„Ein guter Kandidat sollte vor allem zuhören können“
Dieter Klein, 74, Rentner:
Ich habe schon gewählt, weil wir am 25./26. Mai eine Familienfeier haben. Außerdem wollte ich in aller Ruhe wählen. Man muss sich auf jeden Fall vorinformieren, denn mit insgesamt vier Wahlen und den entsprechenden Stimmzetteln ist es diesmal recht umfangreich. Für mich ist die OB-Wahl die Wichtigste. Da sind drei Kandidaten wählbar: Herr Ursu, Frau Schubert und Frau Lübeck. Bei Frau Lübeck habe ich aber den Eindruck, dass sie vielleicht noch etwas unerfahren ist, deshalb habe ich sie nicht gewählt. Eine Frau als OB stände Görlitz gut, aber Herrn Ursu halte ich durchaus auch für fähig. Ein guter Kandidat sollte vor allem zuhören können, den Leuten aufs Maul schauen. Und das nicht nur im Wahlkampf: Es braucht den Dialog die ganzen sieben Jahre lang, für die der OB gewählt wird.
Gleichzeitig braucht es einen Dialog zwischen Stadträten und Bürgern. Beim Stadtrat wünsche ich mir, dass über die Parteigrenzen hinaus gute Ideen unterstützt werden und nicht aus parteipolitischen Interessen heraus gehandelt wird. Vorschläge sollten von allen Parteien geprüft, und, wenn sie gut sind, auch umgesetzt werden.
Für die nächsten Jahre sehe ich drei Schwerpunktthemen. Erstens: den Verkehr. Da ist mir wichtig, dass Radfahrer und Fußgänger ein bisschen sicherer unterwegs sind. Zweitens: Die Stadt sollte versuchen, die Restaurierung von alten Gebäuden wie Stadthalle und Kaufhaus voranzubringen. Da muss mal eine Entscheidung fallen und dann auch umgesetzt werden – jedenfalls, soweit die Stadt darauf Einfluss hat. Drittens sollte sich Görlitz für eine Elektrifizierung der Bahnstrecke nach Dresden stark machen – also, dass versucht wird, an Fördertöpfe zu kommen. Gerade bei diesen Punkten halte ich Herrn Ursu und Frau Schubert für die geeignetsten Kandidaten.
Was die AfD angeht, hoffe ich, dass viele, die bei der Bundestagswahl 2017 Herrn Chrupalla gewählt haben, sich jetzt die Frage stellen, was aus ihrer Wahl geworden ist und ob es etwas gebracht hat. Ich habe die Empfindung, dass Herr Chrupalla nichts für die Stadt Görlitz getan hat.
Bei der Europawahl habe ich die SPD gewählt. Europa ist wichtig, ich möchte die Vorzüge nicht missen. Viele, die europamüde geworden sind, sollten sich mal an die Zeit erinnern, als sie noch ihre Ausweise zeigen mussten, um ins Riesengebirge zu fahren. Heute ist das ganz einfach möglich. Das ist doch ein Geschenk!
Die Kreistagswahl beschäftigt mich von allen Wahlen am wenigsten. Ich bin Städter, da habe ich mich weniger mit den Kreis-Kandidaten befasst. Auf den Dörfern sieht das sicher anders aus, aber mir sind OB und Stadtrat wichtiger.
„Was hilft eine starke Stadt, wenn Europa zerbröselt?“
Marie-Luise (64) und Helmut (68) Händel, Rentner:
Für uns ist die Europawahl ganz wichtig, denn dabei geht es um ganz Europa. Deutschland darf nicht Vorreiter sein, sondern Europa muss gemeinsam stark sein. Wir sind die erste Generation, die 70 Jahre lang keinen Krieg erdulden musste. Das möchten wir gestärkt haben – und das darf die rechte Flanke nicht verreißen. SPD und CDU können das am besten. Wir vertrauen allen beiden. Und Konkurrenz zwischen den beiden ist immer gut. Das ist die wichtigste Wahl, denn was hilft eine starke Stadt, wenn Europa zerbröselt?
Die OB-Wahl ist natürlich auch wichtig. Da halten wir es für ein entscheidendes Kriterium, dass mal eine Frau an der Spitze steht. Frauen haben oftmals mehr Sensibilität, diplomatisch zu arbeiten. Am besten ist eine Frau, die von der bürgerlichen Mitte der Stadt unterstützt wird. Unser Wunsch wäre, dass Franziska Schubert OB wird.
Inhaltlich gibt es einige Themen, die uns wichtig sind. Sicherheit gehört auf jeden Fall dazu. Wir leben nun mal an der Wohlstandsgrenze zwischen Deutschland und Polen. Da ist es wichtig, dass die Polizei gestärkt wird. Wir sind aber auch große Kulturfans. Da hat Görlitz Hervorragendes zu bieten, vom Theater bis hin zu vielen anderen Veranstaltungen. Uns ist wichtig, dass die Kultur in ihrer gesamten Breite erhalten bleibt. Wir sind sehr breit aufgestellt, gehen zum Straßentheaterfestival genauso wie zu Konzerten. Die Stadthalle ist vor allem von den Finanzen und vom Konzept abhängig. Das müssen die Stadträte entscheiden, da wollen wir uns nicht zu weit hinauslehnen.
Für den Stadtrat wäre eine gute Durchmischung wichtig. Dazu gehören unbedingt auch neue Kräfte wie Motor Görlitz. Wichtig ist auch, dass die einzelnen Parteien und Wählervereinigungen gut miteinander können. Damit meinen wir die bürgerliche Mitte: Die Bürger für Görlitz und Motor Görlitz sollten gut mit der CDU zusammenarbeiten, und zwar für die Stadt Görlitz.
Die Kreistagswahl spielt für uns eher eine untergeordnete Rolle, das hat uns nicht so sehr tangiert. Die Investitionen in das neue Landratsamt sind aber für die Stadt Görlitz ein Glücksumstand, vor allem für die obere Berliner Straße. Da werden nun hoffentlich Gebäude saniert, an denen ansonsten wohl noch Jahrzehnte nichts passieren würde. Doch was den Kreis angeht, so finden wir es auch wichtig, dass das Leben auf dem Land wieder lebenswert ist.
Im Übrigen haben wir schon gewählt – per Briefwahl zu Hause, nicht im Briefwahllokal. Wir wollten uns die Stimmzettel in Ruhe anschauen. Es sind ja ganz schön viele. Da ist es gut, sich etwas länger darüber Gedanken zu machen.
„Umweltschutz und Bildung sind mir besonders wichtig“
Anika Westphal (37), Sozialarbeiterin:
Ich gehe auf jeden Fall wählen, denn das ist ein Recht, das wir in Deutschland haben und das man auch in Anspruch nehmen sollte. So kann man zumindest ein bisschen mitbestimmen. Wer nicht wählt, braucht hinterher nicht zu meckern. Besonders wichtig ist in meinen Augen die OB-Wahl, denn sie betrifft uns Görlitzer direkt. Die Europawahl finde ich auch wichtig, die Kreistagswahl hingegen ist bisher ehrlich gesagt ein bisschen an mir vorbeigegangen. Das will ich mir aber bis zur Wahl noch ansehen.
Ich glaube, sehr viele Menschen haben schon vorher eine Idee, wen sie meistens wählen, aber gerade bei regionalen sollte man sich ein bisschen genauer mit den einzelnen Kandidaten befassen. Ich selbst habe mich noch bei keiner der vier jetzt anstehenden Wahlen entschieden, wen ich wählen werde. Alles, was rechts der Mitte steht, kommt für mich nicht infrage. Bei dem Rest bin ich mir aber bisher noch unschlüssig. Ich will aber auf jeden Fall die Zeit bis zur Wahl nutzen, um mich damit zu befassen.
Diesmal schaffe ich es leider nicht, zu Veranstaltungen mit den Kandidaten zu gehen. Normalerweise mache ich das. Aber ich werde mir auf jeden Fall noch die Wahlprogramme durchlesen. Das betrifft nicht nur die regionalen Wahlen, sondern auch die Europawahl. Eine Wahl, ohne die Wahlprogramme gelesen zu haben, kann ich mir gar nicht vorstellen.
Beim Stadtrat sind es diesmal unheimlich viele Kandidaten. Ich schaue da nicht unbedingt, wen ich kenne, sondern achte eher auf die Zugehörigkeit zu den Parteien und Wählervereinigungen. Auf diese Weise habe ich eher die Hoffnung, dass der Kandidat das trifft, was ich mir unter der Partei oder Wählervereinigung vorstellen kann und was ich mir auch selbst wünsche.
Ich befasse mich auch unabhängig von den Wahlen mit Politik, direkt zu den Wahlen wird es aber am wichtigsten. Die drängendsten Themen waren aus meiner Sicht schon immer Umweltschutz und Bildung. Wir haben schließlich Kinder und möchten ihnen etwas Positives hinterlassen. Was die Bildung angeht, sind die Möglichkeiten auf kommunaler Ebene natürlich begrenzt. Weder der Oberbürgermeister noch Stadt- oder Kreisräte können das Bildungssystem ändern. Aber es ist zum Beispiel möglich, auch im Bildungsbereich das Ehrenamt zu stärken, einerseits finanziell, andererseits aber auch durch mehr Anerkennung. Da ist in den vergangenen Jahren schon einiges passiert, aber es geht noch mehr. Das kann die Bildungspolitik zumindest ein bisschen ergänzen. Auch beim Umweltschutz wüsste ich keine ganz konkreten lokalen Projekte.
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