Mehr Demut als Lehre aus der Krise

Ohne Frank Reimann hätte es am Freitag das Treffen von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer mit seinem polnischen Amtskollegen auf der Görlitzer Altstadtbrücke zwar auch gegeben, aber die Politiker hätten sich kaum verstanden. Reimann sorgte für die Beschallungstechnik. Über seine Erfahrungen mit der Corona-Zeit berichtet er hier:
"Die Veranstaltungsbranche war eine der ersten, die wegen der Corona-Pandemie ihre Arbeit einstellen musste. Und sie wird wahrscheinlich auch die letzte sein, die wieder in gewohntes Fahrwasser zurückkehren kann. Großveranstaltungen wie Konzerte und Messen mit mehreren hundert oder tausend Besuchern gibt es mindestens bis Ende August dieses Jahres nicht. Hochzeiten mit 50 oder 100 Gästen auch nicht, obwohl bei uns dazu viele Nachfragen eintreffen. Wann es wieder losgeht, weiß heute noch keiner.
Die jetzigen Lockerungen der Einschränkungen helfen unserer Veranstaltungsbranche überhaupt nicht. Es ist eine schwierige Situation für uns. Auch wenn ich weiß, dass meine Firma die Krise überstehen wird. Wir haben vorgesorgt. Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Ich habe das Kurzarbeitergeld von Anfang an aufgestockt. Aber nicht nur deswegen halten sie alle zur Stange.
Zeit für eine neue Website
Die eventfreie Zeit brachte uns aber keine Langeweile. Wir haben interne Betriebsabläufe aktualisiert und effektiver gestaltet. Eine neue Internetseite ist entstanden. Ich konnte viele Dinge erledigen, für die sonst im alltäglichen Geschäft keine Zeit blieb.
Und ich schaltete einen Gang zurück. Ich nahm Dinge wahr, die ich sonst einfach vor lauter Stress und Arbeit übersehen habe. Der Lebensrhythmus ist tatsächlich ein anderer geworden. Ich habe Zeit gehabt, morgens auch mal auszuschlafen. Meiner Gesundheit tut dieser andere Lebensrhythmus gut. Ich entdecke vieles in Görlitz wieder und nehme mir die Zeit, zum Beispiel mal in die Brotmanufaktur zu gehen.
Wir sind glimpflich davongekommen
Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken. Deswegen frage ich mich, ob wir künftig nicht viel mehr auf Regionalität setzen und die Fokussierung auf die Globalität zurückfahren sollten. Vor allem: Ein wenig mehr Demut sollte uns die Pandemie lehren.
Dankbar bin ich dafür, dass wir so glimpflich davongekommen sind und nicht so viele Kranke und Tote beklagen müssen wie in anderen Ländern. Das liegt meiner Meinung nach vor allem an den schnell eingeleiteten Einschränkungen des öffentlichen Lebens und daran, dass sich die meisten Menschen an die Regeln halten."