War gut. Ist gut. Bleibt gut.

Hoyerswerda. Man mag der DDR-Gastronomie ja manches vorwerfen können, aber zweierlei nicht: Erstens, dass sie es nicht verstanden hätte, aus Wenigem mit Fantasie und Improvisation viel zu machen – und zweitens, dass sie nicht wenigstens eine Spitzenleistung hervorgebracht hätte, die weltweit ihresgleichen suchte. Letzteres war, bayrisches Grillhendl hin, U.S.-amerikanisches Kentucky Fried Chicken her, der Broiler; und Ersteres war unter anderem die Fähigkeit, aus dem sehr bescheidenen Frischgemüse-Angebot Rohkost-Salate zu zaubern, die einerseits gut schmeckten und andererseits wahre Vitaminpakete waren.
Genau diese beiden Fixpunkte haben sich in Silvio Wands Hoyerswerdaer Broilerbar an der Frederic-Joliot-Curie-Straße 25 (im WK II neben Netto, am besten über den „Kreisel“ von der Bautzener Allee her erreichbar) erhalten. „Wir kochen in der DDR-Tradition“, sagt der Chef selbstbewusst. Das heißt auch: Konzentration auf das Wesentliche! Nicht -zig „Variationen“, sondern die Stamm-Gerichte: Geflügelsoljanka, Geflügelleber mit Röstzwiebeln, Salat, Pommes frites, Bratkartoffeln und natürlich der halbe Broiler – das war’s. „War gut. Ist gut. Bleibt gut.“ Stammt zwar von Wrigley‘s Spearmint, aber auf Broiler & Co., nicht selten der kulinarische Wochen-Höhepunkt der DDR-Familie, traf das nicht minder zu – und trifft zu. Genau das, worauf’s den Gästen ankommt, die zum Teil schon vor 1990 die Qualitäten des in der „Broilerbar“ Gebotenen zu schätzen wussten. Und es auch jetzt wissen, da die Gaststube vorübergehend geschlossen ist.
Denn im Abhol-Service ist alles tau- beziehungsweise grillfrisch zu haben – am Freitag und Sonnabend von 17 bis 20 Uhr und am Sonntag von 11 bis 14 Uhr. Gebeten wird um Vorbestellung, um das Ganze auf den Punkt vorbereiten zu können. Möglich ist das über die Website und per eMail oder per Telefon 03571 978171. „Wir sind zwei Stunden vor der Öffnungszeit erreichbar“, verspricht der Chef. Man kann also auch relativ kurzentschlossen seinen Broiler (oder aber die Leber) fürs Wochenend-Menü ordern und bekommt ihn/sie dann, transportfertig verpackt, nebst Zutaten und „Sättigungsbeilage“ (auch ein hübsches Wort-Relikt aus der DDR-Gastronomie) an der Tür der Broilerbar ausgehändigt. Nur für die Soljanka muss man ein geeignetes Gefäß mitbringen.
Silvio Wand ist eines sehr wichtig: „Ich möchte mich bei unseren Stammkunden, aber auch den Neukunden bedanken, die uns in den vergangenen drei «Corona»-Wochen die Treue gehalten haben und trotz der durchweg unschönen Situation uneingeschränkt freundlich waren. Das ist, finde ich, aller Ehren wert.“
Apropos: War’s das wirklich mit den Rezepten, die vorhin hier aufgelistet worden sind? Was ist denn mit dem Geflügelwürzfleisch, DEM Renner der Broilerbar in normalen Zeiten? Nun; genau das gibt’s momentan nicht hier. Weil das nicht transportfähig ist, ohne mindestens die Hälfte seines Wohlgeschmacks einzubüßen.
Darum macht Silvio Wand eine Ausnahme von der Regel, dass Erfolgs-Rezepte ein eifersüchtig gehütetes Spezifikum der Küche sind, und lüftet in Grundzügen das Geheimnis, wie man diese Köstlichkeit selber zubereiten kann. Vorausgesetzt, man bringt die Geduld dafür auf und findet seine Balance der Zutaten, die ja immer vom individuellen Geschmack abhängig ist. Wer sich’s nicht zutraut: In der Broilerbar gibt’s das Krönchen des Genusses bald wieder ohne eigene Küchen-Plage.
Rezept: Geflügelwürzfleisch
Ein Hühnchen mit Suppengrün (Mohrrübe, Sellerie, Porree) und ein wenig Gemüsebrühepulver kochen. Fleisch ablösen. Brühe langsam über eine Mehlschwitze (aus Mehl und Butter zubereitet) geben, leicht aufköcheln, abschmecken mit Weißwein, Zitronensaft, Salz und Worcestershire-Sauce. Hühnerfleisch zugeben, nochmals etwas einköcheln. Dann das Ganze in kleine Förmchen verteilen, jeweils mit einer Schnittkäse-Scheibe (Edamer oder Gouda, 40 % F.i.T.) belegen, im Ofen überbacken. Mit Toast-Ecke, Zitronenspalte und nochmals Worcestershire-Sauce heiß servieren.