Von Jürgen Müller
Wegen Betrugs mussten sich Grazyna W. und Volker H. vor dem Amtsgericht Meißen verantworten. Den beiden wird vorgeworfen, Wohnungen für Bauarbeiter in Moritzburg gemietet, diese aber nicht bezahlt zu haben. Es geht um eine Summe von 5 400 Euro.
Die Sache ist für einen Außenstehenden verworren. H. arbeitete für eine Coswiger Firma, die Baumaterial herstellt, es aber nicht selbst verbaut. Er zieht einen großen Auftrag für einen Hotelbau in Dresden an Land und sucht nun eine Baufirma. Dazu bedient er sich die Bamberger Vermittlerfirma von Frau W. Die Polin vermittelt eine polnische Baufirma und setzt Herrn H. als Geschäftsführer ihrer Firma in Coswig ein.
Polnische Firma zahlt nicht
Weil die polnische Firma nicht in der Lage ist, in Deutschland Quartiere für ihre Bauarbeiter zu organisieren, übernimmt das Herr H. für sie. Die Miete soll von der polnischen Firma nach Bamberg und von dort nach Moritzburg überwiesen werden. Doch das klappt nicht. Die polnische Firma zahlt nicht und bricht die Arbeiten an dem Hotel in Dresden ab. Trotzdem überweist Frau W. 3 200 Euro an die Moritzburger Vermieter. Das ist die Miete für die Monate Mai und Juni. Für Juli, August und September stehen noch 5 400 Euro aus. Frau W. kann sie nicht zahlen, weil die polnische Firma nicht zahlt. „Ich hatte nie die Absicht zu betrügen“, sagt sie. Dass ihr Coswiger Geschäftsführer einen solchen Vertrag im Namen ihrer Firma abgeschlossen hatte, will sie nicht gewusst haben. Das sei auch unüblich. „Jede polnische Firma, die auf dem deutschen Markt tätig ist, kümmert sich selbst um ihre Unterkünfte“, sagt sie.
Das Gericht sieht keinen Betrug. H. sei davon ausgegangen, dass die polnische Firma zahlungsfähig und zahlungswillig ist, sagt der Richter. Frau W. als faktische Geschäftsführerin habe den Vertrag nicht geschlossen und dennoch so lange die Miete gezahlt, wie Geld von der polnischen Firma kam. „Das spätere Nichtzahlen allein ist noch kein Betrug. Nur ein mögliches Verschweigen der Zahlungsunfähigkeit bei Vertragsabschluss wäre Betrug. Das war hier aber nicht der Fall“, so der Staatsanwalt. Die beiden Angeklagten werden freigesprochen.
Hätte er mal vollstreckt
Ins Rollen gebracht hatte das Verfahren der Anwalt der Moritzburger Vermieterfirma. Der hat zwar einen Vollstreckungsbescheid erwirkt, bis heute aber aus unerfindlichen Gründen nicht vollstreckt. Offenbar wollte er den Ausgang des Strafverfahrens abwarten, das Gericht quasi als Inkassobüro missbrauchen, wie der Staatsanwalt feststellt. Hätte er mal lieber vollstreckt. Jetzt bleibt seine Mandantin wohl auf den Kosten sitzen. Denn die Firma von Frau W. hat inzwischen Insolvenz beantragen müssen. Da ist wohl auch im Zivilverfahren nichts mehr zu holen.