Von Kevin Schwarzbach
Auf dem Gelände direkt neben dem Hauptgebäude des Segelfliegerclubs Riesa-Canitz herrscht reichlich Betrieb. Bänke werden zurecht gerückt und Festzelte aufgebaut. „Tagesaufgabe: Abschlussfest“ steht mit weißer Kreide auf der grünen Tafel an der Wand geschrieben. Direkt nebenan spielen ein paar Kinder vor den Wohnwagen ihrer Familien Fußball. Zwischen all den bereits in die Transporthänger verladenen Segelflieger steht tatsächlich noch ein Segelflugzeug inmitten der Vorbereitungswiese – Christoph Klein will es trotz eher mäßiger Wetterbedingungen noch einmal versuchen und ein paar Zweite-Bundesliga-Punkte für seinen Verein fliegen. Voll fokussiert bereitet er seinen Segelflieger vor.
In der vergangenen Woche fand bereits zum 20. Mal die Streckenflugwoche auf dem Segelflugplatz in Canitz statt. Der Segelfliegerclub Riesa-Canitz lockte Piloten aus ganz Deutschland zu der Veranstaltung – 65 Teilnehmer traten an vier Tagen in drei verschiedenen Kategorien gegeneinander an. Neben dem vordergründigen Wettbewerb gab es auch einiges an Spaß und so manche Kuriosität zu erleben.„Am ersten Tag sind 60 der 65 Teilnehmer außerhalb des Zielradius gelandet – das war schon verrückt“, erzählt Ralph Losemann vom Segelfliegerclub Riesa-Canitz schmunzelnd. „Es ist jedoch kein besonderes Vorkommnis außerhalb des Radius zu landen, das ist normal. Die Quote diesmal zeigt bloß, dass die Flugbedingungen diese Woche nicht immer blendend waren“, so Losemann weiter. Doch das kann die Stimmung auf der Canitzer Segelwiese am Abschlusstag keineswegs beeinträchtigen. Direkt vorm Tor zum Gelände tanzen zwei junge Pärchen voller Begeisterung einen Walzer. Ralph Losemann weiß, was es damit auf sich hat: „Zum Abschlussfest spielt die Flugplatzkapelle aus Stölln bei uns. Als Überraschung haben wir die ganze Woche lang ein paar Tänze einstudiert, die wir dann dazu aufführen können.“ Und auch sportlich gab es bei der 20. Streckenflugwoche in Canitz selbstverständlich einiges zu erleben. „Wir sind unter der Woche vier Tage geflogen und hatten am Donnerstag die besten Flugbedingungen. An einem Tag haben wir in circa neun Stunden rund 750 Kilometer über Frankfurt/Oder bis nach Polen und zurück absolviert“, erklärt Losemann. „Und trotz der größtenteils eher mäßigen Witterung muss ich sagen, dass wir in Deutschland noch am besten weggekommen sind. Ich weiß von Vereinen aus der Schwarzwaldregion, dass sie beispielsweise gar nicht abheben konnten“, erzählt Losemann. Unterdessen hängt Christoph Klein sein Segelflugzeug an die Anhängerkupplung des Autos, mit dem ein Freund vorgefahren ist, dreht sich noch einmal mit hoffnungsvollem Blick um und fährt dann in Richtung des hinteren Endes der Segelwiese davon. Das Schleppflugzeug steht derweil noch unberührt auf der Wiese – es wird hinterherfahren, sobald Christoph Klein startbereit ist. „Interessant ist auch, dass knapp 80 Prozent unserer Vereinsmitglieder nicht aus Riesa stammen. Christoph Klein beispielsweise kommt aus Berlin“, erklärt Ralph Losemann. Ein Grund, warum zahlreiche von Auswärtigen Mitglied im Segelfliegerclub Riesa-Canitz sind, ist sicherlich die Tatsache, dass die Segelwiese in Canitz der einzige reine Segelflugplatz Sachsens ist. Zudem hat sich der Verein über die Jahre einen Namen in ganz Deutschland gemacht. „1993, als die Streckenflugwoche erstmals stattfand, haben wir gerade einmal acht Teilnehmer zusammenbekommen. Als letztes Jahr im Oktober die Anmeldeliste rausgegangen ist, war die Woche in zehn Minuten ausgebucht“, zeigt sich Ralph Losemann begeistert. Dass er die ganze Zeit über mit keinem Wort erwähnt, dass er in der Großen Clubklasse mit fast 300 Punkten Vorsprung einen deutlichen Sieg eingefahren hat, zeugt nicht nur von seiner Bescheidenheit, sondern auch davon, dass für ihn der Verein und dessen Wohl im Vordergrund stehen. Während Ralph Losemann noch ein paar Flugtechniken erklärt, hebt plötzlich am anderen Ende des Platzes Christoph Klein in die Lüfte ab.
Ein anderes Schleppflugzeug scheint von allen unbemerkt bei ihm gelandet zu sein und trägt ihn nun gen Wolken. In den folgenden zwei Stunden fliegt er 150 Kilometer und befördert den Segelfliegerclub Riesa-Canitz damit auf den zweiten Platz der Zweiten Bundesliga.