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Vor 150 Jahren wurde der Meißner Heinrichsbrunnen enthüllt

Kaum zu glauben: Schon damals gab es Förderprogramme. Meißen konnte davon profitieren.

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Von Günter Naumann

Zuerst war ein leerer Fleck. Als 1859 die Hauptwache auf dem Platz vor der ehemaligen Franziskanerklosterkirche abgerissen, lag der Gedanken nahe, jetzt etwas für die Verschönerung dieses Platzes zu unternehmen. Die Gelegenheit war günstig, denn es gab zu jener Zeit ein Förderprogramm, über das für die künstlerische Aufwertung des Stadtbildes staatliche Zuschüsse flossen.

Man einigte sich auf einen entsprechend gestalteten Brunnen, der auf diesem Platz aufgestellt werden sollte und stellte am 26. Januar 1860 einen diesbezüglichen Förderantrag. Fördermittel wurden jedoch nur für die Anfertigung der Brunnenfigur genehmigt. Das bereits 1862 in Sandstein ausgeführte Brunnenbassin entwarf Georg Hermann Nicolai, Professor für Baukunst an der Dresdner Kunstakademie und dort Nachfolger von Gottfried Semper.

Zuerst sollte es Misnia sein

Zur Brunnenfigur gab es zunächst unterschiedliche Meinungen. Zunächst plädierte man für eine allegorische Frauenfigur, eine den Weinbau symbolisierende „Misnia“, entschied sich aber letztlich für ein Standbild Heinrichs I. Dieser deutsche König hatte unmittelbar nach seinem Sieg über die Slawen auf dem heutigen Meißner Burgberg eine Befestigungsanlage anlegen lassen, aus der sich die Reichsburg Meißen entwickelte, in deren Schutz die Stadt Meißen entstand.

Das Standbild Heinrichs I. modellierte der Rietschel-Schüler Robert Henze. Ausgeführt wurde es ebenfalls in Sandstein. Die Herstellung des gusseisernen Sockels für das Standbild übernahm das Meißner Jacobi-Werk. Die Enthüllung des Standbildes erfolgte am 23. April 1863. Damit war der Heinrichsbrunnen vollendet und prägt seitdem den Platz vor der ehemaligen Franziskanerklosterkirche, für den der Stadtrat bereits am 20. April 1863 den Namen „Heinrichsplatz“ beschlossen hatte. Der Heinrichsbrunnen war als Schöpfbrunnen auch Teil der öffentlichen Wasserversorgung in Meißen. Sein Vorgänger in dieser Funktion war ein einfacher steinerner Wassertrog, welcher ebenso wie der Heinrichsbrunnen das Wasser über die Röhrfahrt aus den im Meisatal abgetäuften Brunnen erhielt.

Wasser kam aus der Röhrfahrt

Bereits 1892 waren erhebliche Reparaturen am sandsteinernen Brunnenbassin erforderlich. Insbesondere waren die Schöpftröge und die als Löwenköpfe ausgeführten Wasserspeier vollständig zu erneuern.

In den Jahren 1988/1989 musste schließlich das alte Brunnenbassin vollständig abgetragen und durch eine Kopie ersetzt, die Brunnenfigur hingegen lediglich restauriert werden. Die Bauübergabe des erneuerten Heinrichsbrunnens erfolgte am 4. Oktober 1989 „zu Ehren des 40. Jahrestages der DDR“. Weil sich aber das Bassin als undicht erwies, erhielt es 1993 eine Blei-Auskleidung, woraufhin der Heinrichsbrunnen im Mai 1993 wieder in Betrieb gehen konnte. Der Heinrichsbrunnen war noch bis 1962 mit fließendem Wasser aus der mittelalterlichen Röhrfahrt gespeist worden. Seitdem wird das Wasser im Kreislauf gepumpt.

Die für die Baugeschichte des Heinrichsbrunnens wichtigen Jahreszahlen 1863, 1892 und 1989 kann man übrigens auch am Brunnenbassin entdecken.

Zutaten von 1995 sind die um den Brunnen in das Pflaster eingelassenen Hochrelief-Bronzen. Dies sind eine Plakette mit dem Fantasie-Bildnis König Heinrichs I. und der Umschrift „Rex Henricus“ (richtig gewesen wäre „Henricus Rex“) sowie ein umlaufendes Schriftband mit dem Text: „Hier ließ er einen nahe der Elbe gelegenen, mit dichtem Wald bestandenen Berg roden und legte dort eine Burg an, die er nach einem an der Nordseite vorbeifließenden Bache Misni nannte“.

Dieser Text wurde der von Bischof Thietmar von Merseburg 1009/1018 in Latein verfassten achtbändigen Chronik entnommen und anschließend ins Deutsche übersetzt.