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Vogelstimmen im Ohr

Fünf Achtklässler gehen auf Exkursion. Sie beobachten Vögel. Und schon beim Probelauf haben sie Seltenes entdeckt.

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Von Susan Ehrlich

Sie sind längst unterwegs. Seit diesen Sonnabendmorgen, 6 Uhr, strampeln Alexander, Florian, Franz, Jonathan und Robert mit ihren Rädern durch die Region. Vom Geschwister-Scholl-Gymnasium geht es bis zum Berzdorfer See nach Görlitz. „45 Kilometer sind wir dann gefahren“, sagt Alexander. Eine Umrundung des Sees mit seiner Artenvielfalt ist da inbegriffen. Denn genau darum geht es: um Artenvielfalt. Genauer gesagt, beobachten die fünf Löbauer Achtklässler die Vögel, die ihnen auf ihrem Weg begegnen. Oder sie lauschen. Auch am Gesang können die Jungs erkennen, um welches Federtier es sich handelt.

„Birdrace“ heißt der bundesweite Wettbewerb, an dem sich die fünf Jungs beteiligen. Zum ersten Mal. Den Anstoß gab es in der Schule. Denn seit der fünften Klasse sind die Jungs begeistert in der Biologie-Arbeitsgemeinschaft dabei. Ihr Lehrer Veit Rödiger, der die Tour begleitet, hat sie an die Vogelkunde, mit Fachbegriff Ornithologie genannt, herangeführt. Bei „Birdrace“ geht es darum, in einer bestimmten Zeit und einer zuvor festgelegten Region möglichst viele Vogelarten zu bestimmen. „Wir haben uns mindestens 50 vorgenommen“, sagt Robert. Beim Probelauf, den die Jungs vorab absolviert haben, waren es sogar ein paar mehr, sagen sie stolz.

Der Probelauf Mitte der Woche ist gelungen. „Nur die Zeit war etwas knapp, weil unsere Eltern uns abholten“, sagt Alexander. Doch die Entdeckungen, die die Jungs gemacht haben, waren bereits da beachtlich. Den Großen Brachvogel, eine Unterart der Schnepfen, haben sie ausfindig gemacht, Wiesenschafstelzen und Ringel- sowie Nilgänse. Alles Vogelarten, die man nur kennt, wenn man sich damit beschäftigt hat. Und teilweise sogar selten. Was sie diesen Sonnabend erwartet, wird sich zeigen. Alle fünf Jungs haben in den vergangenen Jahren bereits an Spezialisten-Kursen teilgenommen. Das heißt, sie waren als junge Ornithologen über meist mehrere Tage auf Exkursionen unterwegs und haben ihr Wissen vertieft und erweitert. Jonathan beispielsweise gilt in der Gruppe als der, mit dem besten Gehör. „Im Garten habe ich angefangen, genauer hinzuhören. Hat Spaß gemacht, die Vögel allein an den Lauten zu erkennen“, sagt er. Auf Vogelstimmen ist er geeicht und möchte an seinem Hobby ebenso festhalten wie die anderen Jungs, die sich übrigens „Löbauer Turmfalken“ nennen.

Ihre Zukunftswünsche gehen freilich anderswo hin. Alexander und Jonathan sind eher diejenigen, die sich einen Beruf mit Technik vorstellen können, Naturwissenschaften gerne eingeschlossen. Franz, der etwas Schüchternere, hat sich eine Kombination aus Chemie und Biologie zurechtgelegt, und Robert schlägt ein bisschen aus der Reihe und hat es eher mit Geld. „Wirtschaft und Finanzen möchte ich später vielleicht zum Beruf machen“, sagt er. Doch auch er findet es interessant, nebenher an der Natur und Vogelwelt dranzubleiben.

„Birdrace“ hat einen Hintergrund, der tiefgreifender ist. Die deutschlandweit rund 150 teilnehmenden Teams sammeln Spenden für einen guten Zweck. Pro erkanntem Vogel seiner Art soll ein Euro fließen. Das Geld geht an ein Internet-Portal, das sich der Vogelkunde verschrieben hat und auf das jeder mit eigenen Beobachtungen zugreifen kann. Dort kann man außerdem mitverfolgen, wo und wann beipielsweise die ersten Störche ankommen, wo Kuckucke sich in (fremden) Nestern breit machen und in Gewässernähe Reiher und Fischadler ihr Frühstück ordern.

Die Jungs aus Löbau sind sich sicher, viele Vogelarten zu entdecken. Neben ihnen gibt es nur ein einziges weiteres Nachwuchs-Team in Sachsen. Mit Amseln, Meisen, Spatzen kennt es sich aus. Und die Radtour – man möchte umweltfreundlich unterwegs sein– bringt neue Ergebnisse.

www.dda-web.de/birdrace