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Warten auf das Fleckvieh

Die Helene-Maier-Stiftung muss ihren Tierbestand ändern. Die Galloway-Rinder haben einfach zu viel gefressen.

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Von Marleen Hollenbach

Ihre Hälse haben sie ausgestreckt. Mit den langen Zungen versuchen sie, das Heu zu ergattern. Nur das leise Kauen der Tiere ist im großen Stall zu hören. Neugierig schaut Betriebsleiter Christoph Müller zu ihnen hinüber. Sechs Kühe will er für die Helene-Maier-Stiftung auf dem Landgut Theisewitz kaufen. Irgendwann soll auch ein Bulle dazukommen.

Doch nicht nur der Landwirt ist neugierig. Die Kuh mit der Nummer 70 ist auf den fremden Besuch aufmerksam geworden, schnüffelt an den Schuhen des Gastes. Ihr Fell ist weiß und braun gefleckt, ihr Kopf breit, ihre Nase schmal. Das Besondere an ihr sind aber ihre Hörner. Eine Seltenheit unter den Rinderrassen. Bei vielen Kühen fehlt dieses markante Detail. Das erleichtert den Umgang. „Aber zu einer echten Kuh gehören die Hörner nun einmal genau wie das Euter und der Schwanz mit dazu“, sagt Müller. Deswegen hat sich der Landwirt für diese Rinderrasse, das sogenannte Fleckvieh, entschieden. Auf dem befreundeten Bio-Hof Mahlitzsch bei Nossen ist er fündig geworden. Die Kühe werden hier von Nikola Burgeff betreut, der für den Landwirt aus Kreischa schon eine Vorauswahl getroffen hat. Die Tiere, die bald zur Helene-Maier-Stiftung gehören sollen, sind knapp anderthalb Jahre alt, kräftig und gesund. Dass ihre Milchleistung mäßig ist, stört Christoph Müller nicht, denn melken will er seine Tiere nicht. Mit der Auswahl ist der Landwirt aus Kreischa zufrieden. Nach kurzer Verhandlung besiegelt er mit einem Handschlag das Geschäft.

Sobald das Wetter es zulässt, werden sich die Kühe auf die Reise von Mahlitzsch nach Theisewitz begeben. Dort sollen sie sich zunächst eingewöhnen, denn anders als auf dem Bio-Hof Mahlitzsch stehen die Tiere in Kreischa das ganze Jahr über Tag und Nacht draußen. Noch in diesem Sommer will Christoph Müller dann mit der Zucht beginnen und im kommenden Jahr seinen Rinderbestand verdoppeln. Doch noch sind die Weiden des Landgutes Theisewitz besetzt. 20 Galloway-Rinder leben hier. Aber nicht mehr lange. Christoph Müller hat die Tiere alle verkauft, nach Freital und ins Erzgebirge. „Die Galloways brauchen einfach zu viel Futter, damit sie an Gewicht gewinnen“, erklärt der Landwirt. Das Fleckvieh sei da schon pflegeleichter, die Schlachtausbeute und damit der Nutzen viel größer. Vom neuen Rind erhofft sich der Landwirt einen leichteren Umgang. „Die Galloways waren sehr scheu, auch weil sie das ganze Jahr draußen gelebt haben. Sie einzufangen, war schon eine große Herausforderung und nahm immer viel Zeit in Anspruch“, sagt er.

Mit Rindern kennt sich der Landwirt Müller aus. Seit Gründung der Stiftung 1996 gehören Bullen und Kühe zum Hof mit dazu. Die Rinderhaltung hat für Müller zwei große Vorteile. Das Fleisch der Tiere kann der Biobauer gut verkaufen, denn jährlich stieg die Nachfrage an Fleisch aus biologischer Haltung. „Wenn wir ein Tier schlachten lassen, gibt es meist schon eine Liste mit Interessenten“, sagt Müller, der sich ein ähnliches Kaufinteresse auch beim neuen Fleckvieh erhofft. Außerdem ist die Rinderhaltung bei einem ökologischen Betrieb wie dem Landgut Theisewitz auch vorgeschrieben. Die Richtlinien hat der sogenannte Demeter-Verband aufgestellt, der strengste Bioverband in Deutschland. Wer diesen Regeln entsprechen will, der muss eine Kreislaufwirtschaft betreiben. Und dazu gehört unter anderem auch die Rinderhaltung, weil der Mist der Kühe gleich wieder als natürlicher Dünger für die Felder genutzt werden kann.