Von Peter Anderson
Das Lampenfieber ist ausgebrochen im Elbland. Beim Trabi-Team Nossen wird der Chrom-Trabant auf Hochglanz poliert. Die Strehlaer Schalmeienzunft übt die neusten Gassenhauer bis das Mundstück glüht. In Gröditz wachen die Jungs und Mädels vom „Tanzverein Super-Dance-Club“ jeden Morgen mit Muskelkater auf. So heftig wurde am Vorabend trainiert. Der Tag der Sachsen in Sebnitz wirft seine Schatten voraus. Noch 60 Tage sind es bis zum großen sächsischen Vereinstreffen vom 5. bis 7. September in der Sächsischen Schweiz.
Die russen kommen
Der Arbeitsgemeinschaft Militärhistorik Zeithain wird in Sebnitz eine ganz besondere Ehre zuteil. Im Festumzug sollen die Hobby-Historiker den Einmarsch der Roten Armee 1945 nachstellen.
„Wir haben zwei originale Uniformen mit den typischen Stehbündchen und Ponchos. Zwei weitere wurden nachgeschneidert“, sagt Rüdiger Schwark, der Vereinsvorsitzende.
Russischer Jeepkommt auf den Hänger
An fahrbaren Untersätzen wird eine Molotow-Beiwagenmaschine und ein alter russischer Jeep dabei sein. „Für die Fahrt nach Sebnitz verladen wir den Jeep allerdings auf einen Anhänger“, so Schwark. Das historische Stück ist für sein Baujahr 1943 zwar noch gut in Schuss, aber Schwark will nichts riskieren. In Sebnitz selbst soll der Oldtimer dann aus eigener Kraft über das Pflaster tuckern. Ein aufwendiges Unterfangen: der russische Motor schluckt gut 30 Liter Benzin auf 100 Kilometer.
Gassenhauer krachen
Bernd Maly, Vorsitzender der Schalmeienzunft Strehla, will mit der Sprache nicht so richtig heraus. Irgend etwas tut sich hinter verschlossenen Türen auf den Proben seiner Kapelle. „Wir wollen weg vom altbackenen Image der Schalmeienzüge“, sagt Maly.
Die traditionellen Titel sollen um Stimmungslieder und modernere Stücke erweitert werden. Anton aus Tirol statt Kleiner Trompeter. Das entspricht auch der altersmäßigen Spannbreite der Truppe. „Von 11 Jahren bis 53 ist bei uns alles vertreten. Die Alten bringen die Erfahrung mit, die Jungen neuen Schwung“, sagt Maly.
Sebnitz soll die Nagelprobe werden, wie das modernisierte Programm beim Publikum ankommt. Ziel ist es, möglichst alle Altersklassen zu begeistern und zum Mitschunkeln zu bewegen. Bis dahin heißte es allerdings üben, üben nochmals üben. „Wir sind alle Laien. Bei uns ist kein einziger Profi dabei“, so Maly.
Fundgrube für neue Ideen
Eine Fundgrube für Kniffe, Anregungen und neue Ideen ist der Tag der Sachsen jedes Jahr für Hans-Joachim Besser. Der Projektleiter des Kinderferienlager- und Jugendfreizeitvereins Radeburg schätzt an dem Treffen vor allem seine Austauschfunktion. „Vor ein paar Jahren erzählten mir verschiedene Leute, wie schwierig es Schüler haben, Praktikumsplätze in Betrieben zu ergattern“, so Besser. „Das müssen wir ändern“, sagte er sich mit seinen Kollegen. Die Jugendarbeiter beantragten Fördergelder, gingen bei Firmen Klinken putzen und stellten eine Art Praktikumsbörse auf die Beine.
„Will jemand Mechatroniker werden, haben wir mit Infineon einen einwöchigen Schnupperkurs organisiert“, sagt Besser. Traumberuf Kellner? Dann geht es für ein paar Tage zum Teller Balancieren und Sektflaschen Köpfen in ein renommiertes Restaurant.
„Das schöne ist auch, dass die Leute von überall aus Sachsen zusammen kommen“, so Besser. Beim Riesaer Tag der Sachsen waren eben nicht nur Riesaer da. In Zittau schmorten die Oberlausitzer nicht im eigenen Saft. Vogtländer und Erzgebirgler kamen dazu.
Durch diese Mischung komme eine ganz besondere Atmosphäre zustande. Da investiere sein Verein gern die Fahrtkosten. Allein mit dem Zuschuss vom Freistaat könnten die Ausgaben nicht gedeckt werden. „Aber wenigstens an diesem einen Tag geht’s ja mal nicht ums Geldverdienen“, so Besser.
Verachtet den trabi nicht!
„In memoriam“ heißt das Trabi-Team von Sven Henker aus Nossen. Und genau darum geht es den Freunden der „Pappe“ auch. „Wir wollen in Sebnitz zeigen, dass es das Auto noch gibt“, sagt Henker. Ein Stück sächsische Technikgeschichte soll im Bewusstsein der Leute am Leben gehalten werden. Schon vor dem Golf wurden in Sachsen Autos gebaut. Autos die sich nicht verstecken müssten.
„Wir stellen unsere Trabis nicht einfach nur hin. Wir zeigen den Besuchern auch Photos von den großen Trabant-Treffen“, sagt Henker. Schnell komme man so miteinander ins Gespräch. Fast jedem fällt zu dem Ost-Oldtimer die eine oder andere Anekdote ein. Wie schwer es war, Zylinderkopfdichtungen zu bekommen oder mit welchem Geheimmittel der Lack auf Hochglanz gebracht wurde.
Krönender Abschluss eines jeden Tags der Sachsen ist für das Trabi-Team der große Umzug durch die Stadt. Henker hofft, dass er in Sebnitz drei Fahrzeuge unterbringen kann. Die Zahl der Teilnehmer wird durch die Organisatoren begrenzt. „Wir verstehen das im Verein als eine Art Auszeichnung“, sagt Henker. Mitfahren darf, wer sich um das Trabi-Team besonders verdient gemacht hat.
Die Lobby für den wald
Mit einem ganz konkreten Anliegen fährt Johannes Ott aus Moritzburg, der Vorsitzende des Sächsischen Waldbesitzerverbandes nach Sebnitz. „Wir wollen das Modell der Forstgemeinschaft vorstellen und popularisieren“, sagt Ott. Besitzer von kleinen Waldflächen sollten sich zusammenschließen und dadurch Vorteile erzielen.
Allein schaffe es kaum einer über die Flächengrenze für Fördermittel. Eine größere Forstgemeinschaft hingegen habe gute Chancen, vom Unterstützungs-Kuchen eine Scheibe abzubekommen. „Außerdem lassen sich beim Einkauf von Pflanzen und beim Verkauf der Bäume bessere Preise erzielen“, so Ott.
Wem das zu speziell ist, für den halten die Waldbesitzer an ihrem Stand allgemeines Info-Material bereit. Nachhaltiger, sprich naturnaher Waldbau ist ein Thema. „Wir erklären zum Beispiel, worauf man beim Holzkauf im Baumarkt achten sollte“, sagt Ott. Zum Umzug will der Verein mit einem eigenen Wagen für sächsische Weihnachtsbäume werben.
Offene Ohren und herzen
Auf offene Ohr und ein Herz für die Umwelt hoffen die Jungs und Mädels vom Greenteam Meißen in Sebnitz.
„Das Greenteam ist eine freie Kinder- und Jugendgruppe, die eng mit Greenpeace zusammenarbeitet“, sagt Clemens Albrecht. Mit einem Partyzelt und einer Biergarten-Garnitur wollen die Jugendlichen in Sebnitz einen Infostand improvisieren.
Rettet in Sebnitzdie Urwälder
„Rettet die Urwälder!“ Mit diesem Slogan sollen die Besucher über wichtige Regeln beim Möbel- und Papierkauf aufgeklärt werden. „Die Verbraucher können viel dafür tun, dass das Abholzen nicht weiter geht“, sagt Albrecht.
Höhepunkt im Jahr
Übung macht den Meister. Das wissen die Jungs und Mädels vom Tanzverein „Super-Dance-Club“ in Strehla nur zu genau.
Show Tänze, so wie sie in Perfektion vom Fernsehballett vorgetragen werden, sind ihre Leidenschaft. Der Tag der Sachsen liefert ihnen die größte Auftrittsmöglichkeit das Jahr über. „Da wollen alle unsere 40 Kinder dabei sein“, sagt die Vereinsvorsitzende Kerstin Weißert.
Das Training laufe momentan auf Hochtouren. Nach den Sommerferien soll noch einmal einen Gang höher geschaltet werden. „Viel kommt allerdings darauf an, wo unsere Bühne steht“, sagt Kerstin Weißert. Mehr im Sebnitzer Stadtzentrum, ist das Publikum größer. Am Rand fällt der Beifall eher spärlich aus.