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Virus schenkt Roßweiner Planern Zeit für Projektarbeit

Statt auf Baustellen zu fahren, sitzen die Mitarbeiter von Kerstin und Jochen Bauer zuhause am Schreibtisch. Das ist aber nicht alles, was anders läuft.

Von Heike Heisig
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Als Planer hinterlassen Jochen und Kerstin Bauer (von links, hier mit Mitarbeiterin Peggy Büttner) seit 30 Jahre ihre „Handschrift“ im Stadtbild von Roßwein und darüber hinaus. Corona hält sie derzeit von vielen Baustellen fern.
Als Planer hinterlassen Jochen und Kerstin Bauer (von links, hier mit Mitarbeiterin Peggy Büttner) seit 30 Jahre ihre „Handschrift“ im Stadtbild von Roßwein und darüber hinaus. Corona hält sie derzeit von vielen Baustellen fern. © Planungsbüro Bauer

Roßwein. Die Sanierung von zwei denkmalgeschützten Häusern auf der Bahndammstraße ist ein Projekt, mit dem sich die Mitarbeiter des Roßweiner Planungsbüros Bauer gerade näher beschäftigen. Auch die Notsicherung des ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Hauses Bahnhofstraße 2, die der Landkreis veranlassen will, liegt gerade auf dem Tisch der Mitarbeiter – zum größten Teil daheim. „Unsere festen und freien Mitarbeiter sind im Homeoffice und in der Kinderbetreuung“, erklärt Kerstin Bauer.

Außer um Aufträge in Roßwein kümmert sich das Team des Büros auch um größere Projekte, unter anderem um Wohnungsbauten in Dresden. „Die ruhen oder fahren nur mit halber Kraft“, so die Bauplanerin. Das begründet sie damit, dass Bewehrungsarbeiten bei großen Rohbauten häufig von slowakischen und polnischen Arbeitnehmern erledigt werden. „Die sind vor der Grenzschließung wegen der Corona-Pandemie noch nach Hause gefahren.“ Und auch deutsche Beschäftigte ließen Bauunternehmer inzwischen häufiger daheim, weil sie ihre Mitarbeiter schützen wollten. „Während wir vor Corona alle mehr als gut zu tun hatten, hat uns das Virus in den zurückliegenden Wochen tüchtig ausgebremst“, stellt Kerstin Bauer fest. Das trifft ihren Einschätzungen zufolge auf Planerkollegen genauso zu wie auf andere Baudienstleister.

Etwas Gutes kann die Roßweinerin diesem Umstand allerdings abgewinnen: Es bleibt mehr Zeit für Projektarbeit, um sich mit einzelnen Dingen zu beschäftigen. Dafür sei wieder nachteilig, dass der Austausch mit Kollegen fehle und spürbar sei, dass die Mitarbeiter in Ämtern häufig auch im Homeoffice sind, Fragen mitunter erst abends beantworten. Wahrscheinlich wenn die Kinder im Bett sind. Dafür haben die Bauers durchaus Verständnis. Denn auch ihr Arbeitsalltag sieht anders, wenn ihre Tochter nicht in den Roßweiner Werkstätten betreut werden kann.

Unter normalen Umständen hätten Kerstin und Jochen Bauer am 1. Mai auf das 30-jährige Bestehen ihres Planungsbüros anstoßen wollen. Doch das ist wegen der Pandemie nun genauso ausgefallen, wie die Jubiläumsfeier vor fünf Jahren. „Damals standen wir mit der Fertigstellung der Oberschule vor dem Schulfest unter extremem Zeitdruck“, begründet sie. Nun seien es die Umstände hier und ähnliche Verhältnisse in den Partnerbüros in Mecklenburg, Thüringen sowie Kroatien. „Sie haben gar nicht die Möglichkeit herzukommen und im Moment auch alle ganz andere Probleme“, sagt Kerstin Bauer.

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Sie und ihr Mann können sich vorstellen, das 30+?. Firmenbestehen zu feiern, „wenn die Zeit dafür reif ist, wir alle gesund bleiben und die Krise überstanden ist“. Bis dahin gibt es für das Mitarbeiterteam auch in Roßwein noch einiges zu tun. Bisher konnte es sich in eine Vielzahl von Bauvorhaben im öffentlichen und mehr als 50 im Privatbereich einbringen. In einem Beispiel dafür empfangen die Fachleute gewöhnlich ihre Kunden: im Haus an der Querstraße 44. Das beherbergte einmal die Brauerei des Ortes. In die Sanierung zum Wohn- und Geschäftshaus konnten sich die Planer einbringen, Details wie Gewölbebögen und Wappen sind aufgearbeitet worden und erhalten geblieben. Aber auch beim Bau der Werkstatt für Behinderte, der Wohngruppe der Diakonie an der Wehrstraße, der Außenanlagen des Pflegeheimes „Berta Börner“, des Reha-Zentrums oder der jetzigen Tagespflege am Kreuzplatz durften die Planer mitwirken und so ein Stück Stadtbild von Roßwein mitgestalten.

Nach Feierabend stellt Kerstin Bauer ihr fachliches Wissen und ihre Ideen regelmäßig noch dem Roßweiner Behindertenbeirat zur Verfügung. Das Gremium setzt sich dafür ein, dass die geltenden Bauvorschriften so oft es geht beachtet werden. Das kommt neben Menschen mit Beeinträchtigungen beispielsweise auch Eltern mit Kinderwagen zugute. Für alle sollen Wege, Straßen, Plätze und öffentliche Häuser wie Rathäuser oder Bäder gleichermaßen nutzbar sein. Dafür bleibt der Behindertenrat mit Kerstin Bauer und den beiden weiteren Vorsitzenden Thorsten Gruner und Peter Krause auch beharrlich. Für sie das Problem des stellenweise viel zu schräg angelegten Fußweges an der neu ausgebauten Döbelner Straßen auch nach Jahren der Reklamation noch nicht vom Tisch.

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