Von Ralph Schermann
Den bevorstehenden Wegfall der Grenzkontrollen in einem Monat spüren Handelseinrichtungen und Sicherheitsunternehmen derzeit unterschiedlich. „Das ist für uns noch kein Thema“, sagt zum Beispiel Ilona Markert, Geschäftsführerin des Görlitzer Hertie-Warenhauses. Zwar ist gerade beim Ladendiebstahl der Ausländeranteil hoch, doch „wer klauen will, der klaut doch auch schon jetzt.“ Das zu erkennen, wird das Personal regelmäßig geschult, alles weitere müsse man in Ruhe abwarten, sieht Ilona Markert die Grenzänderungen gelassen.
Nur wenige Anfragen
Diese Sicht bestätigen auf Anfrage Hannelore Bundmann und andere Kaufhausdetektive bei Hertie und weiteren Görlitzer Handelseinrichtungen. Sie haben in den vergangenen Wochen weder eine deutliche Zunahme von Ladendiebstahl registriert noch erwarten sie eine.
Ihr Chef, Lutz Thalheim von der Power GmbH Hamburg/Dresden, setzt allerdings auf erhöhte Wachsamkeit: „Ich glaube schon, dass sich da etwas tun wird“. Noch erkennt er zwar keine steigenden Anfragen aus Handel und Wirtschaft, rechnet aber damit. Ein nicht genannt sein wollender Wachmann einer Görlitzer Security-Einrichtung formuliert es deftiger: „Die Handelsketten investieren doch erst dann in mehr Sicherheit, wenn das Parfümregal zum fünften Mal leergeräumt wurde.“
Dass es dennoch bereits Firmen gibt, die den Schengen-Eintritt mit besonderer Vorsicht erwarten, bestätigt Jutta Franke, Büroleiterin der Görlitzer Siba Sicherheitsdienste GmbH. „Wir haben schon seit Wochen mehr Streifen unterwegs, und es gibt auch einige Objekte, die wir nachts dauerhaft mit Wachpersonal besetzen“, sagt die mittelständische Unternehmerin, deren Wachleute auch eigene Hunde einsetzen. Es sind vor allem Autohäuser in Gewerbegebieten am Rand der Stadt, die bei der Siba GmbH verstärkte Dienste anfordern.
Kein Ruf nach Waffen
„Die anderen Branchen sind da zurückhaltender, doch ein paar Nachfragen nach unseren Leistungen gab es im Zusammenhang mit Schengen schon“, bestätigt Jutta Franke. Noch sind die zusätzlichen Wachdienste aus dem vorhandenen Bestand zu leisten. Sollten nächstes Jahr weitere Aufträge dazukommen, müsste sie über neue Einstellungen nachdenken, sagt die Inhaberin einer der wenigen Wachdienste, die ihren Hauptsitz direkt in Görlitz haben: „So gesehen könnten die wegfallenden Grenzkontrollen Arbeitsplätze schaffen.“ Von solchen Vorstellungen ist Anja Mittrach weit entfernt. Die Inhaberin des „Depot 3“ am Görlitzer Obermarkt spürt von Schengen „überhaupt gar nichts“. Nicht ein Görlitzer fühle sich so unsicher, dass er zur Schreckschuss- oder Gaswaffe greifen müsse. „Da gehen im Verkauf ja Luftgewehre besser“, sagt Anja Mittrach. Allenfalls Pfefferspray wird gut verkauft. „Aber mit Schengen hat das bestimmt nichts zu tun“, vermutet sie.
Nicht verunsichern lassen
Im Ordnungsamt ist das bekannt. Immerhin wird für das Führen von Gaspistolen ein „Kleiner Waffenschein“ benötigt, der für eine Gebühr von 50 Euro beantragt werden muss. „Es gibt aber auch in jüngster Zeit keine vermehrt gestellten Anträge darauf“, sagt Rathaussprecherin Kerstin Scholz. Die Zahl von bisher 75 erteilten Genehmigungen bleibe relativ konstant.
Auch die Nachfragen bei Wolfgang Trautmann von der Görlitzer Kripo-Beratung Otto-Müller-Straße blieben bisher konstant. „Mit Schengen als Hintergund machen sich die Görlitzer keine besonderen Gedanken“, sagt der Polizeibeamte. Er sieht es wie eingangs schon Ilona Markert: „Erst einmal abwarten, ob sich tatsächlich viel ändert. Persönliche Sicherheit ist wichtig, ein gutes Maß an Vorsicht auch – aber die Bürger sollten sich keinesfalls verunsichern lassen.“
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