Von Heinz Bergmann
Im Jahr 1889 wurde anlässlich des 800. Bestehens des Hauses Wettin in Sachsen auf dem Platz Altstriesen das Wettin-Denkmal errichtet. Das damalige Jubiläum ging auf den Februar 1089 zurück, als auf dem Reichstag zu Regensburg der Kaiser Heinrich IV. den Markgrafen der Niederlausitz, Heinrich von Eilenburg aus dem Hause Wettin, mit der Mark Meißen belehnte. Seitdem herrschte das Haus Wettin bis 1918 in Sachsen.
Die Striesener hatten eigentlich gar keine besondere Beziehung zum Hause Wettin, um diesen Schritt zu rechtfertigen. Im Gegenteil, die Wettiner mieden Striesen auf ihrem Weg nach Pillnitz. Bis zum Jahre 1768 führte die Pillnitzer Landstraße von der Geisingstraße (Grunaer Weg) kommend durch das Dorf bis in die Nähe des Polandplatzes. Der offenbar holprige und mit Verunreinigungen versehene Weg durch das Dorf störte den kurfürstlichen Hof auf seiner Reise zur Sommerresidenz. Deshalb wurde eine Straße angelegt, die an der Geisingstraße geradeaus führte (Schandauer Straße) und das Dorf umging.
Vorteile für Striesen im Blick
Der Gemeindevorstand unter Ernst Emil Clauß hatte für das Denkmal aber offenbar seine Gründe, denn Striesen wollte schon frühzeitig nach Dresden und erhoffte sich vielleicht ein gutes Wort aus dem Königshaus. Ein erster Antrag von 1876 wurde wegen Problemen mit Johannstadt noch abgelehnt. Ein zweiter Anlauf hatte dann am 1. Juli 1892 Erfolg. Die Eingemeindung wurde in einem Festakt mit Dresdens Bürgermeister Stübel im Striesener Gemeindehaus besiegelt.
Doch zurück zum Wettin-Denkmal, das eine Gedenksäule in Form eines Obelisken aus wahrscheinlich schwarzem Marmor darstellte und die Inschrift mit Wappen trug: „Zur Erinnerung an die 800-jährige Jubelfeier des Hauses Wettin. Die Gemeinde Striesen.“ Die Gedenksäule stand auf einer quadratischen Grundfläche als Sockel und war mit einem Eisengitter umzäunt. Die Inschrift zeigte auf die Nordseite des Dorfplatzes Altstriesen, auf dem sich neben Gärten früher auch einige Restgewässer des Landgrabens in Form von Teichen befanden. Diese Restgewässer entstammten einem alten Elbarm, aus dem um 1300 zur Entwässerung und Verteidigung ein Landgraben angelegt wurde. Der kleine Weg in Striesen „Am Landgraben“ erinnert noch daran. Im Jahre 1876 wurde der Landgraben von Gruna aus über die Lauensteiner Straße zur Elbe und nicht mehr durch Striesen geführt.
Im Jubeljahr der Wettiner wurden an der Nordseite des Dorfes Altstriesen die alten Häuser abgerissen und vierstöckige Häuser (Wettinhäuser), die ersten Häuser in Striesen in geschlossener Bauweise, errichtet. In den Wettinhäusern siedelten sich bekannte Geschäfte an, so der Bäcker Troschütz in Altstriesen 23 und im Eckhaus Altstriesen/Markgraf-Heinrich-Straße die Schokoladenfabrik Bruno Clauß.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erhielt der Dorfplatz, der anfangs den Namen Wettinplatz trug, eine neue Bezeichnung: Markgraf-Heinrich-Platz, die er beibehielt, bis er in den 1930er-Jahren in Altstriesen umbenannt wurde. Der Platz war mit Gärten und Bäumen besetzt. Im Zweiten Weltkrieg mussten die Gärten weichen. Dabei ließ man das in der Platzmitte befindliche Wettin-Denkmal im Wesentlichen unberührt. Der östliche Teil des Platzes in Richtung Eilenburger Straße erhielt eine Art gemeinschaftlichen Luftschutzkeller. Auf dem westlichen Teil – in Richtung Landgraben – erbaute man ein Wasserbassin, das Wasser für Löschzwecke bereitstellen sollte.
Das Wasserbecken und der Schutzgraben wurden nach dem Krieg mit viel Mühe wieder entfernt. Man entschied sich für eine Platzgestaltung mit Wiese, Blumen und Bänken. Um 1960 wurden auf dem Platz Garagen errichtet, und vom Platz ist heute nichts mehr zu erkennen. Das Wettin-Denkmal hat den Angriff auf Dresden überstanden, wurde aber später abgetragen. Über den Verbleib des Denkmals ist nichts bekannt.