Von Cornelia Mai
Um die 2 500 Besucher hat Monika Herzog im vergangenen Jahr im Reiterhaus begrüßen können. „Seit Jahren hat sich die Gästezahl so um die 3 000 eingepegelt“, erzählt sie. Vorrangig sind es Erwachsene, die sich für die Umgebinde-Bauweise interessieren. Sie kommen mit Reisebussen, als Tagesausflügler oder Wanderer zu einem der ältesten Umgebindehäuser auf deutscher Seite. Das Reiterhaus von Neusalza-Spremberg – auch als Wahrzeichen der Stadt bekannt – ist zweifellos eine Besonderheit. Der ältere Gebäudeteil soll um 1660 erbaut worden sein. Durch einen späteren Anbau hat der Grundriss heute die Form eines „L“. Seinen Namen verdankt das Haus der hölzernen Reiterfigur am Westflügel, die auf einen alten Brauch zurückgeht.
Heute fungiert das Denkmal als Museum. Hier lässt sich die Lebensweise der Kleinbauern, Hausweber und Handwerker im 19. Jahrhundert sehr gut nachempfinden. Typische Arbeitsmittel, Gerätschaften und Einrichtungsgegenstände werden im Längstrakt gezeigt. Aber auch die Kunst hat hier eine Plattform gefunden. Fünf Ausstellungen plant Monika Herzog jährlich im Obergeschoss des Westflügels. Die Sonderschau zur Korbmachergeschichte zog voriges Jahr auch viele Kindergruppen an. Doch während die Mädchen und Jungen vorwiegend aus der Region stammten, kommen die älteren Besucher aus aller Welt: Viele aus Österreich und der Schweiz, aber auch aus Frankreich, England, Holland und selbst aus Australien und den USA konnte Monika Herzog hier schon Gäste begrüßen.
Neben der Architektur interessieren sie sich auch für die Sonderausstellungen der regionalen Künstler und Kulturschaffenden. Dass sie dafür eine sehr steile Stiege emporkraxeln müssen, störe kaum jemanden: „Schließlich war der Anbau einst als Altenteil errichtet worden“, erzählt die Kulturverantwortliche der Stadt. Und was man damals seinen Alten zugetraut hat, das trauen sich auch jetzt die meisten Senioren zu. Schafft es jemand doch einmal nicht hinauf, findet Monika Herzog trotzdem eine Lösung, ihm den Besuch im Reiterhaus angenehm zu gestalten.
Wie in einer Puppenstube fühlt man sich im Obergeschoss. Die niedrigen kleinen Räume sind für manche Ausstellung aber gerade deshalb bestens geeignet. So auch für die aktuellste Schau. Vier Frauen aus der Regionalgruppe Sachsen-Anhalt/Sachsen des Kunstvereins Encaustic Weilheim zeigen hier seit Sonnabend „Kostbarkeiten der Wachsmalkunst“. Hannelore Thiem und Margot Wolf aus Halle sind nicht zum ersten Mal in Neusalza-Spremberg. Sie haben hier schon Malwochen abgehalten und auch ausgestellt. Der Kontakt kam durch Sonja Neumann zu Stande, die ihrer Gruppe angehört und in Neusalza-Spremberg wohnt. Vierte im Bund ist Ute Lehmann.
Vorwiegend kleinere Bilder dieser vier Frauen sind in der Ausstellung zu sehen. Sie zeigen die ganz unterschiedlichen Vorlieben und Techniken, die jede von ihnen hat bzw. anwendet. Das sei das Schöne an der Encaustic, sagt Hannelore Thiem, „dass man so herrlich experimentieren, so vielfältig in der Darstellung sein kann“. Margot Wolf sagt von sich, eher etwas ungestüm zu sein. Doch der Wachsmalerei sei das nicht abträglich. Man sehe schnell Ergebnisse. Das stimme versöhnlich. Perspektive, Material, Farbgebung – über solche Dinge tauschen sich die Frauen in der Gruppe aus. Gemalt wird dann allein – aus einem ganz persönlichen Empfinden heraus. Und so trägt die neue Ausstellung zwar ein gemeinsames Merkmal, beim näheren Betrachten aber vier ganz eigene, persönliche Handschriften.