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Ämterärger um Bäume an der Erlwein-Villa

Im Park des Strehlener Denkmals wurden Bäume abgeholzt. Illegal, sagt die Stadt – der Eigentümer sieht das anders.

Von Nora Domschke
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Die imposante Erlwein-Villa wird derzeit saniert. Im dazugehörigen Park prallen in Bezug auf die Baumfällungen Natur- und Denkmalschutz aufeinander.
Die imposante Erlwein-Villa wird derzeit saniert. Im dazugehörigen Park prallen in Bezug auf die Baumfällungen Natur- und Denkmalschutz aufeinander. © Christian Juppe

Das Ämter-Wirrwarr um die Erlwein-Villa in Strehlen geht in die nächste Runde. Dieses Mal hat es allerdings drastische Auswirkungen, denn der Eigentümer ließ im zur Villa gehörigen Park an der Reicker Straße im Februar dieses Jahres mehrere Bäume fällen. Darunter sind auch vier höhlenreiche Exemplare, die seltenen Tieren wie dem Juchtenkäfer einen Lebensraum bieten. Das Umweltamt sagt, dass einige der Fällungen illegal waren, weil sie nicht genehmigt wurden und ohnehin in einem Biotop stattgefunden haben, in dem die Bäume streng geschützt sind.

Der Eigentümer, die Franz Holzapfel Unternehmensgruppe aus Straubing, sieht sich indes nicht in der Schuld, denn die Anträge für Baumfällungen seien im Oktober 2018 und Januar 2019 gestellt, aber vom Umweltamt nicht rechtzeitig, also innerhalb von drei Wochen, bearbeitet worden. Gefällt werden darf nur bis Ende Februar, danach ist das verboten. An dieser Stelle wird es kompliziert, denn für das Areal unterhalb der Villa, dort, wo die Bäume gefällt wurden, sind noch weitere Ämter zuständig. So betrachtet das Denkmalschutzamt den Bereich als Parkanlage, die Teil des gesamten denkmalgeschützten Ensembles ist. Um den originalen Zustand wieder herzustellen, seien von dieser Behörde in einem Vororttermin Baumfällungen genehmigt worden.

Doch damit nicht genug: Eine dritte Behörde erhebt Anspruch auf das Areal – die untere Forstbehörde, die einen Bereich des Villenparks zum Wald deklariert hat und dort auf die Umsetzung des Sächsischen Waldgesetzes pocht. Das verlangt, dass der Wald so gepflegt wird, dass von den Bäumen keine Gefahr ausgeht, etwa durch Umstürzen oder Abbrechen von Ästen. Eine weitere Rolle spielt das Bauaufsichtsamt, das sich mit der Sanierung der Erlwein-Villa, die im vergangenen Jahr begonnen hat, befasst.

Um auf Nummer sicher zu gehen, habe Projektleiter Harro Tippmann die Anträge für die Baumfällungen an alle involvierten Behörden geschickt. Dass das Waldstück an der Rayskistraße nicht ungefährlich ist, zeigen Aufnahmen des Parks im Oktober 2017 und Januar 2018, als zwei heftige Stürme durch Dresden tobten. Eine mächtige Rotbuche liegt am Boden, auf einen Müllplatz direkt an der Reicker Straße waren mehrere Bäume gestürzt, die den Metallzaun zusammengedrückt haben. Dass das auch für einen Menschen hätte schlimm ausgehen können, ist auf diesen Fotos deutlich zu erkennen. Solche Bilder zu verhindern, liegt in der Verantwortung des Grundstückseigentümers. Und genau das scheint an der Erlwein-Villa kompliziert zu sein.

Die Geschichte um das etwas versteckt liegende Ensemble in der Nähe der Christuskirche ist langwierig und kompliziert. Und findet nun – nach 20 Jahren Planungen – im Streit um die Baumfällungen einen neuen Höhepunkt. Tippmann sitzt in seinem Büro, auf dem Tisch stapeln sich Kopien von Unterlagen aus dem Umwelt-, Denkmalschutz- und Bauaufsichtsamt, aber auch Gutachten und Schreiben eines Landschaftsarchitekten und einer Baumpflegefirma. Mit diesen Dokumenten will Tippmann belegen, wie vertrackt die Situation auf dem Grundstück ist. Er zeigt Lagepläne, die ganz genau angeben, wo welcher Baum steht, wo die Grenzen von Wald und Biotop verlaufen, wie hoch und breit jeder einzelne Baum ist und welche Nummer er trägt. Es ist eine Anordnung der Stadt, dass Tippmann den Lageplan regelmäßig aktualisiert und dort vermerkt, ob – falls nötig – eine Fällung beantragt, abgelehnt oder genehmigt ist. Rund 180 Bäume plus Wildwuchs hat eine Baumpflegefirma 2014 in einer Begehung ermittelt. Das Gutachten zeigt außerdem, dass das Verschneiden der Bäume sowie nötige Fällungen insgesamt 90 000 Euro kosten würden. Tippmann erklärt, dass der Investor gern auf die mehrere Tausend Euro teuren Fällungen verzichtet hätte, wenn sie aus Sicherungsgründen nicht nötig gewesen wären. Denn Kapital kann er aus dem gewonnen Platz ohnehin nicht schlagen: Der Eigentümer darf in diesem Bereich keine Neubauten errichten, weil 2015 der damalige Bebauungsplan aufgehoben wurde. „Das hat sich für alle Zeit erledigt, dort darf nie wieder gebaut werden“, erklärt Tippmann. Deshalb ärgere er sich über den Vorwurf der Renditeorientierung in Bezug auf die Baumfällungen, wie ihn die Prohliser SPD kürzlich in einer Pressemitteilung erhob.

Das Gutachten von 2014 zeigt übrigens auch, dass die – später umgestürzte Rotbuche – vom Brandkrustenpilz befallen war. Gut drei Jahre später hat sich beim Sturm gezeigt, wie gefährlich so ein krankes Gehölz letztlich werden kann. Mit dem Umweltamt, das die Fällungen per Anordnung Ende Februar gestoppt hatte, ist nun vereinbart, dass die höhlenreichen Bäume auf dem Grundstück liegen bleiben und neue Bäume als Ersatz gepflanzt werden sollen.