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Von Promnitz in die ganze Welt

Das Schloss ist Wiege des sächsischen Uradels. Dem Verfall kann es scheinbar trotzdem nicht entrinnen.

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Die Löcher in den Dächern werden immer größer und die ersten Unkenrufe laut, dass Schloss Promnitz bald in sich zusammenfällt. Dabei ist das Haus an der Elbe nicht nur aus Sicht des Denkmalschutzes von Bedeutung, sondern gleichzeitig auch Wiege einer der bedeutendsten Familien des sächsischen Uradels – derer von Promnitz.

Fürstbischof von Breslau Balthasar von Promnitz (links) und sein Neffe zwölften Grades Franns Promnitz von Promnitzau im Schloss Promnitz. Fotos: privat, Alexander Schröter (Archiv)
Fürstbischof von Breslau Balthasar von Promnitz (links) und sein Neffe zwölften Grades Franns Promnitz von Promnitzau im Schloss Promnitz. Fotos: privat, Alexander Schröter (Archiv)

Als Stammvater wurde Herrmann von Promnitz, Forstmeister von Heinrich dem Erlauchten, im Jahr 1270 erstmals erwähnt, weiß Nachfahre Franns Promnitz von Promnitzau. Der Organist, Erzähler und Spezialist für alte Musik aus Leipzig beschäftigt sich seit Jahren mit der Familiengeschichte. Bis etwa 1430 wurde das Schloss von der Adelsfamilie bewohnt – und auch in Röderau, Böhla oder Zehren rühmten sich die von Promnitz zahlreicher Besitztümer. 1324 erhielt Ritter Nicolaus vom Promnitz zudem das noch heute verwendete Stammwappen – als Lohn für kämpferische Verdienste in der Schlacht bei Mühldorf 1322. Über zwei Jahrhunderte später kam eine weitere Auszeichnung dazu: Kaiser Ferdinand I. erhob alle Mitglieder der Familie in den Reichsfreiherrenstand, sodass sich auch der Leipziger Musiker mit dem Titel schmücken darf. Sein voller Name: Franns Wilfried Horst Freiherr Promnitz von Promnitzau.

Wie es damals in Promnitz tatsächlich ausgesehen hat, weiß er selbst allerdings nicht. „Es müsste mal eine baugeschichtliche Untersuchung geben. Es ist leider nicht belegt, wie sie damals gelebt haben“, sagt Franns Promnitz von Promnitzau. Das heutige Aussehen verdankt das Rittergut nämlich derer von Wolffersdorffs, die es im 18. Jahrhundert im Stil des Barocks umbauen ließen. Auch ist von Promnitzau unklar, warum seine Urahnen damals überhaupt die Gegend verlassen haben. „Die Landbesiedlung im Osten war sicher ein Grund“, sinniert er. So zog es seine Ahnen ab dem 14. Jahrhundert vor allem nach Schlesien und Pirna, im 19. Jahrhundert sogar nach Amerika, Australien und Südafrika.

Der erste Prominente der Familie wurde indes vor genau 525 Jahren geboren: Balthasar von Promnitz. Er war ab 1539 als Bischof und Landeshauptmann gleichzeitig weltliches und geistliches Oberhaupt von Schlesien, so Franns Promnitz von Promnitzau. Der Onkel zwölften Grades, der mit Pleß, Sorau und Triebel die bedeutendsten Güter für die Familie erwarb, wurde in der Kirche in Neiße im heutigen Polen begraben. Ein hölzernes Abbild erinnert dort noch immer an ihn. Populär war auch der promnitzsche Stadtadel von Pirna. Die Familie stellte dort bis ins 17. Jahrhundert sechs Bürgermeister, das Wappen ziert noch heute das frisch sanierte Marieneck. Europaweit gibt es laut Franns Promnitz von Promnitzau über 20 Schlösser mit dem Familiennamen. Das letzte Anwesen wurde 1861 im Pleßer Forst auf heute polnischem Grund als Jagdschlösschen erbaut. Es ist mittlerweile ein hochklassiges Hotel unter dem Namen Residence Promnice.

Dass auch im Schloss Promnitz an der Elbe einmal ein Hotel einziehen könnte, hält Franns Promnitz von Promnitzau derzeit für reine Illusion. Die angekündigten und dringend notwendigen Sicherungs- und Umbauarbeiten durch die ERE Zweite Real Estate Projektgesellschaft aus Hamburg blieben bisher aus. Auf Anfragen der SZ reagierte das Unternehmen bisher nicht. Umtriebig ist man derzeit scheinbar nur auf der Facebook-Seite des Schlosses, wo es immer mal wieder neue Bilder vom alten Rittergut gibt.

Die Freundeskreise der ehemaligen Nachfahren sind indes eingeschlafen. Nachdem von Promnitzau am geringen Interesse aus der Region und des Besitzers scheiterte, gibt es auch bei den von Wolffersdorffs, die im Vorjahr mit dem Kauf des Schlosses scheiterten, nichts Neues. Sie gründeten Anfang des Jahres einen Freundeskreis gegen den Verfall des Denkmals, aktuelle Nachrichten gibt es auf der Homepage aber schon seit Wochen nicht. Trotzdem wünscht sich Franns Promnitz von Promnitzau zumindest eine bessere Beschilderung am Elberadweg. Für Vorbeifahrende ist derzeit nicht zu erkennen, um welches Schloss es sich hier überhaupt handelt, kritisiert der Musiker. (SZ/ste)