Von Matthias Mory, Pfarrer in Oppach.
In diesen Tagen wird viel gewählt: Die Europawahl findet statt. In Sachsen werden Kreistage, Stadträte, Gemeinderäte, Ortschaftsräte gewählt. Die Ukraine will mit Präsidentschaftswahlen aus der Krise.
Wenn ich an die Worte Wahl und Demokratie denke, verbinde ich diese mit politischer Freiheit. Ich verbinde sie mit der Freiheit zu wählen, zu denken und selbstverständlich auch damit, in einer vielfältigen Gesellschaft nach gleichen Werten zu streben.
Es ist ein Kern der christlichen Botschaft, keinen Unterschied zwischen den Menschen zu machen. Nächstenliebe verlangt, sich dem anderen zuzuwenden - unabhängig von Aussehen, sozialem Stand, Geschlecht, Alter oder Herkunft. Nächstenliebe braucht Klarheit.
Aber stolpere ich nicht ständig über meine eigenen Werte und die anderer? Ist ein Sexualstraftäter genauso viel wert wie Nelson Mandela? Ist ein Mensch, der Kinder oder Frauen oder Männer misshandelt, genau so viel wert wie sein Opfer? Sind die, die Gesetzeslücken heimlich für sich ausnutzen, genau so viel wert wie fleißige, ehrliche Leute? Ist der, der 45 Jahre arbeiten konnte, mehr wert als der, der nach 20 Jahren keine Arbeit mehr gefunden hat?
Die Antworten mögen auf der Hand liegen, aber manchmal werfen meine Werte und meine scheinbar einfachen Antworten neue Fragen auf.
Beim Wählen geht es um das Unterstützen von Parteien, Listen oder Interessengruppen, die mir mehr oder weniger nahe sind. Aber es geht genauso darum, welche Anschauung ich habe, ob ich Unterschiede zwischen Menschen mache, wen ich (vor)verurteile oder (üb)erhöhe.
Schon die Freiheit, wählen zu können, welche Kleidung ich kaufen und tragen will, versetzt mich in die Lage, mir über meine verborgenen Werte klar zu werden und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Meine Wahl hat Bedeutung – für mich oder andere – immer. Wählen ist eine lebenslange und spannende Aufgabe. Stellen Sie sich Ihrer Verantwortung auch an diesem Wahlwochenende.