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Was bewegt die Menschen in Obergurig?

Was läuft gut, was läuft schlecht? Vor der Kommunalwahl am 26. Mai schaut sich die SZ in den Städten und Gemeinden um.

Von Katja Schäfer
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Die Gemeinde wollte die Oberguriger Kita an einen freien Träger abgeben. Doch nach Protesten und heftigen Diskussionen wurde der Beschluss ausgesetzt. Die Entscheidung obliegt nun dem neuen Gemeinderat.
Die Gemeinde wollte die Oberguriger Kita an einen freien Träger abgeben. Doch nach Protesten und heftigen Diskussionen wurde der Beschluss ausgesetzt. Die Entscheidung obliegt nun dem neuen Gemeinderat. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Obergurig. Bei der Wahl vor fünf Jahren galt es noch als Knackpunkt, als eins der Probleme, die der neue Gemeinderat dringend lösen sollte: das als Juracks Gehöft bekannte Gelände an der Bahnhofstraße in Singwitz. Es war ein Schandfleck. 

Inzwischen sind die maroden Gebäude verschwunden. Die Gemeinde ließ sie abreißen und verkaufte das Gelände an zwei Investoren, die ein Wohngebiet angelegt haben. Dort ist Platz für zehn Häuser. Drei sind schon fertig und bewohnt, zwei im Bau, nur zwei Grundstücke noch zu haben. Diese Aufgabe kann also als erledigt abgehakt werden.

Ein weiterer Anspruch, der damals genannt wurde, war die Schaffung von Wohnungen, die den Bedürfnissen älterer Menschen entsprechen. Seitdem sind an mehreren Stellen solche Zuhause entstanden. Unter anderem im Haus am Oberguriger Dorfplatz, in dem sich auch eine Arztpraxis befindet, und in den Erdgeschossen zwei neuer Stadtvillen. 

Die Gemeinde ist in keinem dieser und weiterer Beispiele der Bauherr, schafft aber die Voraussetzungen dafür. Zum Beispiel indem sie den nicht mehr genutzten Tennisplatz in Singwitz abgebaut und das Gelände an einen Investor verkauft hat, der darauf ein Mehrfamilienhaus errichtet, dessen Erdgeschoss altersgerecht gestaltet ist.

Kleine Projekte mit großer Bedeutung

Auch sonst ist in den zurückliegenden fünf Jahren viel geschafft worden. Meist sind es kleine Projekte, die aber für das Dorfleben große Bedeutung haben. Unter anderem wurde der Kunststoffbelag des Sportplatzes hinter der Grundschule saniert, in Kleindöbschütz für Verkehrsberuhigung gesorgt, im Dorfgemeinschaftshaus in Schwarznaußlitz ein Treppenlift eingebaut, sodass es auch für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, erreichbar ist. Der Eingangsbereich der Grundschule wurde umgestaltet. 

Auch das Problem mit den Duschen in der Turnhalle konnte die Gemeinde lösen. Das Gesundheitsamt hatte sie gesperrt, weil im Wasser Legionellen – Bakterien, die vom Menschen durch Wasserdampf über die Atemwege aufgenommen werden können – festgestellt worden waren. Seitdem die Gemeinde einen neuen Heißwasserspeicher eingebaut hat, können alle Sporttreibenden wieder duschen.

Während über die Notwendigkeit solcher Investitionen weitgehend Einigkeit im scheidenden Gemeinderat herrschte, gab es vor allem bei einem Projekt heftige Diskussionen: dem Kauf und der Sanierung der alten Schmiede, die sich in einem Umgebindehaus an der Schulstraße befindet. Die Entscheidung dafür fiel ganz knapp aus. Inzwischen sind die Dächer erneuert. Gerade hat die Sanierung des Haupthauses begonnen. Der Gebäudekomplex soll zur Begegnungsstätte werden. Die Umsetzung des Vorhabens zu begleiten, obliegt dem neuen Gemeinderat.

An der Bahnhofstraße in Singwitz können neue Wohnhäuser gebaut werden. Möglich ist das, weil die Gemeinde ein altes Gehöft, das dort stand und jahrelang ein Schandfleck war, abreißen ließ. 
An der Bahnhofstraße in Singwitz können neue Wohnhäuser gebaut werden. Möglich ist das, weil die Gemeinde ein altes Gehöft, das dort stand und jahrelang ein Schandfleck war, abreißen ließ.  © SZ/Uwe Soeder

Eine weitere Aufgabe für ihn wird es sein, über die Zukunft der Oberguriger Kita Spatzennest zu entscheiden. Im Herbst vergangenen Jahres gab es heftige Diskussionen dazu. Die Gemeinde wollte die Einrichtung an einen freien Träger abgeben. Das Team der Kita, Eltern und einige Gemeinderäte sprachen sich dagegen aus. Daraufhin wurde die Entscheidung ausgesetzt.

Das war nicht die einzige schwierige Situation, die der Gemeinderat, dessen Wahlperiode jetzt endet, zu bewältigen hatte. Im vergangenen Jahr musste er mehrere unpopuläre Entscheidungen treffen, unter anderem Steuern und Kitabeiträge erhöhen, die Vereinsförderung und einige geplante Bauvorhaben streichen … So gelang es, eine Zwangsverwaltung zu vermeiden. 

Grund für die prekäre Situation war, dass der bisher größte Steuerzahler – eine Firma mit 300 Mitarbeitern – ihren Stammsitz aus Obergurig weg verlegt hatte. Daraufhin musste die Gemeinde rund 1,5 Millionen Euro Steuern zurückzahlen und sich darauf einrichten, künftig auf diese Einnahmequelle zu verzichten. 

Eine der vorrangigen Aufgaben für die nächste Zeit ist es laut Bürgermeister Thomas Polpitz (CDU) auch gerade deshalb, „die Gemeinde als Gewerbestandort zu festigen“ und gezielt Wirtschaftsförderung zu betreiben, um für ansässige Firmen und potenzielle Neuansiedlungen gute Bedingungen zu schaffen.

Einiges nachzuholen

Da im vergangenen Jahr aufgrund der Finanzmisere nicht investiert werden konnte, ist einiges nachzuholen. Zum Beispiel soll die Straße Am Bärwald in Ordnung gebracht und die Straße Am Wiesenhang in Singwitz befestigt werden. In Blumental ist ein Rückhaltebecken zu schaffen, um künftig bei Starkregen Überschwemmungen zu vermeiden. In Großdöbschütz wird ein neues Feuerwehrgerätehaus gebraucht, weil das bisherige nicht mehr den Anforderungen entspricht. Auf der Wunschliste vor allem junger Einwohner steht ein Jugendclub. „Wenn wir so einen Treff einrichten, dann auf jeden Fall mit Betreuung“, betont Thomas Polpitz.

Nicht zuletzt will die Gemeinde weitere Möglichkeiten für den Bau neuer Wohnhäuser schaffen, um durch Zuzug die Einwohnerzahl, die aktuell bei rund 2 100 liegt, möglichst konstant zu halten. Die Nachfrage ist da, vor allem, weil Obergurig nah an Bautzen liegt. Es gibt erste Ideen, auf dem ehemaligen Mähdrescher-Abstellplatz nahe des Kreisverkehrs in Singwitz einen großen Eigenheimstandort anzulegen.

Auch das ist ein Thema für die 16 Mitglieder des neuen Gemeinderates. Nicht nur deshalb hat er interessante und anspruchsvolle Aufgaben vor sich. 26 Frauen und Männer sind bereit, sich ihnen zu stellen. Bis auf eine Ausnahme treten alle bisherigen Ratsmitglieder wieder an.

Umfrage: Was sollen die neuen Gemeinderäte nach der Wahl zuerst anpacken?

Sebastian Golbs (36),
Vertriebsingenieur,
Mönchswalde: Junge Leute sollen in der Gemeinde gehalten, Jung und Alt zusammengebracht werden. Man muss trotz der knappen Mittel abwägen, was Nutzen für alle bringt. Deshalb sollten die Vereine weiter unterstützt werden. Foto: Carmen Schumann
Sebastian Golbs (36), Vertriebsingenieur, Mönchswalde: Junge Leute sollen in der Gemeinde gehalten, Jung und Alt zusammengebracht werden. Man muss trotz der knappen Mittel abwägen, was Nutzen für alle bringt. Deshalb sollten die Vereine weiter unterstützt werden. Foto: Carmen Schumann ©  Carmen Schumann
Katja Lehner (39),
Werbekauffrau,
Lehn: Ich finde, es gibt zu wenig Freizeitangebote für ältere Kinder und Jugendliche. Früher gab es ja die Skaterbahn, wo jetzt der Kindergarten steht. Die Skaterbahn fehlt jetzt. Es gibt keinen Ersatz, außer Handball und Tischtennis. Foto: Carmen Schumann
Katja Lehner (39), Werbekauffrau, Lehn: Ich finde, es gibt zu wenig Freizeitangebote für ältere Kinder und Jugendliche. Früher gab es ja die Skaterbahn, wo jetzt der Kindergarten steht. Die Skaterbahn fehlt jetzt. Es gibt keinen Ersatz, außer Handball und Tischtennis. Foto: Carmen Schumann ©  Carmen Schumann
Yvonne Jacob (44),
Ergotherapeutin,
Kleindöbschütz: Die Fußwege sind zum Befahren mit Kinderwagen zu schmal. Die Kreuzung in der Ortsmitte ist sehr unübersichtlich. Da sollte eine 30er-Zone eingerichtet werden. Das Verbrennen von Gartenabfällen nimmt allmählich überhand, schlimm! Foto: Carmen Schumann
Yvonne Jacob (44), Ergotherapeutin, Kleindöbschütz: Die Fußwege sind zum Befahren mit Kinderwagen zu schmal. Die Kreuzung in der Ortsmitte ist sehr unübersichtlich. Da sollte eine 30er-Zone eingerichtet werden. Das Verbrennen von Gartenabfällen nimmt allmählich überhand, schlimm! Foto: Carmen Schumann ©  Carmen Schumann
Harald Wirth (67),
Rentner,
Obergurig: Ich hoffe, dass die Gemeinde als Träger der Alten Schmiede uns als Verein weiterhin in unserer Arbeit unterstützt. Denn dieser denkmalgeschützte Dreiseitenhof ist dazu geeignet, eine Begegnungsstätte mit viel Kultur und altem Handwerk zu werden. Foto: Carmen Schumann
Harald Wirth (67), Rentner, Obergurig: Ich hoffe, dass die Gemeinde als Träger der Alten Schmiede uns als Verein weiterhin in unserer Arbeit unterstützt. Denn dieser denkmalgeschützte Dreiseitenhof ist dazu geeignet, eine Begegnungsstätte mit viel Kultur und altem Handwerk zu werden. Foto: Carmen Schumann ©  Carmen Schumann
Denis Hennebach (33), Berufskraftfahrer, Schwarznaußlitz: Ich wünsche mir, dass die Kita im Gemeindebesitz bleibt. Es soll alles so bleiben, wie es ist. Denn die Kinder haben sich an die Erzieherinnen gewöhnt. Ich befürchte nämlich, dass bei einem Trägerwechsel auch das Personal ausgewechselt werden könnte. Foto: Carmen Schumann
Denis Hennebach (33), Berufskraftfahrer, Schwarznaußlitz: Ich wünsche mir, dass die Kita im Gemeindebesitz bleibt. Es soll alles so bleiben, wie es ist. Denn die Kinder haben sich an die Erzieherinnen gewöhnt. Ich befürchte nämlich, dass bei einem Trägerwechsel auch das Personal ausgewechselt werden könnte. Foto: Carmen Schumann ©  Carmen Schumann

26 Kandidaten stellen sich in Obergurig zur Wahl

Unabhängige Bürgerbewegung

1. Rolf Dutschmann (1945), Lehrer im Ruhestand, Obergurig
2. René Pötschke (1969), Maurer- und Betonbaumeister, Schwarznaußlitz
3. Volkmar Kriebitzsch (1956), Diplomlehrer, Obergurig
4. Uta Krebs (1964), Maschinenbauingenieurin, Schwarznaußlitz
5. Heike Jursch (1963), Immobilienmaklerin, Schwarznaußlitz
6. Torsten Probst (1987), Verkaufsberater für Landmaschinen, Singwitz
7. Toni Kletsch (1989), Maschinenschlosser, Lehn
8. Andrea Karpinski (1959), Verwaltungsangestellte, Singwitz
9. Katrin Hage (1966), Pharmazie-Ingenieurin, Kleindöbschütz
10. Sebastian Golbs (1983), Vertriebsingenieur, Mönchswalde
11. Thomas Winkler (1986), Tischler, Singwitz
12. Stephan Kutzschke (1978), Maschinenbauingenieur, Singwitz

CDU

1. Frank Dittmann (1966), Installateur, Obergurig
2. Eugen Frömmel (1966), Bauingenieur, Mönchswalde
3. Kathleen Hobrack (1983), Lehrerin, Singwitz
4. Katrin Irrgang (1978), Diplom-Betriebswirtin, Großdöbschütz
5. Anita Jacob (1951), Rentnerin, Mönchswalde
6. Katrin Miunske (1972), Geschäftsführerin, Großdöbschütz
7. Christian Schletze (1988), Medizinproduktberater, Obergurig
8. Andreas Wehle (1965), Diplom-Gartenbauingenieur, Schwarznaußlitz

Alternativ für Obergurig

1. Lutz Kieschnick (1952), Rentner, Singwitz
2. Angelika Grunewald (1954), Rentnerin, Singwitz
3. Annegret Petasch (1963), Floristikmeisterin, Großdöbschütz
4.Gerd Protze (1963), Kommissionierer, Kleindöbschütz

Die Linke

1. Sonja Wagner (1950), Rentnerin, Singwitz
2. Sebastian Braunschweig (1986), Zeitsoldat, Mönchswalde

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