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Was der Winter kostet

Obwohl noch keine Krume Schnee gefallen ist, sind schon 43.000 Euro in den Winterdienst geflossen. Wie geht das?

Von Thomas Riemer
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Winter - und kein Schnee. Dennoch sind Kosten für den Winterdienst entstanden, zum Beispiel durch den Aufbau von Schneezäunen.
Winter - und kein Schnee. Dennoch sind Kosten für den Winterdienst entstanden, zum Beispiel durch den Aufbau von Schneezäunen. © Anne Hübschmann

Großenhain. Anderthalb Meter Schnee. Der Wind treibt die Flocken auf die Straßen. Anwohner kommen mit dem Freischaufeln der Grundstücke kaum hinterher. Die Räum- und Streukommandos arbeiten rund um die Uhr.

Nein, das ist nicht der Winter 2019/20. Statistisch gesehen, gab es in der laufenden Saison noch nicht einen einzigen echten Wintertag. Schnee in Großenhain und den Ortsteilen: Fehlanzeige. Frost hingegen machte sich hin und wieder vor allem in den Morgenstunden bemerkbar. 

Dennoch: Zwischen November und Januar betragen die Kosten für den Winterdienst im Stadtgebiet mehr als 44.000 Euro. Diese Zahlen hat die Verwaltung jetzt im Technischen Ausschuss des Stadtrates vorgelegt und damit für einiges Erstaunen gesorgt. "Kein Schnee - und trotzdem so hohe Ausgaben?" fragten sich einige Ausschussmitglieder. 

Zwei Institutionen sind in Großenhain für den Winterdienst zuständig: Der Stadtbauhof sowie die Firma ST Grünbau GmbH  mit Hauptsitz in Leipzig. Letztere hatte den Zuschlag erhalten, den Winterdienst in sieben Ortsteilen abzusichern: Krauschütz, Skäßchen, Skaup, Strauch, Stroga, Uebigau und Nasseböhla. Das Unternehmen nimmt neben der Unterhaltung der Gemeindestraßen unter Einhaltung der Straßenanliegersatzung auch die Anliegerpflichten wahr - zum Beispiel an städtischen Grundstücken in den benannten Ortsteilen.

Insgesamt stehen dem städtischen Bauhof laut Planansatz für das Jahr 2020 rund 120.000 Euro zur Verfügung, im Jahr zuvor waren es 141.000 Euro. In der laufenden Saison wurden davon bis Ende Januar knapp 27.000 Euro ausgegeben. 

Kontrollfahrten, das Aufstellen von Schneezäunen, der Erwerb und die Bevorratung von Streugut sowie die Unterhaltung der Streugutbehälter an öffentlichen Straßen sind die wesentlichen Ausgaben-Positionen, so Rathaussprecherin Diana Schulze. 23 Mal mussten Bauhofmitarbeiter zu Kontrollfahrten aufbrechen, 15 Mal folgten Einsätze, um die Sicherheit auf Straßen und Wegen zu gewährleisten. Meist in den Morgenstunden, wenn der Bodenfrost "Gefahr im Verzug" prophezeite.

Für die Leistungen von ST Grünbau GmbH waren 30.000 Euro veranschlagt.  "Rund 18.000 Euro sind bereits ausgegeben worden", so Diana Schulze mit einem gewissen Verständnis für die Auffassung, dass diese Summe angesichts des bislang ausgefallenen Winters recht hoch erscheine. Angesichts des Aufgabenspektrums erklärt sich allerdings Einiges. Denn zu den Leistungen der Fremdfirma in den Ortsteilen gehören Räum- und/oder Streueinsätze einschließlich Material mit Kraftfahrzeugen auf den Straßen, Wegen, Plätzen. 

Hinzu kommen Kontrollfahrten, um die Einsatznotwendigkeit zu überprüfen. Ebenso Einsätze, um städtische Anliegerpflichten an Bushaltestellen oder Feuerwehrstandorten zu erfüllen. Im Preis enthalten ist auch die Vorhaltung von Räum- und Streutechnik - aufgelistet pro Monat. Zwölf der erwähnten Kontrollfahrten wurden durch die Leipziger im laufenden Winter durchgeführt, an drei Tagen rollten Fahrzeuge zum Einsatz wegen Glatteisgefahr aus. 

Und doch sind nicht alle mit dem Winterdienst komplett zufrieden. Thomas Neumann zum Beispiel, Stadtrat und Ortschaftsrat in Skäßchen (mit Krauschütz, Skaup und Uebigau). Er monierte im Technischen Ausschuss, dass es im Dorf ein oder zwei Tage gab, wo ein Streueinsatz nötig gewesen wäre, jedoch nichts passierte. "Man merkt schon, dass der Firma ein bisschen die Ortskenntnis fehlt", sucht Neumann nach Ursachen. 

Ein Mal sei davon eine Feuerwehrzufahrt betroffen gewesen  "sowas ist natürlich dann schon fraglich", findet der Ortsvorsteher. Er habe zur Vergabe der Leistungen an die Fremdfirma bereits bei der Abstimmung im Herbst 2019 seine Bedenken geäußert. Auch, weil die Erfahrungen aus der Vergangenheit für einen zuverlässigen Winterdienst standen. Damals sei die Agrargenossenschaft Bauda zuständig gewesen, "und das hat immer geklappt", so Thomas Neumann. Auch auf dem "kurzen Dienstweg". Aber er sehe natürlich auch, dass es für die Leipziger Firma der erste Winter ist, manches sich noch einschleifen wird.

Wobei "Winter" ja nun tatsächlich ein bisschen übertrieben ist. Selbst, wenn Väterchen Frost und Frau Holle in den nächsten Tagen noch einmal zuschlagen sollten - die geplanten Kapazitäten werden wahrscheinlich nicht aufgebraucht. Zumindest die Stadtbauhofmitarbeiter sind trotzdem nicht beschäftigungslos. 

"Sollten, wie in den vergangenen Jahren, wieder milde Winter kommen, werden die geplanten Kapazitäten des Bauhofes für andere Produkte, wie z. B. Straßenunterhaltung, Grünflächenpflege, Spielplatzunterhaltung usw. verwendet", so Stadtsprecherin Diana Schulze.