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Waldschlößchenbrücke hat jetzt Radwege

Der letzte Abschnitt der Rad-und Fußwege ist betoniert. Doch bevor die Radler ab Juli über die Brücke fahren können, haben die Bauleute noch einiges zu tun.

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Von Peter Hilbert

Der Besuch ist eine Ausnahme – noch. Mit ihrem Fahrrad rollt SZ-Praktikantin Ariane Dreisbach über den neuen Radweg, probiert schon mal ein kleines Stück der neuen Strecke – und wirkt zufrieden. Unterdessen steht Sven Grünler auf der Waldschlößchenbrücke, stemmt sich mit ganzer Kraft nach vorn. In seinen Händen der dicke schwarze Schlauch, aus dem unablässig die graue Masse strömt. Dort noch eine Ladung ins Geflecht der Stahlbewehrung, gleich daneben eine weitere. Vorm Brückenbogen betonieren der 37-jährige Dresdner und seine Kollegen gestern Vormittag den letzten Abschnitt des Rad- und Gehweges. Beiderseits der künftigen Fahrbahn erstrecken sich jetzt die breiten Betonbänder durchgängig zwischen Fetscherstraße und dem Neustädter Brückenende.

Fest im Griff hat Betonbauer Sven Grünler den schwarzen Schlauch, aus dem frischer Beton fließt. 54 Kubikmeter Beton hat er gestern in die letzte Lücke der fast 1300 Meter langen Geh- und Radwege gefüllt. Foto: Sven Ellger
Fest im Griff hat Betonbauer Sven Grünler den schwarzen Schlauch, aus dem frischer Beton fließt. 54 Kubikmeter Beton hat er gestern in die letzte Lücke der fast 1300 Meter langen Geh- und Radwege gefüllt. Foto: Sven Ellger

„Eigentlich hatten wir gehofft, dass wir schon 2012 damit fertig werden“, sagt Bauleiter Michael Wothe von der Sächsischen Bau GmbH. Doch der lange Winter hat den Brückenbauern einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. „Anfangen, aufhören, dann wieder anfangen und aufhören“, beschreibt der 51-jährige Dresdner den Baurhythmus. „Das hat uns viel Zeit und Geld gekostet.“ Am 10. Juli vergangenen Jahres war der erste Abschnitt des Geh- und Radweges betoniert worden. „Nach dem Wintereinbruch Ende November ging eine ganze Zeit gar nichts“, so Wothe. Selbst zum jetzigen Frühlingsbeginn türmen sich noch Schneehaufen auf der Brücke. Die Bauleute haben mit dem Radlader die Fläche beräumt, die sie betonieren wollen.

Bauchef Wothe drängt darauf, dass die Betonpumpe jetzt endlich die letzte Lücke im Weg füllt. Nach dem erneuten Wintereinbruch ist dies allerdings eine Zitteraktion. Immer wieder schaut er mit bangem Blick aufs Thermometer. Denn bei Temperaturen unter null Grad oder gar starkem Schneefall kann nicht betoniert werden. Doch gestern Morgen der erlösende Moment¨– die Quecksilbersäule ist auf zwei Grad geklettert. Halb neun rollt der erste Transporter mit Beton an. Fahrer Jürgen Schröder lässt ihn über die Rutsche in den Schlund der Betonpumpe gleiten. „Es wird Zeit, dass die Brücke fertig wird“, sagt der 54-Jährige. Seit 2008 bringt der Dresdner mit seinem Spezialtransporter Beton zur Waldschlößchenbrücke. Die Zahl der Touren kann er schon nicht mehr zählen. Gestern muss Schröder dreimal zur Reicker Mischanlage, um Nachschub zu holen.

Kubikmeter um Kubikmeter presst sich unterdessen durch Betonbauer Grünlers schwarzen Schlauch. Während der Mittag naht, reißt die Wolkenfront auf, sodass Sonnenstrahlen die Brücke in gleißendes Licht tauchen. Grünlers einst gelbe Gummistiefel werden hingegen immer dunkler. Je länger er die Betonplatte füllt, umso stärker verschwindet sein Stiefelgelb unter grauen Spritzern.

Die graue Masse hat Matthias Knothe fest im Blick. Hunderte Male ist der Baustofftechniker aus dem brandenburgischen Prösen schon zur Waldschlößchenbrücke gekommen, um die Qualität des Materials beim Betonieren zu prüfen. Auch jetzt nimmt er Probewürfel, die später in seinem Labor noch einmal getestet werden. Dieser Beton für die sogenannten Kappen der Geh- und Radwege hat besondere Eigenschaften. „Durch Zusatzmittel entstehen darin Luftporen, die später die Beständigkeit gegen Streusalz im Winter sichern“, erklärt der Fachmann. Er bekennt sich derart zur Waldschlößchenbrücke, dass sie jetzt sogar am Giebel seines Privathauses zu sehen ist. Ein Gröditzer Malermeister hat sie darauf verewigt.

Während die Sonne den Zenit erreicht, tropfen die letzten Betonspritzer aus Grünlers schwarzem Rohr. „Endlich ist es geschafft“, sagt Bauleiter Wothe mit einem Stoßseufzer. „Unsere letzte große Aktion wird das Asphaltieren der Fahrbahn im Mai“, nennt er den nächsten Schritt. Das wird jetzt vorbereitet. Unter dem 150 Meter langen, beheizten Zelt wird in nächster Zeit zuerst die Epoxidharz-Fahrbahndichtung aufgebracht. Schließlich will die Stadt die Brücke noch vor den Sommerferien öffnen. „Für mich ist es schon etwas Besonderes, wenn diese Baustelle in meiner Heimatstadt endlich fertig wird“, so Wothe.