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Vor jeder Bestattung nervös

Neusalza-Spremberg. Tobias Wendler arbeitet auf dem Friedhof, ein Job, der ihm körperlich und seelisch viel abverlangt.

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Von Daniela Pfeiffer

An manchen Tagen fällt Tobias Wendler sein Job besonders schwer. Wenn er wie vor wenigen Monaten eine junge Mutter von drei Kindern zu Grabe tragen muss. Dann findet er es besonders wichtig, nach Feierabend zuhause darüber zu reden. „Das geht mir schon sehr nahe und begleitet mich lange Zeit“, sagt der 48-Jährige.

Tod bleibt ein Tabuthema

Bestattungen hat Tobias Wendler mehrmals pro Woche. Dazu gehört für ihn, das Grab auszuheben, aber auch Urne oder Sarg in die Erde zu senken. Und das als gelernter Landmaschinen- und Motorenschlosser. „Nach der Wende habe ich zunächst eine ABM auf dem Friedhof gemacht und den Beruf Friedhofsgärtner dann richtig gelernt“, erzählt Wendler. Im Bekanntenkreis hat das zunächst durchaus für Be- und Verwunderung gesorgt.

Denn Tobias Wendlers Beruf ist zweifels ohne einer über den man nicht spricht. Zu nah ist er mit dem Thema Tod verbunden. „Es ist in vielen Familien leider immer noch ein Tabu, darüber zu reden“, seufzt Wendler. „Dabei wäre es so wichtig, vor dem Tod zu klären, wo und wie jemand bestattet wird.“ Tobias Wendler sieht sogar die gesamte Grabkultur bedroht, weil der Trend immer mehr zur Bestattung in anonymen Sammelgräbern gehe.

Auf dem Hauptfriedhof von Neusalza-Spremberg – einem von drei Friedhöfen, die Wendler mit seinen Mitarbeitern betreut – gibt es 1077 Grablager. Wer wo wie tief liegt, darüber gibt es genaue Pläne. Das ist wichtig für die Platzierung weiterer Urnen und Särge. Gegraben wird 90Zentimeter für eine Urne, für einen Sarg noch tiefer.

Mit Feuer gegen Bodenfrost

Das ist auf dem Hauptfriedhof nicht immer leicht. „Wir haben hier äußerst felsigen Untergrund“, berichtet Tobias Wendler. Schwere Technik wie auf größeren Friedhöfen hat er nicht zu Verfügung. Schwerstarbeit mit dem Spaten ist da angesagt. Was besonders bei Bodenfrost zum Problem werden kann. „Dann graben wir nicht am Tag der Beisetzung, sondern fangen ein, zwei Tage eher an“, erklärt er. Sogar mit Feuer wird dann gearbeitet, damit die Erde auftaut.

Zur Arbeit als Friedhofsmeister gehört neben den gärtnerischen Tätigkeiten auch das menschliche: Trauergäste begrüßen, mit ihnen Grabstellen aussuchen, bei der Bestattung anwesend sein. „Das wird nie zur Routine, es ist immer eine Herausforderung“, sagt Wendler. „Ich habe vor jeder Beerdigung Lampenfieber. Wenn ich die Angehörigen kenne, sogar noch mehr.“

Einmal war er selbst Angehöriger. Sogar für den eigenen Vater hat Tobias Wendler das Grab ausgehoben. „Bei Verwandten fühle ich mich sogar verpflichtet, diese Arbeit selbst zu machen“, so der Familienvater.