Von Mario Heinke
Besser wollen sie sein, die Männer und Frauen von der Bürgerinitiative (BI) „Bessere Mitte“. Doch das einzige Ziel scheint die Verhinderung des geplanten Centers zu sein. Die SZ analysiert, welchen Einfluss die BI überhaupt auf den Planungsprozess hat.
Was hat die Bürgerinitiative bisher erreicht?
„Es haben sich viele Bürger, so auch Vertreter der BI, an der Diskussion beteiligt und Hinweise gegeben, die im Verfahren selbstverständlich eine Rolle spielen“, so Zittaus Wirtschaftsförderin Gloria Heymann. „Die Tatsache, dass die Bürger sich an der Diskussion beteiligen, ist unser Verdienst“, sagt Frank Dingeldey von der BI.
Hat die Initiative Einfluss auf die Planungen?
Die BI hat keinerlei Einfluss auf den reinen Ablauf des Verfahrens. Die fehlende Legitimation ist ihr größtes Problem. Das Verfahren ist gesetzlich geregelt und sieht mehrere Beschlüsse durch den Stadtrat und die Beteiligung der Bürger vor. Der Initiative bleibt objektiv nur der Kampf in einer Art außerparlamentarischer Opposition. Die Initiierung eines Bürgerbegehrens und das mühsame Unterfangen, Bürger und Stadträte von ihren Argumenten zu überzeugen, ist der einzig mögliche Weg.
Gibt es Argumente gegen das Fachmarktzentrum?
Es gibt viele Argumente gegen die Pläne. Die hat Holger Pump-Uhlmann, Architekt und Städteplaner aus Braunschweig, bei einem Vortrag am 18. Februar geliefert. Seit zehn Jahren untersucht Pump-Uhlmann Wirkungsweisen innerstädtischer Einkaufscenter wissenschaftlich. Er hat in Zittau vor allem die Größe der Handelsflächen kritisiert. Anhand von Erhebungen belegt Pump-Uhlmann, dass durch die Center keine neuen Arbeitsplätze entstehen oder Steuermehreinnahmen zu erwarten sind. Ausführlich hat er die Verlagerung der Kundenströme und die damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf Geschäfte und Lagen beschrieben.
Können die Argumente die Stadträte noch beeinflussen?
Die große Mehrheit der Stadträte ist für den Neubau. Das Projekt steht für Wachstum, schließt eine Lücke im Stadtbild und soll die Innenstadt beleben. Die Stadträte haben bei ihren bisherigen Entscheidungen das „Ohr an der Masse“ gehabt und vermutet, dass eine Mehrheit der Wähler den Bau befürwortet. Eine repräsentative Umfrage der SZ hat diese Vermutung bestätigt.
Warum schweigen die Einzelhändler, deren Existenz gefährdet sein könnte?
Bisher engagieren sich drei Einzelhändler in der BI. Der Großteil hält sich zurück oder spricht nur hinter vorgehaltener Hand über Existenzängste und Ratlosigkeit. Die Gegner wollen in den nächsten Wochen versuchen, die Einzelhändler für ihren Protest zu mobilisieren.
Warum findet die Initiative bisher kaum Unterstützung?
Die mediale Präsenz der Gruppe ist zweifellos vorhanden, einige Informationshefte sind gedruckt worden. Auch im Internet gibt es eine Plattform, deren Außenwirkung ist aber eher abschreckend. Befürworter des Centers werden dort belehrt und beleidigt. Der rüde Ton ist ein weiteres Problem der BI. „Wir kommen so nicht weiter in der Öffentlichkeitsarbeit“, resümiert Peter Dorn beim letzten Treffen. Nun versucht man es auch an höherer Stelle. Renate Weber hat an den Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und sogar den Zentralrat der Juden angeschrieben.
Welche Alternativen bieten die Gegner für das Areal an?
Es gibt zwei Vorschläge: Eine Studentenarbeit zur Bebauung und die Idee, ehemalige Kaufhäuser zu reaktivieren, die mittels Bus miteinander verbunden werden sollen. Für beide Vorschläge gibt es aber keinen potenziellen Investor. Somit fehlt für die alternativen Pläne das Wichtigste, die wirtschaftliche Grundlage und das notwendige Kleingeld.
Wie will die Bürgerinitiative weiter vorgehen?
Lange Zeit hat die Initiative lediglich darüber diskutiert: Nun soll es ein Bürgerentscheid richten. Der Beschluss dazu ist auch innerhalb der BI nicht einstimmig gefallen. Die Befürchtung, dass ein Bürgerentscheid mit einem klaren Votum für das Fachmarktzentrum endet, sitzt tief. Mit der Hilfe zweier Fraktionen im Stadtrat soll nun Bewegung in die Debatte kommen. Jens Thöricht von der Linken und Matthias Böhm von der Fraktion der SPD/Grünen bestätigen auf Anfrage der SZ, dass ihre Fraktionen einen Bürgerentscheid unterstützen werden. Böhms Fraktion ist sogar bereit, selbst die Initiative im Stadtrat zu ergreifen. Wegen der bestehenden Mehrheitsverhältnisse sind die Erfolgsaussichten jedoch äußerst gering. In den nächsten Tagen werden alle Stadträte eine CD von den Mitgliedern der BI überreicht bekommen. Der Inhalt: eine Aufzeichnung des Vortrages von Holger Pump-Uhlmann im Kronenkino. Hinter der Aktion steht der Gedanke, dass die Macht der Fakten ein Umdenken einleitet.