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Von der Mondlandschaft zum Lieblingssee

Segler aus Prag quartieren sich immer häufiger am Bärwalder See ein. Im Juli veranstalten sie hier den ersten Lausitz-Cup.

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Gastbeitrag von Martin Sula

In der tschechischen Zeitschrift „Yacht“ ist jetzt ein Beitrag über den Bärwalder See erschienen. Autor ist der tschechische Segler Martin Sula. Er berichtet über die Suche nach einem neuen Segelrevier, über einige Überraschungen und Pläne. SZ-Mitarbeiterin Katja Zimmermann hat den Beitrag übersetzt. „Wir haben ein neues Jacht-Revier ausprobiert“ hat Sula den Beitrag in der Fachzeitschrift überschrieben. Wir geben den Inhalt des Beitrags wieder.

Von Windsurfing- und Kitesurfing-Fans hatten die tschechischen Segler gehört, dass ein Stück von der Grenze entfernt im Lausitzer Teil Deutschlands ein geflutetes früheres Braunkohlerestloch liegt. Dort soll es ideale Bedingungen für Wassersportler geben. Alle bezeichneten den Prager Seglern gegenüber diese Wasserfläche als Eurosee. So suchten sie im Internet nach diesem Eurosee. Doch auf den Webseiten unter den Namen Eurosee gab es keinerlei Informationen über den aktuellen Stand zum Wasserpegel des Sees, zum Jachthafen, zum Zugang zum See oder zum Camp… Im vergangenen Jahr gelang es Martin Sula dann, einen Kontakt zum Hafenmeister der Marina in Klitten herzustellen. Der richtige Name des Sees ist nämlich Bärwalder See. „Nach der telefonischen Bestätigung der Möglichkeit, die Boote dort zu Wasser lassen zu können, zu ankern und zu campen, brachen wir dorthin mit dem Segelschiff Seascape 18 zum Training auf“, schreibt Martin Sula. Die Fahrt aus Prag ist bequem und schnell deswegen, weil deren größter Teil über die Autobahn in Richtung Liberec verläuft und weiter über Zittau und Löbau bis nach Bautzen, von wo aus es nur noch ein paar Kilometer bis zum Jachthafen am Bärwalder See sind. Die Strecke ist insgesamt 200 Kilometer lang. „Mit unserem Wohnwagen und dem mitgeführten Boot dauerte es drei Stunden“, so der Prager Segler. Die gleiche Zeit dauert von Prag aus beispielsweise die Fahrt zum Lipno-Stausee an der österreichischen Grenze auf tschechischem Gebiet in der Nähe von Linz.

Dampf zeigt Windrichtung an

Nach der Ankunft in Klitten waren die Segler begeistert von dem Ausmaß der Wasserfläche mit der offenen Landschaft. Das einzige, was des Seglers idyllische Aussicht stört, ist das Wärmekraftwerk am gegenüberliegenden Ufer des Sees. „Wir haben daran jedoch auch etwas Positives gefunden, weil wir anhand des Winkels des aus seinen Türmen aufsteigenden Dampfes die Kraft und Richtung des Windes erkennen.“

Nach der Anmeldung beim Hafenverwalter, der alle wärmstens willkommen hieß, stellten die Prager fest, dass sie zu den ersten tschechischen Seglern überhaupt gehören, die zum Trainieren an den Bärwalder See kommen. Der Slip ins Wasser, also die Rampe, von der aus die Boote zu Wasser gelassen werden, ist aus Beton und mit typischer deutscher Gründlichkeit hergerichtet, schreibt Martin Sula. Genauso wirke die ganze Marina. Die Molen sind ständig verschlossen, für den Zutritt braucht man eine Zugangskarte. „In der Zeit unseres ersten Besuchs wurde gerade der Bau des Jachtklubs beendet. Ein Imbiss und regelmäßig in Ordnung gehaltene Toiletten sind am Ufer. Hier ist auch der Sitz des Wasserrettungsdienstes. Ein paar Meter vom Hafen entfernt befindet sich das Camp, das Standarddienste für Wohnwagen, Gespanne mit Wohnanhänger und Zelte bietet. Direkt aus dem Camp geht der Blick auf die Mole, den Leuchtturm und den gesamten See. „In dieser Gegend ist es immer sehr windig. Deshalb waren wir froh, dass wir gleich am zweiten Tag auslaufen und trainieren konnten.“ Der stetige Wind blies mit acht Metern pro Sekunde und veränderte nur minimal seine Richtung. Während des Auslaufens aus dem Hafen bewunderten die Prager den langen Damm, der aus der schwimmenden Mole mit dem Leuchtturm gebildet wird und der perfekt alle Ankerplätze schützt. Am Tag darauf veranstaltete der örtliche Jachtclub eine Regatta, zu der er auch die Tschechen eingeladen hatte. Das Boot Seascape 18 hat bei den Ortsansässigen Interesse geweckt. „Deshalb“, so Martin Sula, „haben wir versucht, uns nicht zu blamieren. Unter der 25 Mitglieder starken Flotte aus kleineren Kajüten-Segelbooten und Booten ähnlicher Klassen fuhren wir den ersten Platz ein.“

Sportlich Respekt verschafft

Später nahmen die Prager noch an weiteren Regatten teil. Dabei wetteiferten sie mit dem ganz aus Karbon bestehenden Boot Black Bird. Es entstand in einer spezialisierten Werkstatt im nahen Boxberg. Neben dem Bau von Booten werden dort auch Bootsrümpfe repariert. Dieses Boot war im Aufbereitungsstadium der Takelage und des Trimmens, so dass es dem Team um Sula wieder gelang, zu gewinnen. „Auf diese Weise haben wir uns bei den Ortsansässigen einen gewissen Respekt verschafft. Aber ihren Worten zufolge werden tschechische Segler immer willkommen sein.“

Die Tschechen halten den Bärwalder See für einen guten Platz zum Trainieren und für Wettbewerbe. Deshalb haben sie entschieden, hier am 28. Juli einen Wettkampf für Boote der Klasse Seascape 18 unter dem Namen Lausitzer Regatta zu veranstalten. Die tschechischen Segler können nach vorheriger Registrierung auch an allen ausgeschriebenen Wettkämpfen des örtlichen Clubs teilnehmen.

In der tschechischen Ausgabe der Zeitschrift Yacht beschreibt Sula auch, warum der Bärwalder See so ein gutes Segelrevier ist. „Von der langen Mole gibt es für die Zuschauer einen schönen Blick auf den Verlauf der ganzen Regatta. Die Eltern der Kinder können ihre Wettkämpfer aus unmittelbarer Nähe beobachten und im Falle größerer Wellen auf dem See können sie in den kleinen Booten der Optimisten-Klasse im Windschatten der Mole trainieren, in einem Becken mit fast glattem Wasserspiegel.“ Nicht einmal dem nichtsegelnden Teil der Familie oder Freunden wird sportliches Ausleben vorenthalten: Hier gibt es einen Radweg, der bestimmt ist für Fußgänger, Jogger, Fahrradfahrer und Inline-Skater, der um den ganzen See führt, was eine unglaubliche Anzahl von Kilometern sind. „Den Bärwalder See stufen wir unter unseren Lieblingsseen ein. Wir schätzen, dass es gelungen ist, eine Mondlandschaft, die hier nach dem Kohleabbau entstand, in diesen Zustand zu revitalisieren. Wir hoffen, dass die Erneuerung des Gebiets um Most im Böhmerwald auch so erfolgreich ausgeht.“