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Vom Lachs in der Pulsnitz

Königsbrück. Damit die Lachse wieder aufsteigen,wurden 700 Smolts am Sonnabend in Stenzausgesetzt. Aber es gibt Hoffnung auf Rückkehr.

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Von Andreas Kirschke

Quicklebendig zappeln sie in den Behältern. 700 atlantische Junglachse (Prä-Smolts) warten am Sonnabend auf ihre Freiheit. Am Grünmetzmühlenwehr, später im Tal Gräfenhainer Straße und andernorts gelangen sie in die Pulsnitz. „Unsere Gemeinnützigkeit fußt nicht nur darauf, dass wir gern Fische fangen. Hier geht es auch um Hege und Pflege der Natur“, stimmen Ulrich Thiel (Mitarbeiter für Gewässerwirtschaft im Landesanglerverband Brandenburg) und Peter Kluß, Mitarbeiter für Gewässerwirtschaft im Anglerverband „Elbflorenz Dresden“, überein. Soll doch der Lachs wieder heimisch werden. „Es ist das erste länderübergreifende Programm zur Wiedereinbürgerung des Lachses in Ostdeutschland“, betont Kluß. Gespannt verfolgt er die Aktion. Die Finanzierung erfolgt zu zehn Prozent aus Eigenmitteln der beiden Landesanglerverbände, zu 90 Prozent aus Mitteln der Fischereiabgabe des Landes Brandenburg.

Heimische Königsbrücker Angler sind dabei. Auch Joachim Ruick aus Bad Liebenwerda. 30 Jahre war er dort Kreisgewässerwart. Der leidenschaftliche Angler schob die Wiedereinbürgerung mit an. 1997 entstand eine Arbeitsgruppe. 1999 setzte man erste Lachse in der Prignitz aus. Die heutige Aktion reiht sich ein in den großen Gesamtzusammenhang. Um 1911, so Ruick, fing man zuletzt einen Lachs in der Pulsnitz. Um 1920 gelang letztmals ein Fang in Elsterwerda. Seitdem verschwand der Lachs aus der Region. Industrie-Abwässer vertrieben ihn. Ebenso die Regulierung der Flüsse. Die Anlegung enger Wehre. In der Pulsnitz geriet selbst die heimische Bachforelle immer mehr in Konflikt mit den Menschen. „Vor allem durch die Textilabwässer der Färbereien“, sagt Wolfgang Wächter von der Anglervereinigung Königsbrück. „Was auch eine Rolle spielte, waren Herbizide und Pestizide der Landwirtschaft.“ Die Folge: Ende der 80er Jahre tummelte sich kaum noch ein Fisch in der Pulsnitz. Seit der Wende heilt der Bestand, wie Vorsitzender Hein Wünsche erläutert. Er hofft, dass sich nach der Gesundung der Forellen-Population auch der Lachs wieder ansiedelt.

Was macht ihn so wertvoll? „Er ist ein Zeigerfisch für saubere, sauer-stoffreiche Gewässer“, sagt Hein Wünsche. Wie Aale und andere Fische zieht es den Lachs an den Ursprung des Ablaichens zurück. Gegen den Strom. „Es ist wohl ähnlich wie beim Vogelzug. Es gibt Geheimnisse der Natur, die man nicht durchschauen kann“, sagt Cornelia Schlegel vom Verein Naturbewahrung Westlausitz/Gebietsbetreuung Naturschutzgebiet Königsbrücker Heide. Die Aussetzung der Lachse in der Pulsnitz sieht sie als symbolischen Akt. „Es fehlen Untersuchungen im Vorfeld. Etwa die Auswirkungen auf das FFH-Schutzgebiet. Ebenso auf die Nahrungskonkurrenz“, mahnt sie zur Zurückhaltung. Wird doch die Wiederansiedlung der Lachse viel Zeit brauchen. „Ein Prozess über Jahrzehnte“, meint Wolfgang Wächter. „Von den 700 heute kehren im Idealfall zwei bis fünf Prozent zurück.“

Als Leit-Art anerkannt

Immerhin: Das Landesumweltamt Brandenburg erkennt den Lachs heute als Leit-Art in der Schwarzen Elster wieder an. „Mir ist wichtig, dass die Fischpässe in der Schwarzen Elster und am Unterlauf der Pulsnitz künftig entsprechend großzügig bemessen werden“, sagt Ulrich Thiel. „Denn davon profitieren langfristig auch andere Fischarten. Etwa die gefährdete Barbe oder der Rapfen.“ Soll die Wiederansiedlung des Lachses gelingen, bedarf es der Durchgängigkeit der Gewässer. „Flussaufwärts und flussabwärts“, betont Steffen Zahn, Bearbeiter des Projektes Lachse im Institut für Binnenfischerei Potsdam. Eine übergreifende sächsisch-brandenburgische Arbeitsgruppe geht die Probleme an. „So lassen sich viele Fragen leichter klären, manches forcieren.“ Verdrängt der Lachs die Bachforelle? Raubfisch gegen Raubfisch? Der Experte verneint dies. Kehrt doch der Lachs nur zum Laichen zurück. „Die Forelle bevorzugt unterspülte Uferbereiche, der Lachs siedelt eher in der Flussmitte“, sagt Zahn. „Zudem hat das Gewässer viel Nahrung in der Fläche. Das reicht für alle.“ Im Herbst erfolgt eine erste Kontrollbefischung. „Um zu sehen, wie dicht die Bestände sind, wie gut die Bedingungen sind“, verdeutlicht Zahn. „Viel wird davon abhängen, ob die Wehre bis dahin gut durchgängig sind.“