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Warum der Ministerpräsident in der Schule geweint hat

Michael Kretschmer hat seine frühere Lehrerin besucht. Die kann sich gut an seine Schulzeit erinnern.

Von Ingo Kramer
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Michael Kretschmer trifft seine einstige Klassenleiterin Irmgard Schubert im Carolinum, einem Betreuten Wohnen in Rauschwalde. Rechts steht deren Freundin Ingeborg Rehn.
Michael Kretschmer trifft seine einstige Klassenleiterin Irmgard Schubert im Carolinum, einem Betreuten Wohnen in Rauschwalde. Rechts steht deren Freundin Ingeborg Rehn. © André Schulze

Irmgard Schubert hat die Situation immer noch im Kopf. „Frau Schubert“, sagten Kinder in den 1980er Jahren zu ihrer damaligen Klassenleiterin, „der Michael weint.“ Sie ging sofort zu ihm hin, er hatte seinen Kopf auf die Bank gelegt. „Da hab ich ihn gefragt, was los ist“, erinnert sich die heute 80-Jährige. Der Schüler habe gesagt, dass alles so anstrengend sei. „Sie wollten mit zu den Besten gehören, das war anstrengend für Sie“, hat sie ihrem einstigen Schüler am Mittwochnachmittag bescheinigt.

Kretschmer bringt Kuchen für alle mit

Der heißt Michael Kretschmer, ist inzwischen sächsischer Ministerpräsident und bezweifelte, dass sich das tatsächlich so zugetragen hat. Seine einstige Klassenleiterin aber hat er nicht vergessen. Er hat sie am Mittwoch im Carolinum besucht, einem Betreuten Wohnen in Rauschwalde. Eingeladen hatte ihn Ingeborg Rehn, eine Reichenbacher Lehrerin, die seit Anfang der 1960er Jahre mit Irmgard Schubert befreundet ist.

Die Idee entstand bei Irmgard Schuberts 80. Geburtstag im September. Ein paar Wochen später schrieb Ingeborg Rehn einen Brief an Kretschmer – und nun kam er tatsächlich vorbei und brachte Kuchen von der Bäckerei Tschirch für alle Bewohner mit, die an dem Empfang im Carolinum-Saal teilnehmen wollten.

Kretschmer begrüßte viele per Handschlag und ließ es sich nicht nehmen, den Kuchen selbst zu verteilen. Über eine Stunde nahm er sich Zeit – nicht nur für seine Lehrerin aus der einstigen 8. Oberschule an der Erich-Weinert-Straße, sondern auch für alle Fragen der anderen Bewohner. Da ging es um den Wolf, den Braunkohleausstieg, die Stadthalle und das Kaufhaus.

Der Ministerpräsident war einst der Kleinste

Und natürlich um Kretschmers Schulzeit. „Sie waren sehr beliebt in der Klasse“, bescheinigte die einstige Lehrerin dem Ministerpräsidenten. „Ich war der Kleinste“, erinnerte der sich. Ein guter Schüler sei er aber nicht gewesen: „Ich gehörte zu denen, bei denen der Knoten etwas später geplatzt ist.“ Mit vielen Klassenkameraden stehe er noch heute im Kontakt, vor einem oder zwei Jahren gab es auch ein Klassentreffen. „Aus allen ist etwas geworden“, berichtete er: „Eine leitet ein Polizeirevier, eine andere ist im Bundeskanzleramt tätig.“ An seiner Lehrerin, die ursprünglich aus Bad Doberan bei Rostock stammt, fiel Kretschmer auf, dass sie sich ihren norddeutschen Akzent bis heute behalten hat. Sie sei wegen ihres Mannes nach Görlitz gekommen, berichtete sie. Und sie könne sich noch immer an all ihre Schulklassen erinnern.

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