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Verkauf der Leipziger Stadtwerke stockt

Die hochverschuldete Stadt will durch eine Teilprivatisierung Kasse machen, aber plötzlich geht gar nichts mehr.

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Von Manfred Schulze, Leipzig

Wer überschuldet ist, muss sich beim Geldausgeben zurückhalten. Und wenn das nicht reicht, vielleicht auch den Mercedes verkaufen. Das ist bei Privatleuten nicht anders als in der Wirtschaft – oder in einem kommunalen Haushalt.

In Leipzig zum Beispiel, das ein Schuldenberg von über 900 Millionen Euro, Kredite der Stadtholding LVV von rund 350 Millionen und diverse Bürgschaften wie für die Wohnungsgesellschaft LWB von 500 Millionen Euro drücken. Seit Jahren droht das Damoklesschwert der Zwangsverwaltung, doch ein fürstliches Angebot für Verkauf der knappen Hälfte der Stadtwerke (SWL) könnte spürbare Entlastung bringen.

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), eigentlich kein inniger Freund von Privatisierungen öffentlicher Unternehmen, jubelte angesichts des 520-Millionen-Angebots von Gaz de France: Mit dem Geld würde man nicht nur 360 Millionen Euro Schulden los, sondern könnte gleich noch ein gigantisches Sanierungsprogramm für Schulen und Kitas auf den Weg bringen. Da Leipzig mit eigenem Geld zusätzliche Fördermittel abrufen könnte, wäre das, so Jung, zugleich ein gewaltiges Konjunkturprogramm. Und letztlich sei Gaz de France auch strategisch der richtige Partner, um die Stadtwerke fit zu machen für den erwarteten rauen Wind liberalisierter Energiemärkte, hoffte Jung.

Alexander Achminow, Fraktionschef der CDU im Leipziger Rathaus, feilt derweil an seinem Image als konsequenter Privatisierer der städtischen Gesellschaften – und will dennoch mit seinen Getreuen den Anteilsverkauf im Parlament zu Fall bringen. „Wir haben in drei Punkten Bedenken“, sagt er und führt an, die Franzosen passten nicht optimal zu den Stadtwerken.

Bisher 42000 Unterschriften

Es bestünde die Gefahr, Konkurrenz zum ebenfalls in Leipzig angesiedelten Konzern der Verbundnetz Gas AG zu schaffen, vermutet ausgerechnet Kleinunternehmer Achminow. Außerdem sei das Entschuldungsprogramm der SPD nur halbherzig. „Man kann über all das reden, aber Punkt drei ist nicht verhandelbar und steht auch so im Stadtratsbeschluss. Wir verlangen, dass Jung auch weitere Privatisierungsschritte geht.“

Teil der Vereinbarung zwischen SPD und CDU war in der Tat, dass auch die Stadtholding LVV, zu der die Stadt- und Wasserwerke, aber auch die Verkehrsbetriebe gehören, in einem zweiten Schritt anteilig privatisiert werden muss. Jung lehnt das seit Kurzem kategorisch ab und verweist auf ein Gutachten, das rechtliche Probleme des Vorhabens festgestellt hat. „Dann müsse eben nach privaten Partnern für die Verkehrsbetriebe oder die Wasserwerke gesucht werden“, fordert Achminow, der in der Öffentlichkeit nicht müde wird zu beteuern, dass der Stadtwerke-Deal erst der Anfang und nicht das Ende der Fahnenstange sei.

Das gießt allerdings Öl in das Feuer, das seit Wochen von einer Bürgerinitiative mit dem programmatischen Namen „Gegen den Ausverkauf unserer Stadt“ geschürt wird. Deren Sprecher Mike Nagler hat es immerhin geschafft, eine breite Koalition aus Linker, Grünen und diversen Verbänden bis hin zum Mieterverein zu versammeln und Unterschriften für ein förmliches Bürgerbegehren zu sammeln. 42000 Unterschriften liegen jetzt im Rathaus, im Januar wird es daher mit großer Sicherheit zur Abstimmung kommen.

Ob es dann für die erforderlichen gut 100000 Stimmen reicht, halten sowohl Jung als auch Achminow allerdings für unwahrscheinlich – ein eher kleiner gemeinsamer Nenner der beiden Kontrahenten.