Was bewegt die Menschen in Obergurig?

Obergurig. Bei der Wahl vor fünf Jahren galt es noch als Knackpunkt, als eins der Probleme, die der neue Gemeinderat dringend lösen sollte: das als Juracks Gehöft bekannte Gelände an der Bahnhofstraße in Singwitz. Es war ein Schandfleck.
Inzwischen sind die maroden Gebäude verschwunden. Die Gemeinde ließ sie abreißen und verkaufte das Gelände an zwei Investoren, die ein Wohngebiet angelegt haben. Dort ist Platz für zehn Häuser. Drei sind schon fertig und bewohnt, zwei im Bau, nur zwei Grundstücke noch zu haben. Diese Aufgabe kann also als erledigt abgehakt werden.
Ein weiterer Anspruch, der damals genannt wurde, war die Schaffung von Wohnungen, die den Bedürfnissen älterer Menschen entsprechen. Seitdem sind an mehreren Stellen solche Zuhause entstanden. Unter anderem im Haus am Oberguriger Dorfplatz, in dem sich auch eine Arztpraxis befindet, und in den Erdgeschossen zwei neuer Stadtvillen.
Die Gemeinde ist in keinem dieser und weiterer Beispiele der Bauherr, schafft aber die Voraussetzungen dafür. Zum Beispiel indem sie den nicht mehr genutzten Tennisplatz in Singwitz abgebaut und das Gelände an einen Investor verkauft hat, der darauf ein Mehrfamilienhaus errichtet, dessen Erdgeschoss altersgerecht gestaltet ist.
Kleine Projekte mit großer Bedeutung
Auch sonst ist in den zurückliegenden fünf Jahren viel geschafft worden. Meist sind es kleine Projekte, die aber für das Dorfleben große Bedeutung haben. Unter anderem wurde der Kunststoffbelag des Sportplatzes hinter der Grundschule saniert, in Kleindöbschütz für Verkehrsberuhigung gesorgt, im Dorfgemeinschaftshaus in Schwarznaußlitz ein Treppenlift eingebaut, sodass es auch für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, erreichbar ist. Der Eingangsbereich der Grundschule wurde umgestaltet.
Auch das Problem mit den Duschen in der Turnhalle konnte die Gemeinde lösen. Das Gesundheitsamt hatte sie gesperrt, weil im Wasser Legionellen – Bakterien, die vom Menschen durch Wasserdampf über die Atemwege aufgenommen werden können – festgestellt worden waren. Seitdem die Gemeinde einen neuen Heißwasserspeicher eingebaut hat, können alle Sporttreibenden wieder duschen.
Während über die Notwendigkeit solcher Investitionen weitgehend Einigkeit im scheidenden Gemeinderat herrschte, gab es vor allem bei einem Projekt heftige Diskussionen: dem Kauf und der Sanierung der alten Schmiede, die sich in einem Umgebindehaus an der Schulstraße befindet. Die Entscheidung dafür fiel ganz knapp aus. Inzwischen sind die Dächer erneuert. Gerade hat die Sanierung des Haupthauses begonnen. Der Gebäudekomplex soll zur Begegnungsstätte werden. Die Umsetzung des Vorhabens zu begleiten, obliegt dem neuen Gemeinderat.

Eine weitere Aufgabe für ihn wird es sein, über die Zukunft der Oberguriger Kita Spatzennest zu entscheiden. Im Herbst vergangenen Jahres gab es heftige Diskussionen dazu. Die Gemeinde wollte die Einrichtung an einen freien Träger abgeben. Das Team der Kita, Eltern und einige Gemeinderäte sprachen sich dagegen aus. Daraufhin wurde die Entscheidung ausgesetzt.
Das war nicht die einzige schwierige Situation, die der Gemeinderat, dessen Wahlperiode jetzt endet, zu bewältigen hatte. Im vergangenen Jahr musste er mehrere unpopuläre Entscheidungen treffen, unter anderem Steuern und Kitabeiträge erhöhen, die Vereinsförderung und einige geplante Bauvorhaben streichen … So gelang es, eine Zwangsverwaltung zu vermeiden.
Grund für die prekäre Situation war, dass der bisher größte Steuerzahler – eine Firma mit 300 Mitarbeitern – ihren Stammsitz aus Obergurig weg verlegt hatte. Daraufhin musste die Gemeinde rund 1,5 Millionen Euro Steuern zurückzahlen und sich darauf einrichten, künftig auf diese Einnahmequelle zu verzichten.
Eine der vorrangigen Aufgaben für die nächste Zeit ist es laut Bürgermeister Thomas Polpitz (CDU) auch gerade deshalb, „die Gemeinde als Gewerbestandort zu festigen“ und gezielt Wirtschaftsförderung zu betreiben, um für ansässige Firmen und potenzielle Neuansiedlungen gute Bedingungen zu schaffen.
Einiges nachzuholen
Da im vergangenen Jahr aufgrund der Finanzmisere nicht investiert werden konnte, ist einiges nachzuholen. Zum Beispiel soll die Straße Am Bärwald in Ordnung gebracht und die Straße Am Wiesenhang in Singwitz befestigt werden. In Blumental ist ein Rückhaltebecken zu schaffen, um künftig bei Starkregen Überschwemmungen zu vermeiden. In Großdöbschütz wird ein neues Feuerwehrgerätehaus gebraucht, weil das bisherige nicht mehr den Anforderungen entspricht. Auf der Wunschliste vor allem junger Einwohner steht ein Jugendclub. „Wenn wir so einen Treff einrichten, dann auf jeden Fall mit Betreuung“, betont Thomas Polpitz.
Nicht zuletzt will die Gemeinde weitere Möglichkeiten für den Bau neuer Wohnhäuser schaffen, um durch Zuzug die Einwohnerzahl, die aktuell bei rund 2 100 liegt, möglichst konstant zu halten. Die Nachfrage ist da, vor allem, weil Obergurig nah an Bautzen liegt. Es gibt erste Ideen, auf dem ehemaligen Mähdrescher-Abstellplatz nahe des Kreisverkehrs in Singwitz einen großen Eigenheimstandort anzulegen.
Auch das ist ein Thema für die 16 Mitglieder des neuen Gemeinderates. Nicht nur deshalb hat er interessante und anspruchsvolle Aufgaben vor sich. 26 Frauen und Männer sind bereit, sich ihnen zu stellen. Bis auf eine Ausnahme treten alle bisherigen Ratsmitglieder wieder an.