Von Sven Görner
Das Zille-Städtchen hat viele schöne Ecken. Nicht zuletzt auch dank der Fördergelder, die in das seit 1997 bestehende Sanierungsgebiet geflossen sind. Doch ein Schandfleck konnte bisher noch nicht beseitigt werden. Und das, obwohl das Grundstück der Stadt gehört und extra nachträglich ins Sanierungsgebiet aufgenommen worden war. Doch jetzt tut sich etwas. Der Technische Ausschuss hat in seiner jüngsten Beratung den Beschluss gefasst, das Areal so zum Kauf auszuschreiben, wie es ist. Bisher war der Plan gewesen, zunächst die vorhandenen Gebäude abzureißen. Entscheidend für die Vergabe soll zudem nicht die Höhe des Angebots, sondern das Nutzungskonzept des potenziellen Käufers sein. Schließlich, so die übereinstimmende Meinung mehrerer Stadträte, befinde sich das Grundstück in einer exponierten Lage.
Dass die beiden Häuser auf dem Grundstück Radeberger Straße 4 ihre besten Jahre schon lange hinter sich haben, ist unübersehbar. Daran ändern auch die bunten Bildchen nichts, die im Erdgeschoss die Fensteröffnungen des einstigen Wohnhauses verschließen. Bei den Fernsehübertragungen von den Karnevalsumzügen kaschierten sie aber wenigsten ein bisschen den tristen Eindruck.
Die Wohnungen wurden schon vor Jahren freigelenkt. Denn als 2006 der Ergänzungsbau der Heinrich-Zille-Schule gebaut wurde, hofften die Verantwortlichen in der Stadt, dass damit auch die Tage des früheren polytechnischen Zentrums gezählt sind. Das steht auf dem gleichen Grundstück wie das Wohnhaus und wurde seinerzeit von der Schule noch für den Profilunterricht Wirtschaft, Technik, Hauswirtschaft und Soziales genutzt. Allerdings immer unter den wachsamen Augen des Tüv, der den weiteren Betrieb nur deshalb erlaubte, weil der Neubau seit Oktober 2004 beschlossene Sache war.
Mit der Einweihung des Neubaus und seiner modernen Kabinette Anfang 2007 hatte das marode Gebäude endgültig ausgedient. Allerdings fasste der Stadtrat erst im Dezember 2012 einen grundsätzlichen Verkaufsbeschluss. Im April 2013 folgte ein weiterer. Mit diesem gaben die Stadträte grünes Licht für den Abriss der beiden Häuser. Die Zustimmung erfolgte in der Annahme, dass die Stadt dafür Fördergelder aus dem Brachflächenprogramm bekommt. Bei einer Wiederbebauung hätte es 75 Prozent, bei Nichtbebauung sogar 90 Prozent Zuschuss gegeben. Fast zeitgleich änderten sich allerdings die Förderbedingungen. Für den Abriss des polytechnischen Zentrums bekäme die Stadt demnach aus dem Brachflächenprogramm noch 75 Prozent, für das Wohnhaus dagegen aus Geldern für die Stadtsanierung nur 70 Euro je Quadratmeter. Und das auch nur, wenn das Grundstück mindestens zehn Jahre lang frei von Mietwohnungen bleibt. Auch das bisher von der Stadt an diesem Standort favorisierte betreute Wohnen wäre dann nicht möglich. Bürgermeisterin Michaela Ritter (parteilos) hat daher einmal durchrechnen lassen, welche Kosten für den Abriss bei Nutzung der Fördermöglichkeiten auf die Stadt zukommen würden. Egal, ob die Stadt beide oder nur die Brachflächenförderung nutzt – draufzahlen müsste sie in jedem Fall. Den Schätzungen zufolge im ersten Fall um die 14 000 Euro, im zweiten Fall sogar 32 000 Euro. Daher ist es verständlich, dass der Technische Ausschuss nun zu dem Schluss kam, kein Geld für die Aufwertung des Grundstücks in die Hand zu nehmen. Interessenten habe es für das Areal gegeben, so die Bürgermeisterin. Bleibt abzuwarten, ob diese auch unter den neuen Bedingungen interessiert sind. Und vor allem, ob ihre Konzepte die Stadträte überzeugen.