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Vom Theater-Fundus auf den Flohmarkt

Im Wechselbad warten Bauhelme, Schreibmaschinen, ein Vogelkäfig und vieles mehr zum Trödel-Preis.

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© André Wirsig

Von Nadja Laske

Die großen Fische gibt's per Anruf: Tische, Stühle, Tresenteile. Auch Podeste, Licht- und Tontechnik aus dem Theater Wechselbad. Alles muss raus, denn die Bühne schließt. Ihr Inventar bietet die Theaterchefin Petra Scheunemann in einer langen Liste via Internet feil. Doch das ist noch nicht alles, was die Säle, Hinterzimmer und Keller preisgeben, jetzt, da ihr Schicksal auf die Besenreinheit zusteuert.

Auf insgesamt 3 000 Quadratmetern wurde zwölf Jahre lang Theater gemacht, getagt, beraten und gefeiert. Nun löst das neue „Boulevard-Theater“ das Wechselbad ab und richtet sich auf nur noch 1 500 Quadratmetern in der ersten Etage frisch und nach eigener Fasson ein. Dort finden künftig bis zu 500 Zuschauer Platz.

Am Sonntag wird es deshalb einen Flohmarkt geben. Kostüme im historischen Stil, aber auch zeitgenössische Kleider, Blusen, Anzüge und Schuhe sind dort zu haben. „Es gibt sogar Hochzeitskleider“, sagt Theatermitarbeiterin Stephanie Kießling, die nun als Trödel deklarieren muss, was ehemals Fundus hieß und immer wieder ins Bühnenlicht zurückgefunden hat. Fein säuberlich hat das kleine Wechselbad-Team viele Meter Tischfläche mit Kerzenleuchtern, Teller-Stapeln, Motorrad- und Bauhelmen, Pokalen, Vorhängen und Gardinen belegt. Gut sortiert hängen Röcke, Mäntel und Sakkos in transportablen Kostümschränken. Auf dem Boden reihen sich unzählige Schuhe, vom Slipper bis zum Sneaker, aneinander. Die Bretter, die ihre Welt bedeuteten, haben Spuren an ihnen hinterlassen.

Was von allem übrig blieb, sind neben Möbeln und Mischpulten auch Schnäppchen in Form von Hüten, Kunsthaar-Perücken, Taschen und alten Koffern. Ein kleiner, dicker Apple-Laptop aus Zeiten, da Apple noch Schwarz trug, Vogelkäfige, einen Kronleuchter und zwei ausgediente Gitarren hat Stephanie Kießling in den Fundus-Tiefen gefunden. Ein ganz anderes Kleinod aber wird Sammler und Liebhaber locken: Acht alte Schreibmaschinen aus dem Stück „Sekretärinnen“. Erika, Triumph, Ideal und Olympia zählt Stephanie Kießling auf. Sicher sind die Farbbänder eingetrocknet und Theaterstaub ist unters Gehäuse gekrochen. Ein hübsches Requisit bleibt jede davon trotzdem, und mit Liebe und Geschick bekommt sie der Bastler sicher zum Schreiben.

Für Petra Scheunemann selbst geht ein wahres Wechselbad der Gefühle zu Ende. Zusammen mit dem künstlerischen Leiter Gerd Schlesselmann hat sie das Theater aufgebaut und in all den Jahren rauschende Erfolge und finanzielle Zitterpartien erlebt. Als Mitarbeiterin des Boulevardtheaters geht es für sie weiter. Auf den Neubeginn in der Maternistraße freut sie sich.

Mit Stücken, die auf den Fundus nicht angewiesen sind, verabschieden sich die Künstler und Mitarbeiter am 30. April. Ein großes Fest soll das Publikum ein letztes Mal ins Wechselbad der Gefühle mitnehmen. Kati Grasse tritt mit ihrem Edith-Piaf-Programm auf, die Höhen und Tiefen einer Ehe werden amüsant beleuchtet und die Comedy-Show Caveman kommt zu letzten Ehren. Ein Drei-Gänge-Menü ist geplant, es gibt Tanz mit Musik von Götz Bergmann & his Gentleman und eine „Goldene Schlüssel-Szene“, die Willkommen und Abschied beschreibt, im Detail jedoch vorerst Überraschung bleibt.

Fundus-Flohmarkt am Sonntag, 10 bis 17 Uhr, und Abschlussfeier am 30. April, ab 19 Uhr, im Theater Wechselbad, Maternistraße 17.www. theater-wechselbad.de