Von Manfred Schulze
Hans-Ullrich Demuth, Professor und Gründer der Probiodrug AG in Halle, ist ein leidenschaftlicher Optimist: Zehn Jahre nach der Gründung habe das Unternehmen schon 400 Patente. „Wir verdienen Geld und standen sogar schon auf der Titelseite des Wallstreet-Journal. Und das ist erst der Anfang“, sagt der Biochemiker mit Ostbiografie. Vor kurzem hat Demuth dem US-Konzern Merck MSD für rund 50 Millionen Dollar die Rechte für ein Diabetes-Mittel verkauft.
Viel Geld für einen Wirkstoff – wenig für einen, der ein Renner unter den Arzneimitteln werden könnte. „Der Verkauf in dieser Phase ist normal“, sagt Demuth. Ein kleines und junges Unternehmen mit 60 Leuten könne nicht die „immensen Kosten für eine eigene Marktentwicklung“ stemmen. Außerdem habe Probiodrug „noch mehr in der Pipeline.“
Dresden gibt mehr Geld
Das Unternehmen wirkt zusammen mit anderen im Bio-Zentrum Halle. Das große Gebäude mit Labors und Gewächshäusern ist ebenso gut ausgebucht wie die Biocity in Leipzig, 40 Kilometer südöstlich. Die beiden Häuser entstanden nahezu gleichzeitig und sollten einst auch die Kerne der Bioregion Leipzig/Halle bilden.
Gemeinsame Konzepte wurden geschmiedet, Partner in Gatersleben, Jena und Magdeburg gefunden, um eine auch international wahrnehmbare Masse zusammenzubringen. Doch die Wege sollten sich bald trennen. Heute sind alle drei Biozentren – mit dem in Dresden – hervorragend belegt, und immer neue Firmen werden angezogen. So siedelte im September die Indago von Bingen am Rhein in die Leipziger Biocity. Aus den derzeit 15 Arbeitsplätzen will das Unternehmen innerhalb von drei Jahren mindestens 50 Jobs werden lassen. Sein Spezialgebiet ist die Blutdiagnostik. Auch für die Indago sind außer Fördermitteln die Firmennetzwerke der Bioregion unverzichtbar, sagt Vorstand Haroon Ahmad.
Sachsen-Anhalt investierte bislang 90 Millionen Euro, davon 35 allein für Gatersleben bei Quedlinburg, das sich jetzt „Green Gate“ (grünes Tor) nennt. Der Freistaat Sachsen legte für seine Förderpolitik in der Summe inzwischen stolze 460 Millionen Euro auf den Tisch und gründete das Netz Biosaxony.
Firmen arbeiten zusammen
Von dort kommen zu länderübergreifenden Projekten Absagen – „stets aus Budgetgründen“, wie Jens A. Katzek von der Bioinitiative Mitteldeutschland merkte. In Dresden wird auf die Unterschiede gezeigt: Die „grüne“ (landwirtschaftliche) Gentechnik interessiere hier nicht, und zudem sei „Wirtschaftsförderung Ländersache“. Zusammenarbeit findet freilich trotzdem statt: über die Wirtschaftsinitiative Mitteldeutschland und zwischen den Unternehmen selbst, fügt der Sprecher von Biosaxony hinzu.
„Wir verschenken viel Potenzial, weil wir nicht, wie es die Wirtschaft fordert, Kleinstaaterei hintenanstellen“, argumentiert Katzek. So sei eine Investorengruppe aus England erst angereist, nachdem eine gemeinsame Präsentation möglich wurde. Sein Leipziger Kollege Jörn-Heinrich Tobaben von der Biocity, einst ebenso eifriger Befürworter eines gesamt-mitteldeutschen Biozentrums, ist inzwischen vorsichtiger geworden. Eine „Kooperation unter Wettbewerbsbedingungen“ sei ja auch fruchtbar.
Bei der Bewerbung um Fördermittel vom Bund für den Ausbau der „weißen“ Biotechnologie – zum Beispiel Enzymforschung für Reinigungsmittel und Bioenergie – werde man gemeinsam auftreten. „Einzeln hätten wir keine Chance, gemeinsam aber stehen die Dinge günstig“, bestätigt auch Tobaben.