Von Gabriele Schrul
Wir können nicht mehr mit Jochen Flaske zusammenarbeiten. Er fühlt sich als ungekrönter König der Bürgerinitiative“, sagt Olaf Leonhardt, einer der Unterzeichner einer Erklärung zum Austritt aus der Bürgerinitiative (BI). „Unüberbrückbare Gegensätze und innere Spannungen“ führten zu dem Entschluss. Vier weitere Mitglieder – Peter Binnewerg, Horst Gnoss, Klaus-Jürgen Matthews und Hartwig Marko – kündigten ebenfalls ihre Mitarbeit in der BI auf.
Austritt ist Spitze vom Eisberg
Hart sind die Vorwürfe: Flaske sei ein Selbstdarsteller, der mit süffisanten Äußerungen die Entwicklung in der Region keinen Schritt voranbringe und viele Leute vor den Kopf stoße.
Dabei ist es höchste Zeit für ein Zusammengehen, denn Probleme gibt es an allen Ecken und Enden in der Stadt. Die Beibehaltung des Kurortstatus ist da nur ein Beispiel von vielen. Genau deshalb hat sich die BI vor Jahren gegründet. Doch einen Vorstand und damit einen, der tatsächlich den Hut für die Initiative auf hat, gab es nicht. Erst im März 2005 wurde hauptsächlich auf Drängen von Leonhardt ein Memorandum zu Papier gebracht. Das sollte von da an als Arbeitspapier der BI dienen. Jochen Flaske wird darin als Vorsitzender beziehungsweise Sprecher der Bürgerinitiative ausgewiesen.
Genau deshalb kann Flaske auch die ganze Aufregung nicht verstehen. Gegenüber Bürgermeister Thomas Mutze (Freie Wähler) versichert er: „Wir machen weiter, demokratisch und im Interesse der Bürger.“ Doch offensichtlich haben beide Seiten ganz unterschiedliche Auffassungen von Demokratie. Der Austritt einiger Mitglieder ist jetzt nur die Spitze vom Eisberg. Unregelmäßige Zusammenkünfte der Bürgerinitiative, fehlende Absprachen und immer wieder Zwist stellten mehr und mehr die Glaubwürdigkeit der hehren Ziele der Initiative in Frage. Das Fass zum Überlaufen brachte letztlich ein geplatzter Gesprächstermin zwischen den verstrittenen Partnern. „Wir wollten mit Herrn Flaske ein ernsthaftes Wort sprechen, doch er hat sich gedrückt“, sagt Leonhardt. Damit war das Maß voll. „Wir mussten uns distanzieren und sind deshalb ausgetreten“, so Leonhardt.
Dabei soll mit der Arbeit, trotz der Trennung, längst nicht Schluss sein. „Wir wollen eine andere Politik machen und nicht nur dienern“, sagt Leonhardt zuversichtlich. Andererseits scheint bei einigen Austrittlern auch ein Punkt erreicht, wo sie sich fragen: Lohnt sich das Engagement überhaupt noch? So zieht beispielsweise Horst Gnoss für sich das niederschmetternde Resümee: „Es gibt doch in der Stadt überhaupt kein Interesse, dass jemand etwas macht. Die Leute wollen sich nicht helfen lassen.“
Die Querelen innerhalb der Bürgerinitiative sind nicht neu. Auch schon im Herbst 2002 sorgten Flaskes offensichtliche Alleingänge für Zoff in Berggießhübel und führten zur Aufkündigung der Mitarbeit einiger Mitglieder. Als besonders eklatanten Vertrauensbruch wurde damals ein Auftritt von Flaske vor dem Stadtrat bezeichnet. Dort forderte er im Namen der Initiative die damaligen Abgeordneten Andreas Gollmann, Thomas Meyer (beide CDU) und Thomas Mutze (damals SPD) ultimativ zum Rücktritt auf. Denn sie seien die „eifrigsten Unterstützer“ des Ex-Bürgermeisters Volker Dittrich gewesen, der die Misere des Kurortes zu verantworten habe. Doch diese Wortmeldung von Flaske war ein Alleingang und wurde zuvor mit den Mitgliedern der Bürgerinitiative nicht abgestimmt. Genau diese Arbeitsweise führt heute erneut mit zum Eklat.
Problem mit BI-Status
Zu den aktuellen Spannungen innerhalb der BI will der Bürgermeister nichts sagen. Kontakte gibt es. „Ich nehme, wenn es gewünscht wird, auch an Treffen der Bürgerinitiative teil, um Fragen zu beantworten“, sagt das Stadtoberhaupt. Er schätze das Drängen der BI und ihr Auftreten in den Bürgerfragestunden der Stadtratssitzungen. Doch er hat generell ein Problem mit dem Status der BI. Denn die gewählten Volksvertreter sitzen im Stadtrat. Dem losen Zusammenschluss, der jetzt auch noch verstritten ist, mangele es am demokratischen Grundverständnis – trotz aller guten Absichten.