Schließen Vietnamesen die Pflege-Lücke?

Bei der Frage, wann es denn bei der Caritas in Ostritz beim Personalbedarf so haarig werde, muss Hubertus Ebermann nicht lange nachdenken: "Es ist schon haarig", sagt der Leiter des Altenpflegeheimes St. Antoni-Stift.
Deshalb hat sich die Caritas - so wie der ASB in Löbau und der ASB in Görlitz - für ein neues Projekt entschieden, dass potenzielle Arbeitskräfte aus Vietnam in die Oberlausitz bringt. Potenziell deshalb, weil die sieben Frauen, die in den kommenden Wochen anreisen könnten, noch keine Ausbildung, aber schon erste Sprachkenntnisse haben. Eine Ausbildung sollen sie erst hier absolvieren.
In die Wege geleitet haben dieses Projekt zwei Bildungsträger: das IBZ in St. Marienthal und die DPFA Akademiegruppe. Die Idee ist einfach, erklärt Matthias Piwko, zuständiger Projektmitarbeiter beim IBZ. Die sieben Damen absolvieren in den Pflegeheimen der Träger einen klassischen einjährigen Bundesfreiwilligendienst - kurz Bufdie genannt. In der Zeit lernen sie besser Deutsch und auch die Kultur kennen. "Eigentlich war vorgesehen, dass sie gleich mit einer Pflegeausbildung beginnen, aber das ist nicht realistisch", erklärt Piwko.
Erinnerungen an Gastarbeiter
Was so einfach klingt, hat eine lange Vorbereitungszeit. Zwei Jahre ist alles vorbereitet worden, Verträge gemacht, Personal bei ASB und Caritas zur Begleitung der Asiatinnen geschult worden. "Es muss ja auch im Alltag alles geklärt werden - Zimmer mieten, Konto einrichten, Hausarzt suchen", zählt Hubertus Ebermann auf. Der Ostritzer Heimleiter ist schon gespannt, wie das mit den beiden Vietnamesinnen, die zu ihm kommen werden, laufen wird.
"Klar sind die Erwartungen groß, aber die Welt wird dieses Projekt sicherlich nicht gleich verändern", schätzt er ein. Zumal nach dem ersten Jahr erst die entscheidende Frage steht, ob die jungen Frauen hier tatsächlich eine Ausbildung machen und arbeiten werden.
Darauf hofft Kerstin Böthig vom ASB in Löbau. Drei Vietnamesinnen werden hier mitarbeiten - je eine in den Löbauer Heimen "Bergblick" und "Rosengarten" sowie in Ebersdorf. Dass Vietnamesinnen kommen werden, darüber hat sich die Projektmanagerin durchaus Gedanken gemacht - und einige Vorteile gefunden: "Ich glaube, dass sich unsere Bewohner damit gut klar kommen werden, denn Vietnamesen waren ja schon zu DDR-Zeiten als Gastarbeiter auch hier in der Region und leben noch immer hier", sagt sie.
Gute Erfahrungen mit Vietnamesen in Dresden
Wichtig sei auch, dass man mit dem Abwerben der Arbeitskräfte nicht im Herkunftsland eine Lücke reiße - so wie das bei der Abwanderung von Osteuropäern aus medizinischen Berufen nach Westeuropa oft der Fall sei. "Und in Löbau gibt es durchaus auch Anknüpfungspunkte, wir haben hier einen vietnamesischen Verein", sagt Frau Böthig.
Erfahrungen mit Mitarbeitern, die aus anderen Kulturkreisen stammen, hat der ASB Löbau schon gemacht: "Wir haben Russlanddeutsche unter den Mitarbeitern gehabt, auch Kollegen aus Osteuropa", zählt sie auf. Wichtig seien die Sprach- und Fachkenntnisse. Ihre Görlitzer Kollegin Aurelia Michel betont in diesem Zusammenhang zudem: "Die Teilnehmerinnen am Bundesfreiwilligendienst ersetzen keine Pflegekraft, sondern werden zusätzlich eingesetzt."
Wie hoch die Chancen sind, dass die sieben Asiatinnen hier bleiben, kann Tinko Fritsche-Treffkorn nicht sagen. Aber der Koordinator bei der DPFA hat bereits positive Erfahrungen in einem ähnlichen Projekt gemacht: Vor zwei Jahren waren 15 Vietnamesen nach Dresden gekommen, die hier ihre Pflegeausbildung auf deutsches Niveau erweitert haben.
"In Vietnam wird zum Beispiel die Körperpflege von den Angehörigen übernommen", sagt Fritsche-Treffkorn. Von den 15 Asiaten seien seines Wissens noch alle da und arbeiteten in Dresden. Wenn das in der Oberlausitz auch gelingen würde, wäre das ein Erfolg.
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