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Warum sie plötzlich Schulleiterin wurde

Seit Januar ist Cindy Schilha Leiterin der Neißegrundschule in Görlitz. Das kam für die 32-Jährige unverhofft. 

Von Susanne Sodan
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Seit Januar ist Cindy Schilha Leiterin der Neißegrundschule. Das kam unverhofft.
Seit Januar ist Cindy Schilha Leiterin der Neißegrundschule. Das kam unverhofft. © Nikolai Schmidt

Cindy Schilha wäre bestimmt eine gute Mathelehrerin geworden. Mit Zahlen kann sie umgehen. Und auf ihrem Schreibtisch herrscht Ordnung. „Wenn ich die Ordnung hier nicht habe, habe ich sie im Kopf auch nicht“, sagt Cindy Schilha. Organisieren, Rechnen, das war immer schon ihr Ding. „Ich habe mich immer gerne in Zahlenspiele reingekniet. Oder wenn es in der Familie früher was zu organisieren gab, hab ich das oft übernommen.“ Später kam für sie die Arbeit mit Kindern dazu. Strukturen und Zahlen auf der einen Seite, die kreative Arbeit mit Kindern auf der anderen – bei Cindy Schilha kommt beides zusammen. Sie ist die neue Leiterin der Neißegrundschule in Görlitz.

Über viele Jahre hatte Kerstin Wilke diesen Posten inne. Sie gehörte zu den Gründern der Neißegrundschule, die 2009 auf dem Gelände der Hochschule öffnete. Unter Kerstin Wilke wurde sie staatlich anerkannt und vor rund drei Jahren zu einer zertifizierten Kneipp-Schule. Vor zwei Jahren starteten erstmals zwei erste Klassen. Aufgrund einer Erkrankung ist Kerstin Wilke derzeit nicht da. Weil noch unklar ist, wann oder ob sie an die Schule zurückkehren wird, gab sie die Direktion ab.

„Früher wollte ich eine Zeitlang tatsächlich Lehrerin werden“, erzählt Cindy Schilha. Aber der Weg ging erst mal in eine andere Richtung. Die 32-Jährige ist in Sproitz aufgewachsen, hat das Schleiermacher-Gymnasium Niesky besucht und machte danach eine Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien. „Ich hatte damals nach der Schulzeit nicht den Drang, ganz weit wegziehen zu müssen.“ Heute wie damals als 18-Jährige habe sie ein sehr gutes Verhältnis zu ihrer Familie. „Auf der anderen Seite hätte ich auch nicht gesagt: In einer Stunde Zugfahrt will ich auf jeden Fall zu Hause sein. Aber es passte einfach gut: Ich konnte mir diesen Job für mich vorstellen, und die Volksbank-Raiffeisenbank hat hier in Görlitz Ausbildungsplätze angeboten.“ 

Die Arbeit sei tatsächlich ihre Sache gewesen: Zahlen, Genauigkeit. „Das kann aber mit der Zeit etwas trocken werden. Und ich bin eben auch ein praktischer Mensch.“ Schließlich kam der Gedanke auf: Vielleicht ist das doch nicht die Arbeit fürs ganze Leben? Sie entscheid sich, die Richtung zu wechseln, und studierte Kindheitspädagogik an der Hochschule Zittau-Görlitz. „Der Studiengang war damals ganz neu. Ich war im ersten Jahrgang.“ Lehrerin ist sie damit nicht, sondern Kinderpädagogin.

Nach dem Studium arbeitete Cindy Schilha zunächst bei der Kinderinsel Kunterbunt und wechselte 2017 zum Klinikum Görlitz, wo sie das Projekt Familiengesundheitspaten mit aufbaute. „Das hat mir richtig Spaß gemacht. Ich musste viel mein eigener Chef sein, da habe ich viel mitgenommen.“ Zwei Schwierigkeiten gab es für sie: Zum einen die Ungewissheit, denn für das Projekt müssen Jahr für Jahr neue Fördermittel beantragt werden. „Und mir hat die Arbeit mit den Kindern gefehlt. Ich hatte ja eher mit den Paten zu tun.“

Voriges Jahr hat Cindy Schilha ihre Tochter an der Neißegrundschule angemeldet. „Uns hat einfach das Konzept gefallen. Es ist ja eine freie Schule, mit kleinen Klassen, vielen Projekten.“ Mit ihrem Mann und ihrer Tochter wohnt sie in Klingewalde. „Wir haben ein ganz idyllisches Fleckchen gefunden.“ Wenn sie nicht in der Schule ist, dann verbringt sie ihre Zeit am liebsten mit ihrer Familie. „Und Sport mache ich gerne. Wenn ich Lehrerin geworden wäre, dann bestimmt eher Sportlehrerin.“ Nur wenige Wochen nach der Schulanmeldung ihrer Tochter wurde eine Stelle als Hortleiterin an der Neißegrundschule frei. Also meldete sie sich mit ihrer Bewerbung gleich auch noch an, sie bekam die Stelle als Hortleiterin, fing im Oktober an.

Zu der Zeit war Kerstin Wilke bereits nicht mehr an Bord. „Ein paar Wochen war die Schule Ende vorigen Jahres ohne Leitung.“ Dass es trotzdem ohne großes Aufhebens weiterging, habe damit zu tun, dass alle Kollegen mitzogen. Auch Cindy Schilha übernahm als Hortleiterin manchmal in diesen Wochen Schulleiteraufgaben mit. Hort und Schule sind an der Neißegrundschule eng verbunden. Jede Klasse hat einen Klassenlehrer und einen Betreuer, die im Tandemprinzip zusammenarbeiten. Schließlich stand zum Jahresende die Frage: Findet sich intern jemand oder wird die Schulleiterstelle neu ausgeschrieben? „Für mich ist es eine richtig schöne Kombination“, sagt Cindy Schilha. „Ich habe das Organisatorische und ich habe weiterhin die Arbeit mit Kindern.“ Zum Betreuerteam gehört sie auch als Schulleiterin weiterhin. Ausgeschrieben wurde trotzdem neu, die Stelle der Hortleiterin.

Ihre Aufgaben sind die, die auch jeder an der Schulleiter hat: Stundenplan und Vertretungspläne aufstellen. Kürzlich stand die Planung für die neuen ersten Klassen an. 36 Kinder haben sich angemeldet, damit die Klassenstufe eins auch kommendes Schuljahr wieder zweizügig sein. Dass die Schule bei der Schülerzahl wächst, birgt aber auch Herausforderungen: Gerade wird umgebaut. Erstens, um mehr Klassenräume nutzen zu können, zweitens für eine bessere organisatorische Struktur „Wir haben ja zwei Gebäude“, erklärt Cindy Schilha. Bisher waren beispielsweise Lehrerzimmer und Sekretariat in verschiedenen Häusern untergebracht. „Bald haben wir es geschafft mit den Umbauten, fast fertig.“ Der nächste Schritt ist die neue Außengestaltung. „Aber jetzt soll erst mal Ruhe einkehren.“

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