Von Carola Lauterbach
Am Anfang stand die Skepsis. Sachsens Landesschülerrat wollte im vergangenen Jahr die Zahlen nicht glauben, die das Kultusministerium in Bezug auf Unterrichtsausfall bekannt gab. Also erhoben die Schülervertreter selbst – neben Klausuren, Prüfungen, Hausaufgaben – aufwendig Daten. Sie werteten diese in den Ferien aus, während andere sich die Sonne auf den Bauch scheinen ließen. Und sie kamen auf Werte, die teils doppelt so hoch waren wie die „offiziellen“ (die SZ berichtete). Ihr Hauptkritikpunkt: Stillbeschäftigung wird in der Schulbürokratie als gehaltene Stunde ausgewiesen. Das wollten die Schülervertreter nicht hinnehmen. Auch der Landeselternrat hatte Handlungsbedarf signalisiert.
So wurde auf Einladung von Sachsens Kultusministerin Brunhild Kurth (parteilos) im Herbst ein runder Tisch etabliert – bestehend aus Vertretern ihres Hauses, des Landeseltern- und Landesschülerrates. Das Gremium sollte Empfehlungen zur Erhebung von Ausfallstunden erarbeiten. Diese wurden nun dem Ministerium unterbreitet. Gestern sicherte Kurth per Pressemitteilung zu, dass diese auch umgesetzt würden. Gleichzeitig lobte sie ihr Haus. Kein anderes Bundesland erhebe den Unterrichtsausfall über den Zeitraum des gesamten Schuljahres hinweg und dokumentiere die Ausfallstunden im Internet seit fast zehn Jahren so transparent wie Sachsen.
Transparenz war auch eines der Schlüsselworte am runden Tisch. Nun sollen die Ausfallstunden je Fach und Klasse erhoben werden. „Mit sachsenweiten Zahlen können die Eltern wenig anfangen“, sagt Landeselternratsvorsitzender Andreas Hellner. Auch sei es hilfreich, die Daten in Prozent, statt in absoluten Zahlen auszuweisen. Als wichtigstes Ergebnis wertet er es, dass die Ausfall-Daten künftig von den Schulen offengelegt werden müssten, vielfach sei das von Schulleitungen verweigert worden.
Schüler sehen Mindestkonsens
Der Landesschülerrat, auf dessen Intervention es überhaupt zu dem runden Tisch kam, freut sich heute über einen Mindestkonsens, wie dessen Vorsitzender Konrad Degen erklärt. Stillbeschäftigung soll demnach künftig nur noch als „vertretener Unterricht“ gewertet werden, wenn dies von einem Fachlehrer vor- und nachbereitet wird. Geschieht das nicht, wird die Stunde als Unterrichtsausfall gezählt. Nicht durchsetzen konnten sich die Schülervertreter mit ihrer Forderung, wonach die Ausfallstatistiken viertel- statt halbjährlich veröffentlicht werden sollten.
Die Grünen im Landtag begrüßen den erzielten Konsens nicht ohne darauf hinzuweisen, dass ein adäquater parlamentarischer Antrag der Fraktion im Januar 2012 kein Gehör fand.
Im ersten Schulhalbjahr 2012/13 sind an Sachsens Schulen 4,4 Prozent aller Unterrichtsstunden ausgefallen. Das ist die höchste Quote der vergangenen zehn Jahre. Als Ursache wurden ein erhöhter witterungsbedingter Krankenstand der Lehrer sowie die Teilnahme zahlreicher Pädagogen an Warnstreiks genannt. Mit einem Honorarprogramm im Umfang von sieben Millionen Euro in diesem Jahr sollen externe Lehrer Unterrichtsausfall in Sachsen minimieren. Im ersten Schulhalbjahr kamen dabei 278 Personen zum Einsatz.