Von Tom Vörös
Dynamo Dresden wird diese Woche sicherlich nicht anrufen, um sie abzuwerben. Dafür schoss die Sängerin mit dem klangvollen Namen Sharon Janny den Adel die ihr vom Publikum zugespielten bunten Bälle zu oft sympathisch daneben.
Zu diesem Zeitpunkt gab es für die Fans der holländischen Symphonic-Metal-Band Within Temptation allerdings schon lange kein Halten mehr. Bereits bei Lied Nummer drei, „In the Middle of the Night“, sang sich eine prall gefüllte Junge Garde in einen ersten Partyrausch. Denn die fähige Sängerin hat ein fast ebenso ausgeprägtes Talent als Animateurin. Die berufsjugendlich wirkende Sharon Janny den Adel musste aber einsehen: So wirklich jung war das Publikum in der Dresdner Freilichtbühne im Schnitt dann doch nicht mehr. Die Band hatte ihre erste Hochkitschphase vor fast 20 Jahren. Kitsch, weil man die damaligen, auf dunkle Mystik getrimmten Musikvideos heute nur noch unter leichten Wehwehchen betrachten kann. Doch mit dem aktuellen Album „Resist“ beweisen Within Temptation eindrucksvoll, dass selbst in konservativeren Metal-Gefilden eine durchaus hörenswerte Hinwendung zum Zeitgeist möglich ist. Die neueren Weisen vibrieren nun weitaus elektronischer, ohne an mitsingtauglichem Pathos zu verlieren. Der Lohn: erstmals Platz eins in Deutschland. Within Temptation beglücken nicht nur Nischen, sondern bewegen Massen. So auch vergangenes Wochenende in Wacken, beim größten Metal-Festival in Deutschland.
Gut, die Band war noch nie bekannt dafür, Musik für Musiker zu machen. Und Lieder wie „Paradise (What About Us?)“ könnten mit ihrer Dunkelschlager-Qualität auch von Helene Fischers imaginärem bösen Zwilling vorgetragen werden. Doch das alles ist bei Within Temptation sehr verschmerzbar, ja fast angenehm, da vor allem die gut aufgelegte Sängerin zu den besten ihrer Zunft gehört. Mit ihrer glockenhellen, hohen, doch weichen Stimme lässt sie nicht nur die Holländer auf der Bühne fliegen, auch das Publikum checkt willig ein und hebt Hände in den Himmel. Lieder wie „Faster“ lassen keine Zeit für Zwischenstopps, und wenn, dann bezaubert die Sängerin als „Ice Queen“ akustisch, bevor die Band erneut als „Supernova“ harmonisch explodiert. Da stört es kaum, dass manche Effekte und Stimmen vom Band kommen, kurz die Augen reiben und weiter geht’s.
Irgendwann teilt die Sängerin ein Glas Rotwein mit den Fans, bekommt dafür eine Rose – und besagte bunte Fußbälle. Vielleicht sollte sich Dynamo Dresden die Band zumindest musikalisch vormerken.