SZ +
Merken

Vom Auto zum Schrottwürfel

In endlosen Reihen stapeln sich Autos aller Marken auf dem Hof. Die grünen, blauen, roten und silberfarbenen Blechdächer blitzen in der Sonne. Auf vielen Windschutzscheiben prangt ein mit weißer Farbe...

Teilen
Folgen

Von Christiane Raatz

In endlosen Reihen stapeln sich Autos aller Marken auf dem Hof. Die grünen, blauen, roten und silberfarbenen Blechdächer blitzen in der Sonne. Auf vielen Windschutzscheiben prangt ein mit weißer Farbe hingekritzeltes „A“. „Das sind die Abwrackprämien-Fahrzeuge“, erklärt Helmut Haunreiter, Betriebsleiter der Auto-Plus GmbH in Pinnewitz bei Meißen.

Hier werden die ausrangierten Fahrzeuge zerlegt und verschrottet. Und täglich kommen etwa 20 neue hinzu. „Früher war es gerade einmal die Hälfte“, erzählt Haunreiter. Seit der Abwrackprämie kann er sich vor Anfragen kaum retten. Bis Jahresende werden etwa 2000 Fahrzeuge den Hof als Schrottwürfel verlassen. Der Firmenchef spricht allerdings nicht gern von verschrotten. Stattdessen sagt er „demontieren“. Das beginnt in der Werkstatt.

Schrottplätze quellen über

Die will zunächst nicht so recht in das Bild eines Schrottplatzes passen: Haushohe Palmen, die bis unter das Glasdach wachsen, vermitteln ein wenig mediterranes Flair. Nur lautes Rattern und Dröhnen stört die Idylle: Emsig werden hier Reifen abmontiert, Batterien ausgebaut, Auspuffanlagen abgeschraubt und Altöl abgezapft. „Das wird später von Spezialfirmen aufbereitet und gefiltert“, erklärt Haunreiter.

So viel wie möglich wird heutzutage wiederverwendet, nur große Plastikteile wie Stoßstangen oder auch Fensterscheiben bleiben zum Schluss übrig. Drei Stunden bis zu einem Tag dauert es, bis nur noch die blanke Karosse steht. Dafür stapeln sich in der Werkstatt Motoren und Auspuffrohre. Die brauchbaren Sachen kommen nebenan in die sogenannte Teileschleuse. Mitarbeiter polieren hier alles auf Hochglanz, sortieren, dann geht es in den Verkauf. Draußen im Hof stehen unterdessen die ausgenommenen Karossen, in langen Dreierreihen übereinander gestapelt.

Längst werden nicht mehr nur alte Wagen abgewrackt. Auf dem Hof steht hier und da ein Mercedes, gut erhalten. Haunreiter schüttelt den Kopf über die Schnäppchenmentalität. „Für solche Autos hätten wir früher noch einiges an Geld auf den Tisch gelegt“, sagt er. Während sich die Autohäuser über die Abwrackprämie freuen, stöhnen Schrotthändler und Verwerter: Sie wissen nicht, wohin mit dem zusätzlichen Altmetall. Mittlerweile gibt es ein Überangebot, die Rohstoffnachfrage ist durch die Krise eingebrochen. „Den KFZ-Markt schüttelt es zur Zeit richtig durch“, sagt Helmut Haunreiter. Er kennt sich aus in der Branche. 1992 gründete er seine Firma. Kurz nachdem er von Würzburg nach Sachsen kam. „Ich habe die Wende für mich als Abenteuer und Chance gesehen“, sagt der 51-jährige. Damals kaufte einen Teil des ehemaligen LPG-Geländes, das idyllisch mitten in den Hügeln der Lommatzscher Pflege liegt.

Zaun aus Würfeln

Selbst gepresst wird bei der Firma Auto-Plus allerdings nicht. Haben sich viele Fahrzeuge angesammelt, wird eine riesige mobile Maschine gemietet, die Autos zu Schrottwürfeln in der Größe von Umzugskartons zusammenpresst.

Nur besondere Würfel behält Haunreiter. Wie etwa den, der aus einem knallblauen Sportwagen entstehen wird. „Zu 98 Prozent besteht der aus Metall, ganz sauber ausgeschlachtet“, zeigt Haunreiter stolz. Aus den Schrott-Würfeln will er nach und nach einen hohen Zaun um das Firmengelände bauen. Nicht nur wegen der Verwertung. Ein wenig sieht es auch aus wie Kunst.