Von Benjamin Schuke
Es riecht nach Ethanol im ehemaligen Tuchmacherwerk in der Stadtbadstraße. Fast geräuschlos kurbeln kleine Vakuummotormodelle vor sich hin. Im Raum dahinter ein echtes fabriktaugliches Exemplar. Was für einen Musiker die 9. Sinfonie von Beethoven ist, sei für einen Maschinisten das Geräusch einer Dampfmaschine, sagt Dieter Kranz vor sieben Besuchern, die mit ernster Mine und Kameras der Hitze standhalten, um das Ungetüm des Industriezeitalters zu bestaunen.
Der Dampfmaschinenverein Roßwein hat zu den zu den dritten Roßweiner Dampftagen eingeladen. Fast 230 Leute kommen am Wochenende zu Besuch. Die meisten staunen.
Das 2006 restaurierte hundertjährige Denkmal einer Tandem-Verbund-Dampfmaschine von 1911 aus dem Hause Hanomag, arbeitet wie am ersten Tag. Ein ebenso alter Heizkessel, der pro Betrieb mit einer Tonne Kohle befeuert wird, leistet seinen treuen Dienst. „Andere Denkmalbetreiber in Deutschland feuern mit Öl. Hier ist alles ganz original“, sagt Dieter Kranz, der dem Verein vorsteht. Neben dem Schaubetrieb zeigen Mitglieder des 24-köpfigenVereins eine Werkstatt mit riemenbetriebenen Schleif-, Bohr- und Feilmaschinen sowie die zum Getreidedreschen bestimmte Dampflokomobile. Doch die rostfreie Dampfmaschine im original gestalteten Fabrikraum bleibt der Höhepunkt der Dampftage.
Der 83-jährige Landwirt Günther Wetzio teilt die Technikbegeisterung. „Das ist sehr interessant, wie ruhig die Maschine läuft“, sagt er. „Ich habe selbst einen Hanomag-Bagger, einen Gabelstapler, einen Traktor und einen RS-09-Geräteträger Zuhause.“ Er kommt jedes Jahr, um die alten Maschinen laufen zu sehen.
Nicht nur die Erinnerung an unbeschwerte Zeiten zieht die Besucher an. Volkmar Müller aus Penig reizt die Nachstellung im Kleinformat. Über technische Zeichensoftware am Computer selbst entworfen, baut er alte Apparate wie den Sterling oder den Vakuummotor original nach und präsentiert sie bei Ausstellungen. Technikgeschichte ist sein Leben.
Die Dampfmaschinenzeit neigte sich 1935 endgültig dem Ende zu. Zwar hatte Werner von Siemens schon 1866 den überlegenen Elektromotor erfunden. Doch der Bedarf in der Industrie überstieg erst zu Ende des Kaiserreiches die technische Leistungskraft der Dampfmaschinen. „Ihr Wirkungsgrad liegt etwa bei 18 bis 20 Prozent“, sagt Ingenieur Dieter Kranz. Heutige Gasturbinen erreichen in Kombianlagen mit Abhitzedampferzeuger einen Wirkungsgrad von 52 Prozent.