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Von Holland nach Hainewalde

Viola van Haver und Maikel Gijsbers zeigen am Sonntag interessierten Besuchern ihr Umgebindehaus. Künftig sollen Gäste hier regelmäßig ein und aus gehen.

Von Jan Lange
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Der ehemalige "Felsenkeller" in Hainewalde soll wiederbelebt werden. Dieses Ziel haben sich zwei Holländer vorgenommen, die das Umgebindehaus unweit des Schlosses gekauft haben.
Der ehemalige "Felsenkeller" in Hainewalde soll wiederbelebt werden. Dieses Ziel haben sich zwei Holländer vorgenommen, die das Umgebindehaus unweit des Schlosses gekauft haben. ©  Rafael Sampedro

An ihren ersten Besuch in Hainewalde können sich Maikel Gijsbers und Viola van Haver gut erinnern. Neun Jahre liegt der zurück. Genau eine Woche nach der Flut kamen sie im Sommer 2010 hierher. "An jeder Ecke lag Sperrmüll, vieles war noch überschwemmt", erzählen die beiden Holländer. Zuhause haben sie von der Katastrophe nichts gehört. Und nun standen sie vor gesperrten Brücken und überfluteten Häusern. Dennoch gefiel ihnen der Ort, vor allem die Umgebindehäuser. Deren Bauweise kannten sie aus ihrer Heimat nicht. "Bei uns gibt es entweder Häuser, die nur aus Holz sind, oder nur aus massivem Stein", erklärt der IT-Spezialist. Eine Kombination aus beiden sahen sie bis dato noch nicht. Sie wollten selbst ein solches Haus erwerben.

Auf die Oberlausitz aufmerksam machten sie Freunde aus dem Erzgebirge. "Für uns stand zuvor nur fest, dass wir nicht für immer in den Niederlanden wohnen wollten. Im Visier hatten wir Mitteleuropa. Doch wir sprachen kein Polnisch, Tschechisch oder ähnliche Sprachen", so Viola van Haver. Der Tipp mit der Oberlausitz kam ihnen da genau richtig. Eine bereits geplante Reise nach Prag wurde um eine zusätzliche Nacht in der Oberlausitz verlängert. "Wir haben uns hier sofort zu Hause gefühlt. Es ist wirklich wunderschön", zeigen sich die zwei Holländer begeistert.

Zuhause suchten sie im Internet nach Häusern, die zum Verkauf angeboten wurden. So stießen sie auf den "Felsenkeller". Der begeisterte sie wegen dem Doppelumgebinde. Das Haus hat keinen massiven Teil. Und auch das Gewölbe beeindruckte sie. Es befindet sich nicht im Keller, sondern auf der Ebene des Erdgeschosses. "Das sieht man fast nie", meint Maikel Gijsbers.

Während in Holland bei jedem Objekt eine Adresse angegeben ist, ist das in Deutschland nicht so. Und so mussten sie erst herausbekommen, wo sich der "Felsenkeller" genau befindet. Sie wussten nur so viel, dass das Haus an der Mandau liegt und davor ein Spielplatz ist. Über den Google-Suchdienst fanden sie schließlich die Adresse heraus. Der Spielplatz war dabei ein hilfreicher Hinweis.

So leicht war das Objekt aber nicht zu bekommen. Denn der "Felsenkeller" sollte zwangsversteigert werden. Deshalb konnten sie ihn nicht direkt vom Makler kaufen, sondern mussten zur Versteigerung bei Gericht gehen. Im Mai 2011 kamen sie für zwei Tage in die Oberlausitz, campten im Trixi-Park bei niedrigen Temperaturen. "Aber diese zwei kalten Nächte sind es wert gewesen", findet Maikel Gijsbers.

Nachdem sie das Umgebindehaus in Hainewalde erworben hatten, dauerte es noch einige Monate, bis sie von der früheren Eigentümerin die Schlüssel erhielten. Deshalb begann der Umbau erst 2012. Seitdem haben sie das Hauptgebäude umfassend renoviert. Zuerst wurde die Holzkonstruktion instand gesetzt. Die für das Fachwerk zu großen Fenster wurden wieder verkleinert, die alte Toilettenanlage abgerissen, die kleine Blockstube ausgebaut und das Dach des Anbaus auf der Hinterseite erneuert. 2017 wurde der große Saal abgerissen und im Vorjahr das Dach des Umgebindehauses erneuert. Alle fünf Wochen reisten sie dafür aus Holland an und verbrachten auch jeden Urlaub in ihrer neuen Wahlheimat. 

Die Holländer waren sich von Anfang an bewusst, dass sie einige Jahre für die Sanierung des Hauses brauchen würden. Von fünf Jahren gingen sie aus. Daraus sind mittlerweile acht Jahre geworden. Der Hausschwamm kostete sie ein Jahr, ebenso wie der Abriss des großen Saals. Für den Abriss fanden sie lange keine Firma mit freien Kapazitäten und mussten das Vorhaben immer wieder verschieben.

Und noch ist das Bauvorhaben nicht abgeschlossen. Dieses Jahr errichteten sie den neuen Anbau. Er wird als Küche und Sanitärbereich für die geplante Gaststätte genutzt. Die beiden Holländer wollen die gastronomische Vergangenheit des Hauses wiederbeleben. In Holland übernahmen sie schon für einen Verein ehrenamtlich die Gastronomie bei Festen. Nun wollen sie den Ausschank von Speisen und Getränken zu ihrem Beruf machen. Viola van Haver kündigte bereits ihren Job als Beschwerdemanagerin eines großen Taxibetriebes.

"Sobald Küche, Sanitär und Kneipe fertiggestellt sind und alle Bürokratie erledigt ist, wollen wir, wenn möglich noch dieses Jahr die Kneipe offiziell eröffnen", kündigen die Holländer an und fügen hinzu, dass vielleicht schon ein kleiner Imbiss in den Sommermonaten angeboten werden kann. Bereits jetzt postet Viola van Haver regelmäßig Gerichte bei Facebook. Das sei eine Kombination aus Probekochen und Leidenschaft, erklärt sie.

Ziel sei es von Mittwoch bis Montag ab dem Mittag zu öffnen. Vor allem sollen die Gäste auch abends kommen können. 

Nächstes Jahr soll auch die Terrasse fertig sein. Dafür wird die alte Kegelbahn abgerissen. Mit dem Denkmalschutz sei das abgesprochen. Die Terrasse entspricht dem ursprünglichen Zustand, wie sie von einer alten Postkarte von 1900 wissen.

Spätestens mit der Eröffnung der Gaststätte wollen sie ihren Wohnsitz nach Hainewalde verlagern. Derzeit pendeln sie noch zwischen der Oberlausitz und Holland hin und her. Am Sonntag sind sie aber in Hainewalde. Dann ist Tag des offenen Umgebindehauses und die Holländer öffnen ihr Haus für interessierte Besucher. Bereits vor zwei Jahren waren sie dabei. Damals gingen die Macher des Umgebindehaustages davon aus, dass zwischen 30 und 50 Besucher kommen. Letztlich schauten sich fast 300 Leute im "Felsenkeller" um. Deshalb bieten sie diesmal Hausführungen zu bestimmten Zeiten an: 11.30, 13.30 und 15.30 Uhr.

Was sonst noch los ist zum Umgebindehaustag und welche Häuser besichtigt werden können, erfahren Interessierte hier

Eine Postkarte mit der Ansicht des alten "Felsenkellers" in Hainewalde.
Eine Postkarte mit der Ansicht des alten "Felsenkellers" in Hainewalde. © Privatarchiv

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