Schneller Radweg in den Dresdner Norden

Über 30.000 Menschen wohnen im Dresdner Norden inklusive den dortigen Ortschaften. Dazu kommen Tausende, die in den großen Firmen wie Infineon, Globalfoundries oder den Elbe Flugzeugwerken arbeiten. Viele davon würden gern mit dem Rad zur Arbeit fahren, schrecken momentan aber davor zurück.
Wie ist die Radwege-Situation im Dresdner Norden?
Die ist auf einer der zwei großen Hauptrouten, der Königsbrücker Straße, weder sicher noch komfortabel. Während es auf der Hansa-/Radeburger Straße weitgehend Radwege zumeist als kombinierte Fuß- und Radwege gibt, sind die auf der Königsbrücker nur im Abschnitt zwischen Karl-Marx- und der Hermann-Mende-Straße vorhanden. Vom Albertplatz bis zum Industriegelände fehlen Teilstücke, oft ist gar kein Weg vorhanden. Häufig ergeben sich schwierige Situationen, weil Radfahrer plötzlich vom Radweg auf die Straße geführt werden, außerdem überfahren Autofahrer gern den farblich markierten Radweg, um Linksabbiegern auszuweichen.
Was hat die Stadt unternommen, um die Gefahr zu entschärfen?
Noch nichts. Das ist ehrlicherweise aufgrund des zu schmalen Straßenquerschnittes auch an vielen Stellen schwer möglich. Im Radwegekonzept ist die Verbindung in den Norden jedoch mit höchster Priorität enthalten. Auch in den Planungen zum Ausbau der Königsbrücker Straße sind Radwege integriert. Schnelle Abhilfe ist aber nicht zu erwarten, wenn man die Bauzeit ab frühestens 2021 im ersten Abschnitt ab Albertplatz anschaut. Derzeit weichen Radfahrer deshalb vor allem auf die Fußwege oder Nebenstraßen im Hechtviertel und der Neustadt aus, um nicht über das Kopfsteinpflaster zwischen Albertplatz und Stauffenbergallee rollen zu müssen.

Unterstützen die großen Arbeitgeber ihre Radfahrer?
Infineon und Globalfoundries fördern das Engagement ihrer Mitarbeiter für Gesundheit und Umweltschutz. Bei Globalfoundries beispielsweise läuft von April bis Oktober die Aktion „Mit dem Fahrrad zur Arbeit“, an der sich 2018 mehr als 500 der rund 3.200 Mitarbeiter beteiligt haben. Die Firma hat mehrere überdachte Fahrradstellplätze und Duschmöglichkeiten eingerichtet. Gleiche Angebote macht auch Infineon seinen Mitarbeitern, zusätzlich gibt es dort Ladestationen für E-Bikes, Trockenschränke für nasse Kleidung sowie gerade neu eine Servicestation mit Werkzeug und Luftpumpe. Von den rund 2.500 Arbeitnehmern kommen dort regelmäßig 500 mit dem Rad zur Arbeit, Tendenz steigend, sagt Infineon-Sprecher Christoph Schumacher. Ein eigenes Mobilitätsteam hat herausgefunden, dass weitere zehn Prozent der Mitarbeiter mit dem Rad kommen würden, wenn die Infrastrukur besser wird.
Welche Vorschläge haben der ADFC und die Grünen?
Seit Langem fordert der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) einen Radschnellweg möglichst kreuzungsfrei und mit Vorrangampelschaltungen vom Albertplatz in den Dresdner Norden. „Die meisten Pendler haben einen fünf bis zehn Kilometer langen Arbeitsweg, den sie zügig zurücklegen wollen“, sagt Vorstandsmitglied Nils Larsen. Besonders geeignet wäre eine vier Meter breite Trasse parallel zu den Gleisen der S-Bahn. Dort könnten ganze Pulks nebeneinander fahren, was im Berufsverkehr auch erforderlich sei. Zusätzlich sollten auch an der Königsbrücker Straße Radwege entstehen. Kritisch sieht Larsen, dass die Stadt bei laufenden Bauplanungen nicht darauf achtet, ob mögliche Radwegetrassen davon beeinträchtigt wären. Dies gehe aus mehreren Antworten auf Anfragen von Stadträten hervor. Ein Beispiel ist eine Oberschule, die an der Kreuzung Stauffenbergallee/Königsbrücker Straße vorgesehen ist. Dieses Beispiel führt auch Grünen-Stadträtin Ulrike Caspary an. Es könne ja sein, dass die am besten geeignetste Strecke für den Radweg genau dort langführen würden. Deshalb muss die Stadt diese Belange auch im Auge behalten“, sagt Caspary. Ihre Fraktion reicht jetzt einen Antrag ein, dass der Oberbürgermeister eine Machbarkeitsstudie für einen Radschnellweg zwischen Klotzsche und Albertplatz beauftragen soll. Die Ergebnisse sollen im März 2020 den Bürgern vorgestellt und im Bauausschuss Vorschläge zur Finanzierung und zu den Bauterminen festgelegt werden. Auch ihre Vorzugsvariante führt neben den Schienen entlang.
Welche weiteren Pläne für Radschnellwege in Dresden gibt es?
Das Land Sachsen hat gerade eine Analyse möglicher Routen veröffentlicht. Von den elf Möglichen kreuzen vier Dresden. Konkret sind es Pirna-Heidenau-Dresden, Radeberg-Dresden, Coswig-Radebeul-Dresden und Freital-Dresden. Pro Kilometer rechnet das Land mit zwei Millionen Euro Investitionskosten. Wo genau die Wege verlaufen, muss jetzt erst geplant werden. Auch zu Terminen gab es noch keine Auskunft.
Wie kommen die Überlegungen bei den Radfahrern an?
Konrad Krause ist Landesgeschäftsführer beim ADFC. Er bemerkt ein zunehmendes Interesse am Thema. „Die Leute finden, dass genug geredet worden ist, jetzt muss endlich etwas passieren“, sagt er. Diesen Eindruck belegt nach seiner Ansicht das Interesse an Fahrradfahrerdemos. Am Sonntag radelten rund 1300 durch die Stadt und forderten „Mehr Platz fürs Rad“. Am Montagnachmittag trafen sich rund 100 vor der Messe, um beim nationalen Radfahrerkongress mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen.

Und das nächste Treffen ist auch schon organisiert. Am Mittwoch ab 18.15 Uhr findet eine 23 Kilometer lange Gedenkfahrt statt. Dabei wird an Radfahrer erinnert, die bei Unfällen ums Leben gekommen sind. Die Tour beginnt am Hauptbahnhof. Der sogenannte „Ride of Silence“ (Fahrt der Stille) führt zu den weißen Fahrrädern, die unter anderem auf der St. Petersburger und der Bautzner Straße an die Verunglückten erinnern.