiten nicht ordentlich erfasst und Mehrarbeit häufig als freiwillige Überstunden eingestuft. Mit einer Kampagne will Verdi Betriebsräte bei Lidl durchsetzen. Bisher haben sich nach Gewerkschaftsangaben nur in einer Filiale des Discounters sowie in Lagerbetrieben Arbeitnehmervertretungen bilden können. Das Familienunternehmen beschäftigt weltweit 150 000 Leute.

Beim Drogeriemarkt Schlecker kämpfen Beschäftigte schon seit zehn Jahren um bessere Arbeitsbedingungen. Für rigide Methoden war Schlecker seinerzeit berüchtigt. Die Bezahlung war laut Verdi unterdurchschnittlich, die Filialen schlecht gesichert, der Umgangston despotisch. Als eine Verkäuferin bei einem Überfall getötet wurde, kam heraus, dass es in keinem der damals 4 500 Läden ein Telefon gab, mit dem Hilfe herbeigerufen werden konnte. Dabei wurde im Schnitt fast täglich ein Geschäft von Räubern heimgesucht. Daraufhin startete die Gewerkschaft eine Kampagne bei dem schwäbischen Unternehmen. 1995 konnte die Belegschaft mit Renate Mayer erstmals eine Betriebsrätin wählen. „Diese Horrorgeschichten waren wirklich da“, betont sie. Inzwischen ist das Unternehmen stark gewachsen. In 11 000 deutschen Filialen arbeiten 40 000 Beschäftigte. Jedes dritte Geschäft hat einen Betriebsrat. 100 sind es insgesamt, die eine tarifliche Bezahlung, ein Ende der entwürdigenden Kontrollen und Telefonanschlüsse durchgesetzt haben. Eine pikante Note bleibt. Von den Filialen aus kann nur der Notruf getätigt werden.