Von Heinz Fiedler
Vorhang auf! Wir sind noch mitten in der Weihnachtsmärchenzeit. Ob vor oder nach dem Fest – jahrelang treten im Dezember bis in die ersten Januarwochen hinein Amateurensembles unserer Heimat mit Aufführungen zum Fest an die Öffentlichkeit. Das ist einer Dokumentation zum Theaterspiel an einheimischen Schulen zu entnehmen, die Roland Hanusch, Pädagoge im Ruhestand, erarbeitete und die wir in unserer Ausgabe vom 28.Oktober näher vorstellten. Hanusch macht in seiner Sammlung zugleich mit dem Wirken von Theatervereinen und Laienspielgruppen im Weißeritztal bekannt, etwa 30 Inszenierungen hat er bis jetzt erfasst. Ein Kapitel, das sich weiter auffüllen wird.
Hamlet ist in Deuben zu Hause
Das größte Amateurensemble hat in Deuben seinen Sitz. Hamlet, die tragische Shakespeare-Figur, dient der Gemeinschaft als Name. Wer ihn sich ausdachte, ist nicht ganz klar. Es könnte Erich Noack gewesen sein, eine Persönlichkeit, deren Kreativität dem Verein immer wieder künstlerische Impulse verleiht. Inmitten von Alt-Deuben, im längst von der Bildfläche verschwundenen Häuschen Fröbelweg 1 zu Hause, lässt Noack keine Premiere Dresdner Bühnen aus. Etliche von „Hamlet“ aufgeführte Stücke schreibt er selbst und stattet sie mit eigenen Kompositionen aus.
Weihnachten 1933 läuft in der Deubener „Alten Post“, jene Gaststätte, in der im Herbst 1932 der Theaterverein gegründet wird, Noacks Märchenspiel „Der Edelweißkönig“. Unter seiner Leitung festigt sich die Gemeinschaft und wendet sich auch anspruchsvolleren Aufgaben zu. So spielt man Rosenows „Kater Lampe“, August Hinrichs Bauernkomödie „Wenn der Hahn kräht“ und die unverwüstliche Groteske „Die spanische Fliege“.
Kein Fest ohne Weihnachtsmärchen. Durchaus möglich, dass sich ältere Einwohner noch an „Brigittli“ oder „Das verkaufte Herz“ erinnern. Als nach dem Krieg die sowjetische Militäradministration die Schließung der „Alten Post“ anordnet, wird die Luft für „Hamlet“ dünn. Ohne die vertraute, lieb gewonnene Umgebung fühlt sich das Team heimatlos. Mit der Wiederaufführung der auch von der Ufa verfilmten Komödie „Die vier Gesellen“ fällt 1952 endgültig der Vorhang. „Hamlet“ gibt auf. Fraglos eine Schwächung des kulturellen Lebens der Stadt. Das Ensemble hatte im Weißeritztal viele Freunde.
Uraufführung in Niederhäslich
Amateurtheatergeschichte wird auch in Burgk geschrieben. Die Volksspielkunst des Stadtteiles hat in der Teichschänke bzw. auf der angrenzenden Freilichtbühne ihr Wirkungsfeld. Werke von Sudermann und Max Halbe werden ebenso inszeniert wie Komödien und Schwänke. Weihnachtsmärchen sind gewissermaßen Pflicht. „Das arme Peterle“ erlebt im Dezember 1935 acht ausverkaufte Vorstellungen.
Der Turnverein Niederhäslich verfügt in den zwanziger Jahren über eine dramatische Abteilung, deren Leiter Alfred Hesse auch als Bühnenautor hervortritt. Sein Weihnachtsmärchen „Das verschmorte Glückseisen“ kommt im Dezember 1930 in der Turnhalle im Poisental zur Uraufführung. Hesse besorgt auch die Inszenierung – fast hundert Mitwirkende sind im Einsatz. Das Stück wird von verschiedenen Schulen nachgespielt.
In der Märchenwelt des Deubener Pädagogen Otto Roth (1890-1946) haben wir uns schon mehrfach aufgehalten. Die Windbergsage von Rotkopf Görg ist bis heute das meistgespielte Werk des Lehrers. Fast 600 Aufführungen stehen bisher zu Buche. Der Görg spielt schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Rolle. Er taucht, mit anderen Titeln versehen, in den Spielplänen von Marionettenbühnen auf. Etwa „Der Fiedler von Burgk“ oder „Das Zauberschloss im Windberg“.
Die lange Zeit sehr um Bühnenerlebnisse bemühte Schule zu Birkigt spielt die Windbergsage in einer Fassung von Lehrer Hans Johne bereits Weihnachten 1921.
Pouvas „Görg“-Film
Karl Pouva, Vater der legendären Start-Kamera, verfolgt im September 1935 ein ehrgeiziges Ziel. Er will die Sage als Heimatfilm herausbringen. Otto Roth schreibt das Drehbuch und erweitert die Kernhandlung u.a. um eine Gemeinderatssitzung, um ein Erntefest der Dorfbewohner und einen Hochzeitszug. Pouva hat 250 Laienspieler zusammengetrommelt, der jüngste 2,5 Jahre, der älteste 70. Der Burgker Laienspieler Richard Kühn verkörpert den Gemeindeausrufer. Gedreht wird u.a. an der Burgker Teichschänke, im Windberg und auf Niederhäslicher Flur. Für die Geisterschloss-Szene ist die Untertage-Region des Kalkwerkes Braunsdorf vorgesehen.
Ein aufwändiges Vorhaben, das leider nur zum Teil realisiert wird. Der Film wird nie zu Ende gedreht, er bleibt Pouvas „Unvollendeter“.