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Wärme kommt bald vom Feld

Heizen. Die Großenhainer Wärmeversorgung widmet sich intensiv neuen Energieträgern, um Preise stabiler zu machen.

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Von Birgit Ulbricht

Ein bisschen beunruhigt war die Führungsspitze der Großenhainer Wärmeversorgung schon, so Geschäftsführer Frank Mattat, als in der SZ zu lesen war, dass der Versorger Preisvorteile durch die neue Biogasanlage am Flugplatz an seine Kunden weiterreichen werde. Das Thema Energie weckt eben Begehrlichkeiten auf allen Seiten. Doch wie hoch dieser Vorteil am Ende wirklich ausfallen wird, darüber könne man zum jetzigen Zeitpunkt keine seriöse Aussage treffen. Noch dieses Jahr sollen die ersten beiden Biogas-Blöcke mit je 716 KW ans Netz gehen.

Preise liegen im Mittel

Von der Bio-Wärme werden vorerst Abnehmer im Preuskerviertel und am Remonteplatz profitieren. Die Wärmetrasse wird gerade gelegt. Dem ersten Testjahr, folgen zwei weitere, in denen die Wärmeversorgung verlässliche Erfahrungen sammeln will, wie die Anlagen am effektivsten laufen. „Das Problem ist, solche Anlagen für regenerative Energien müssen mit großem know how gefahren werden. Dafür braucht man richtig gute Fachleute. Wer zu früh in eine neue Technik einsteigt, geht ein hohes Risiko ein – und wir haben einen Versorgungsauftrag“, sagt Frank Mattat. Mattat ist als überregionaler Geschäftsführer der Harpen EKT eingesetzt. Die EKT – zu RWE gehörend – hält 74,5 Prozent der Anteile der Großenhainer Wärmeversorgung, die Stadt 25,5 Prozent. Reinhard Leubner führt als Geschäftsführer vor Ort das Unternehmen.

Eine möglichst flache Preis-Kurve wolle die Wärmeversorgung hinbekommen, so das Ziel des Unternehmens. Doch das wird zunehmend schwieriger. Noch liegen die Preise bei der Großenhainer Wärmeversorgung zwar im „sächsischen Mittel“, und das bei einem weit höheren Service als ihn andere anbieten, wie Mattat betont. Aber der Kleinversorger ist nah dran am Markt – was nichts anderes heißt, als entsprechende Abhängigkeit von den wirklich Großen. Schwankungen könnten schnell durchschlagen. Vor allem beim Gas, das die Wärmeversorgung zu 90 Prozent von der Enso bezieht. Öl macht nur etwa zehn Prozent der eingesetzten Ressourcen aus. In diesem Bewusstsein interessiert sich das Unternehmen schon lange für andere Energieträger. „Wir sind uns darüber im Klaren, dass unsere Kunde die hohen Energiekosten belasten und arbeiten intensivst an diesem Thema“, beschreibt Frank Mattat die Motivation des Hauses.

Seit fünf Jahren tüftelt die Wärmeversorgung mit Dresdner Ingenieuren an der Wirbelschichtvergasung. Noch zu Beginn nur mit Holzhackschnitzeln als Rohstoff denkbar, haben die Ingenieure jetzt Wege gefunden, dieses Verfahren auch mit Rohbraunkohle durchzuführen. „Das würde eröffnet uns neue Möglichkeiten“, so Reinhard Leubner. An einen Termin für den Bau eine Anlage ist dennoch nicht zu denken. Zu groß sind die technologischen Unwägbarkeiten. Weiter ist man da bei reinen Holzhackschnitzelanlagen. Im Külzviertel soll solch eine Anlage für 500 KW im Herbst gebaut werden. Doch selbst bei Holzhackschnitzeln heißt es zu klären, ob der Rohstoff überhaupt langfristig und zu stabilen Konditionen zur Verfügung steht. Bei Trend-Energieträgern wie Palmöl kommt die Frage dazu, ob der exotische Brennstoff auf Dauer sicher in die Region gelangt.

Gesellschaft hockt auf Altlast

Dennoch könnte die intensive Beschäftigung mit regenerativen Energieträgern der Wärmeversorgung just ein drückende Altlast klären helfen. Noch Jahre müssten Genossenschaft und städtische Wohnungsgesellschaft nämlich für ihre abgerissenen Wohnblocks die vereinbarten Grundkosten an die Wärmeversorgung zahlen. Letztere will ihre einstigen Investitionen bis Vertragsende refinanzieren – die Gesellschaften wollen die Last, für etwas zu zahlen, das es bereits nicht mehr gibt, endlich loswerden. „Wir haben in den 90er Jahren die alten Kohleanlagen abgerissen und in neue Trassen investiert und die schließlich vorfristig abgerissen – ohne Förderung wie die Wohnungsgesellschaften“, erklärt Mattat. Ein Kompromiss sei dennoch nach zähen Verhandlungen in Sicht. Die neuen Energieträger haben daran ihren Anteil.