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Was die Wiesn mit Freital zu tun hat

Die Stadt braucht Platz für eine neue Feuerwache. Das favorisierte Grundstück gehört einem Münchner Promiwirt. Der rechnet sich einen schönen Gewinn aus.

Von Tilman Günther
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Josef Krätz und seine Frau Tina im Februar dieses Jahres beim Besuch einer Premiere im Cirque du Soleil in München.
Josef Krätz und seine Frau Tina im Februar dieses Jahres beim Besuch einer Premiere im Cirque du Soleil in München. © www.imago-images.de

Freital spielt normalerweise keine Rolle in der Welt der Reichen und Schönen. Die Industriestadt am Rande der sächsischen Residenz ist eher das Aschenputtel unter den Anrainern. Radeberg mit seinem weltberühmten Bier und erst recht Radebeul mit seinem Wein sind die geliebten Töchter Dresdens. Wenngleich Bier in diesem Fall, um den es hier geht, auch einen wichtigen Platz einnimmt und ein Mann, der mit Bier viel Geld verdient und durchaus Promistatus genießt.

Josef Krätz, 1954 in Augsburg geboren, aufgewachsen als Sohn eines Bauern, gelernter Metzger, hat sich hochgearbeitet bis in die Spitzen der Münchner Schickeria. Krätz übernahm 1981 die Waldwirtschaft in Großhesselohe südlich von München. Er machte daraus ein florierendes Ausflugslokal und wusste auch Promis für sich zu gewinnen. Damit begann sein Aufstieg in der Münchner Gastronomie bis hin zum Andechser am Dom und dem Hippodrom, seinem eigenen Zelt beim Oktoberfest, dass er von 1995 bis 2013 betrieb.

Er verdiente ordentlich Geld, doch er rechnete nicht immer ordentlich ab. 2014 wurde er wegen Steuerhinterziehung verurteilt, musste 570.000 Euro zahlen und bekam eine Gefängnisstrafe auf Bewährung. Inzwischen hat er sich wieder berappelt, ist zurück im Geschäft. Gemeinsam mit seiner Frau Tina und den erwachsenen Kindern verdient er nicht nur Geld mit Gastronomie, sondern er züchtet auch Wagyu-Rinder auf dem Bauernhof seiner Eltern und vertreibt das hochwertige Fleisch. Zusätzlich macht er ein paar Geschäfte mit Immobilien. Und da kommt nun endlich Freital ins Spiel.

Denn hier nennt Josef Krätz ein 12.000 Quadratmeter großes Grundstück sein Eigen. Es liegt in Döhlen, recht zentral und doch etwas versteckt. Denn es befindet sich in zweiter Reihe an der Dresdner Straße hinter der Araltankstelle. Es ist ein Gewerbegrundstück mit mehreren Gebäuden, in denen verschiedene Firmen eingemietet sind.

Josef Krätz kassiert Miete und wartet ab

Dieses Areal rückte spätestens 2018 ins Blickfeld der Stadt. Denn die Gebäude dort werden kaum gepflegt, die eingemieteten Firmen können daran nicht viel ändern und Eigentümer Krätz hat offenbar kein Interesse an einer Entwicklung des Standortes. Er kassiert Miete. Ansonsten wartet er ab. 

Freitals alt Feuerwache (li. oben) lässt sich an dem Stadtort nicht mehr modernisieren. Ein Neubau muss her. Das Grundstück unter der Aral-Tankstelle (Mitte) ist der Favorit der Stadt.
Freitals alt Feuerwache (li. oben) lässt sich an dem Stadtort nicht mehr modernisieren. Ein Neubau muss her. Das Grundstück unter der Aral-Tankstelle (Mitte) ist der Favorit der Stadt. © Egbert Kamprath

Freital hatte nun zunächst die Überlegung über die städtische Gesellschaft TGF das Grundstück zu kaufen und als Gewerbestandort zu entwickeln. Man gab ein Gutachten in Auftrag, das einen Wert von 560.000 Euro für das Areal ermittelte. Allerdings war auch schnell klar, dass die Fläche belastet ist mit industriellen Hinterlassenschaften, die eine teure Sanierung nach sich ziehen - sogenannte Altlasten. 

So errechnete der Aufsichtsrat des Technologie- und Gründerzentrums Freital - besagter TGF - einen Kaufpreis von 225.000 Euro, den man bereit wäre zu bezahlen. Geschäftsführer Alexander Karrei wurde beauftragt, Verhandlungen aufzunehmen und das Angebot zu unterbreiten. Das war im April 2018. Josef Krätz winkte ab. Zu wenig. Auf Nachfrage teilte er später mit, er sei bereit für 600.000 Euro zu verkaufen. 

Das wiederum war für die TGF zu viel. Sie hätte ihren Plan, das Grundstück zu sanieren, in Parzellen zu teilen und an Gewerbetreibende weiterzuverkaufen, nicht wirtschaftlich darstellen können, wie es heißt. Die TGF hätte mit dem Geschäft also Verlust gemacht. Obwohl die Sanierung förderfähig gewesen wäre, also Steuergelder aus der Staatskasse zugeschossen worden wären.

Der Preis ist heiß

Inzwischen hat Freital eine andere Idee, was die Stadt mit dem Grundstück anfangen könnte. Denn sie braucht Platz, um eine neue Feuerwache zu bauen. Die alte, übrigens direkt nebenan vom Krätz-Grundstück, entspricht nicht mehr den Anforderungen und lässt sich auf der jetzigen Fläche auch nicht entsprechend modernisieren. 

Eine Analyse unter fünf möglichen künftigen Standorten für die Feuerwehr ermittelte einen Favoriten, der die meisten der geforderten Kriterien erfüllt: eben jenes Grundstück an der Dresdner Straße 166, hinter der Aral-Tankstelle.

Der Eigentümer hat mittlerweile offenbar bemerkt, dass in Freital großes Interesse an einem Kauf besteht. Und es war ja auch ein bisschen Zeit vergangen, die Immobilienpreise ringsherum gestiegen. So verlangte er 2019 schon 800.000 Euro. Und dabei blieb es nicht. Später hieß es, das Grundstück sei nicht unter einer Million zu haben, inzwischen ließ er über seine Tochter Julia Krätz mitteilen, er sei bereit, für 1,2 Millionen Euro zu verkaufen.

Das geht aus einem Schreiben vom 3. Juni 2020 an die Stadträte Lothar Brandau und Alexander Frenzel hervor. Beide hatten bei Krätz nachgefragt. Frenzel wird vorgeworfen, sogar ein eigenes Angebot gemacht zu haben. Er dementiert das. Doch die Geschichte ist einer der Gründe, warum Frenzel nun nicht mehr bei den Freien Wählern aktiv ist und auch im Stadtrat nicht mehr zur Fraktion gehört.

FDP-Mann Lothar Brandau sagt, er habe Josef Krätz persönlich in Bayern aufgesucht, auf eigene Kosten, um mit ihm ins Gespräch zu kommen, da die Stadtverwaltung seiner Meinung nach in der Sache nicht ausreichend aktiv geworden sei. Die hatte inzwischen einen anderen Plan verfolgt, nämlich das alte Skoda-Autohaus neben der Feuerwache zu kaufen und so für eine Erweiterung zu sorgen. 

Doch diese Idee hatte aus Sicht einer Mehrheit im Stadtrat noch zu viele Fragezeichen, sodass sie die Zustimmung zum Kauf verweigerte. Daraufhin zog der Autohaus-Besitzer sein Angebot an die Stadt zurück.

Nun steht Freital wieder am Anfang und wieder bei Krätz vor der Tür. Der Stadtrat hat der Verwaltung den Auftrag erteilt, mit dem Münchner Promiwirt Kaufverhandlungen aufzunehmen. Der wird sich das in Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Und der eine oder andere Stadtrat sicherlich auch. Vielleicht bei einem Bier im Großen Garten in der Torwirtschaft. Die gehört übrigens – man ahnt es schon – Josef Krätz.

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