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Von einem der weiß, was stört

Zwei Sitzungen des Betriebsausschusses „Kulturbetrieb Lessingstadt Kamenz“ hat Bernd Korschofski als berufener Bürger bereits miterlebt. In der einen hatte er die zündende Idee zum Thema separater Eingang für die Jugendclubs. In der anderen bezog er klar Stellung zum Stadtmarketing.

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Von Melanie Ermscher

Kamenz.Eines weiß Bernd Korschofski genau: Das, was ihn in Kamenz stört. „Kulturstadt ist Kamenz irgendwo, ja. Mit dem Pfund Lessing kann man wuchern. Aber reicht es, ein Museum hinzustellen und einmal im Jahr Lessingtage zu machen? Den meisten Bürgern ist es wurscht, ob Lessing hier gelebt hat oder nicht. Sind wir und das Kulturangebot der Stadt wirklich bürgernah?“ Die Antworten fallen dem berufenen Bürger des Betriebsausschusses „Kulturbetrieb Lessingstadt Kamenz“ leicht – und negativ aus. Die Patentrezepte hingegen nicht: „Ich habe mehr Fragen als Antworten. Aber wenn ich nicht wüsste, was mich stört, hätte ich nicht im Betriebsausschuss angefangen.“

Der 40-Jährige war bereits von 1992 bis 1994 als Kamenzer PDS-Stadtrat in der Kommunalpolitik aktiv. Im Februar diesen Jahres rückte er dann für Olaf Klotzsche in den Betriebsausschuss nach: „Als Stadtrat Norbert Adler mich fragte, musste ich annehmen. Am Großen kann ich nichts ändern, im Kleinen schon. Entweder akzeptiert man das, was passiert. Oder man engagiert sich selber.“

Eine Einstellung, die der kaufmännische Angestellte nicht nur in Sachen Kultur vertritt: Seit 13 Jahren spielt er Volleyball beim „SV Aufbau Deutschbaselitz“, ist Vizepräsident des Vereins. „Eigentlich ist das schon ein Fulltime-Job. Da kommen viele Sachen hinzu, die mit Sport gar nichts zu tun haben, und irgendwo kommt auch der Kulturbetrieb ins Spiel. Denn eigentlich sind die Sportvereine und der Kulturbetrieb Konkurrenten, wenn es um Zuschüsse geht.“

Kultur sind auch die

Lebensbedingungen

Bernd Korschofski bezeichnet sich eher als „einfachen Bürger“ denn als klassischen Kulturliebhaber: „Ich bin öfter auf dem Hutberg als im Stadttheater. Ich muss auch gestehen, dass ich nicht so oft in Museen bin. Aber was ist Kultur? Für mich fängt sie bei den Lebensbedingungen an.“ Außerdem sei es für ihn auch eine Frage des städtischen Selbstverständnisses, wie sie gelebt werde: „Die Kultur sollen die Künstler machen, der Betriebsausschuss soll die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Marketing ist mein Beruf. Ich kann mir ein Urteil darüber erlauben, wo das Verkaufen anfängt und wo es aufhört.“ Welche Ansatzpunkte sieht Bernd Korschofski? „Ich fühle mich als einfacher Konsument. Wenn man mir Kultur nicht präsentiert, gehe ich nicht hin. Dann fehlen die Einnahmen und der Ruf nach Förderung wird laut. Das ist eine kausale Kette: Immer jammern, dass das Geld weniger wird, aber keine konkreten Ideen.“

Einen Versuch wert wäre es nach Korschofskis Meinung eine Erhebung unter den Kamenzern zu organisieren. „Es wäre sicher mal interessant zu erfahren, wie viele Leute in Kamenz leben oder nur hier wohnen. Da käme ein erschreckendes Ergebnis raus.“ Das werde auch deutlich, wenn man nach 18 Uhr durch die Stadt gehe und nur drei Kneipen geöffnet hätten. „Man muss Lebens- und nicht nur Wohnbedingungen schaffen. Es ist ja nicht so, dass die Kamenzer nicht weggehen, nur eben nicht in Kamenz.“

Eine Möglichkeit wäre seiner Meinung nach auch, Projekte ins Leben zu rufen: „Ungefähr 7000 Erwachsene leben hier, da hat man doch Potential. Da brauche ich keine Hilfe von außen, keine Umfragen auf dem Markt, die immer das selbe aussagen und sich nur die Formulierungen ändern.“ Die Motivation zum Ideenaustausch, zum Ehrenamt müsse geweckt werden: „Die kommt aus einem selber, wenn man unzufrieden ist. Sehnsüchte und Träume müssen geweckt werden. Wenn jemand in den Urlaub fahren will, spart er ja auch von sich aus.“

Und das sei auch ein Grund für ihn gewesen, in den Betriebsausschuss zu gehen: „Andere Ausschüsse haben konkrete Aufgaben. Aber kein anderer Ausschuss hat die Möglichkeit, so ausführlich zu diskutieren.“ Sein Rezept für eine erfolgreiche Mitarbeit: „Ich lese die Unterlagen durch, die man mir zuschickt. Und dann versuche ich, nicht betriebsblind zu werden. Ich gehe da unbefangen ran. Die Idee mit den Jugendräumen (SZ berichtete) war eigentlich nur logisch nahe liegend, auch wenn das nicht mein Metier ist.“