Staatsanwalt fordert die Höchststrafe

Dresden. Der Prozess gegen den mutmaßlichen Doppelmörder Laurent F. wurde am Dienstag mit einigen Stunden Verspätung mit den Plädoyers begonnen. Ehe das Gericht die Beweisaufnahme schloss, beantragte Verteidiger Andreas Boine eine zweite forensisch-psychiatrische Begutachtung seines Mandanten. Das Gericht hat im Anschluss mehrere Stunden über diesen Antrag beraten.
Erst gegen 17.30 Uhr wies das Gericht den Antrag zurück - schloss die Beweisaufnahme und ging sofort zu den Plädoyers über. Kurz von 18 Uhr begann Staatsanwalt Till von Borries. Er forderte die Höchstrafe für den Angeklagten, eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen zweifachen Mordes und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, was eine vorzeitige Entlassung nicht möglich macht.
Der 56-jährige Franzose hat nach Überzeugung des Staatsanwalts im Mai 2019 seine beiden zwei und fünf Jahre alten Kinder in seiner Dresdner Wohnung erwürgt. Er habe die Tat bewusst geplant und gut vorbereitet. Hintergrund ist ein Trennungsstreit mit seiner Ehefrau, einer 27-jährigen Senegalesin, der Streit um das Umgangsrecht mit den Kindern. Laurent F. habe es nicht ertragen können, dass er von seiner Frau verlassen wurde.
Dem Angeklagten wird auch vorgeworfen, an jenem Tag versucht zu haben, seine Ehefrau zu ermorden. Er habe sie in die Wohnung zu ihren Kindern gelockt, ihr eine Falle gestellt.
Der Prozess hat Anfang Februar vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Dresden begonnen. Zunächst war F. auch vorgeworfen worden, Drogen, insgesamt knapp zwei Kilogramm Crystal, aus Polen nach Deutschland eingeführt zu haben. Diese drei Kurierfahrten hat das Gericht am Dienstag jedoch im Hinblick auf das zu erwartende Urteil eingestellt - und sich eine noch umfangreichere Beweisaufnahme erspart.
F. hat in einer mehrtägigen Einlassung am Ende des Prozesses eingeräumt, seine Kinder getötet zu haben, er könne sich jedoch nicht erinnern. Staatsanwalt von Borriers nannte die Erzählungen des 56-Jährigen "Schall und Rauch", sie seien für die Zuhörer, die alle das Ende der Geschichte kennen, den qualvollen Tod der beiden Kinder, eine "Qual" gewesen.
Verteidiger Boine wird sein Plädoyer nun am Freitag halten. Er argumentiert, sein Mandant habe in einem psychischen Ausnahmezustand, im Affekt gehandelt. Das hatte der vom Gericht beauftragte psychiatrische Sachverständige in seinem Gutachten so nicht geteilt. Bei F. sei keine schwerwiegenden psychiatrische Störung diagnostiziert worden, die zu einer Schuldunfähigkeit oder zu einer Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit führen könnte. Boine forderte daher eine Begutachtung durch einen weiteren Sachverständigen. Das Gericht sah keinen Anlass, einen weiteren Psychiater einzuschalten und begründete das mit dem Verhalten des Angeklagten vor und nach der Tat. Es sei ausreichend bekannt.
Das Plädoyer des Staatsanwaltes untermauerte diese Feststellung. Von Borries sagte, F. habe seine Familie auslöschen wollen. Er habe es nicht ertragen, dass sich seine Frau von ihm getrennt habe. Das sei schon in einem früheren Fall so gewesen, als F. Ende der 90er-Jahre unter anderem wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Körperverletzung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden war. Von Borries sprach bei jener Tat, die schon mehr als 20 Jahre zurückliegt von einer Blaupause für das aktuelle Handeln des Angeklagten.
Die Nebenklagevertreterin, sie vertritt die Ehefrau des Angeklagten als Geschädigte in dem Verfahren, schloss sich dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft an. Sie sagte, F. habe ihre Mandantin bei jeder Gelegenheit stets schlecht gemacht, er habe ihr unterstellt fremdzugehen, aber seinen eigenen Ehebruch, der in dem Prozess zur Sprache kam, heruntergespielt. Die Anwältin kritisierte, dass solche Delikte wie der Morde der Kinder in Medien und Öffentlichkeit vorschnell als Beziehungstaten abgetan würden.
Am Freitag wird der Prozess mit dem Plädoyer der Verteidigung un d den letzten Wort des Angeklagten fortgesetzt. Beobachter rechnen aber nicht auch noch mit der Urteilsverkündung an dem Tag. Das Gericht wird dafür einen neuen Termin bekanntgeben müssen.