Warum das Döbelner B fehlt

Döbeln. Der Döbelner Roland Straube hat seine alte „Fleppen“ gerade gegen ein Plastikkärtchen eingetauscht. „Ich fahre tagtäglich und gern, und oft zum Beispiel an die polnische Ostsee oder nach Tschechien“, erzählt der 79-Jährige. Die Fahrerlaubnis hat er bereits seit 1958, den grauen DDR-Führerschein trug er seit 1982 in seinem Portemonnaie. Sogar die alte dazugehörige Stempelkarte, auf der damals Verkehrsverstöße vermerkt worden sind, hat der Senior sorgsam aufbewahrt.
Doch er fürchtete nun, dass er ein Bußgeld bezahlen muss, wenn er von der Polizei im Ausland kontrolliert wird. „Das Problem ist, dass man mich auf dem alten Passbild nicht mehr so richtig erkennen kann“, schmunzelt er. Auf der neuen Karte, die überall im EU-Raum ohne Probleme anerkannt wird, ist der Döbelner nun wieder eindeutig erkennbar. Sein altes Dokument hat er trotzdem aufgehoben. „Das ist doch eine schöne Erinnerung“, sagt er.
Der Döbelner ist einer der ersten, der sich von seinem alten Führerschein getrennt und dafür nun eine kleine Plastikkarte erhalten hat. Die Mitarbeiter der Führerscheinstelle Mittelsachsen haben, so wie alle ihre Kollegen bundesweit, eine Mammutaufgabe vor sich. Denn Führerscheine, die vor dem 19. Januar 2013 ausgestellt worden sind, müssen bis spätestens 2033 in den neuen Kartenführerschein, den sogenannten befristeten „EU-Führerschein“, umgetauscht werden. Grund dafür ist, dass die Führerscheine der EU-Mitgliedsländer einheitlich und fälschungssicher gemacht und sie in einem weiteren Schritt in einer Datenbank erfasst werden sollen, um Missbrauch vorzubeugen.
Rund 43 Millionen Führerscheine betrifft es bundesweit. Wieviele es aber im Landkreis sind, weiß keiner so genau. Die mittelsächsische Führerscheinbehörde, die ihren Sitz in Döbeln hat, muss in der Verwaltung der Führerscheininhaber teilweise noch mit herkömmlichen Karteikarten arbeiten. Betroffen sind vor allem die Inhaber der alten DDR-Führerscheine. Diejenigen, die ihre Fahrerlaubnis in den Jahren 1982 bis 1990 gemacht haben, sind als Karteikarte im Register der Behörde vertreten. Ab 1991 hatte bereits der Computer Einzug gehalten.
Doch 1996 hatte ein verheerender Brand das Gebäude der Führerscheinstelle in Döbeln komplett zerstört. Glücklicherweise waren die allermeisten Dokumente der Führerscheinstelle in feuersicheren Stahlschränken untergebracht. Nur bei den B‘s gab es Verluste. „Wir haben in dieser Zeit damit begonnen, die Karteikarten zu digitalisieren. Als der Brand über Nacht ausbrach, waren gerade die mit dem Familiennamen B dran“, erinnert sich die langjährige Mitarbeiterin Ilona Arndt. Trotzdem konnten bis auf wenige Karteikarten fast alle gerettet und die betroffenen Fälle wieder zugeordnet werden. Nach dem Zusammenschluss der vormals drei Landkreise zu Mittelsachsen kamen ab 2008 dann noch die Karteikarten der Führerscheininhaber aus Rochlitz, Hainichen, Flöha und Freiberg dazu. So gibt es nach wie vor hunderte von postkartengroßen Datenkarten, die in den Stahlschränken der Behörde aufbewahrt werden. Die Mitarbeiter arbeiten mit diesen „analogen Dateien“ solange, bis sie schließlich automatisch im Zuge des Umtauschs digitalisiert werden.
Obwohl die Umtauschfristen von 2022 bis ins Jahr 2033 reichen, häufen sich in der Behörde bereits die Fragen über die Pflicht zum Umtausch. Schon seit Januar 2013 wird im Landkreis die 3. EU-Führerscheinrichtlinie umgesetzt. Seither wurden in Mittelsachsen rund 62 000 befristete Kartenführerscheine ausgehändigt, das betrifft allerdings sowohl Ersterteilungen, Erweiterungen als auch Umstellungen und Verlängerungen. Bis wann welcher Führerschein umgetauscht werden muss, ist abhängig vom Geburtsjahr und vom Ausstellungsdatum.
