Von Ingolf Reinsch
Bischofswerda. Mehr als jedes vierte Geschäft in Bischofswerdas Innenstadt steht leer. Das ergab eine Zählung der SZ Anfang Februar. Von 145 Geschäftsräumen, die erfasst wurden, sind 41 nicht belegt.
Ladenleerstand ist kein rein Bischofswerdaer Problem. Er betrifft viele kleine und mittlerer Städte. Selbst ein Touristenmagnet wie Meißen kämpft gegen den Leerstand an. Dort gibt es Überlegungen für einen Existenzgründerwettbewerb, der Leute ermutigen soll, ein Geschäft zu eröffnen. Sebnitz lobt Prämien aus. Je nach Größe des Geschäftes soll ein Zuschuss von bis zu 10 000 Euro möglich sein. Und Bischofswerda? Die SZ bat die Vorsitzenden der vier Stadtratsfraktionen um ihre Sicht.
Soll es für Geschäftsgründer eine Startprämie geben?
Die Fraktion von Bürger für Bischofswerda (BfB) kann sich das durchaus vorstellen. Robert Geburek: „Den Vorschlag einer Unterstützung von Neueröffnungen, besonders im Altstadtgebiet, gibt es von unserer Seite schon lange. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter, wir würden auch unterstützen, wer seinen Laden erweitern oder umstrukturieren möchte.“ Allerdings müsse man auch beachten, dass sich die Stadt Bischofswerda trotz verbesserter finanzieller Lage immer noch in der Haushaltskonsolidierung befindet.
Die anderen drei Fraktionen sehen das „Sebnitzer Modell“ kritisch. „Von einem pauschalen Zuschuss für die Neueröffnung von Geschäften halte ich nichts. Eine solche „Kopfprämie“ wirkt zwar kurzfristig, sichert aber nicht das langfristige Überleben“, sagt Dr. Bernd Grüber (CDU/FDP-Fraktion). Thomas Köckritz (Die Linke) nennt zwei Gründe, die aus seiner Sicht gegen das Prämienmodell sprechen: „Für Bischofswerda ist es nicht finanzierbar. Und es wäre unfair gegenüber den eingesessenen Händlern.“ Bei der SPD hält man Prämienzahlungen für „nicht zielführend“. Aniko Heinze: „In erster Linie wollen wir die bestehenden Unternehmen unterstützen und möglichst langfristige Neuansiedlungen dazugewinnen.“
Welche Anreize sollte die Stadt für Existenzgründer schaffen?
Aniko Heinze: „Anreize sehen wir vor allem darin, die Innenstadt wieder attraktiver für Einkäufe zu gestalten. Beispielsweise mit der ersten halben Stunde frei parken und einer belebenden Packstation in einem der leer stehenden Geschäfte. Die SPD-Fraktion hat bereits mit einer Anfrage die Reduzierung der Gebühren für Werbeaufsteller wieder ins Gespräch gebracht.“ Bernd Grüber sagt: Auch der Stadtrat könne mit seinen Beschlüssen dazu beitragen, die Innenstadt attraktiv für Käufer und damit für (neue) Geschäfte zu machen. „Kurzfristig wäre hier die Erarbeitung eines Parkraum- und Parkleitkonzeptes inklusive der Anpassungen der Parkgebühren sowie eine Überarbeitung der Sondernutzungssatzung ein erstes Signal. Auch eine Senkung der Gewerbesteuer sollte kein Tabu sein, sobald die Haushaltskonsolidierung es zulässt.“ Wichtig sei auch eine entsprechende Präsentation und das Werben für die Stadt.
Hier setzt auch BfB an: Als Erstes müsse man potenziellen Gründern aufzeigen, welche Vorteile die Stadt Bischofswerda hat. „Dazu gehört eine aktive Unterstützung bei behördlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Neugründung von Geschäften. Dazu muss die Wirtschaftsförderung die Integration der neuen Einzelhändler zu den bestehenden Einzelhändlern begleiten und fördern“, sagt Robert Geburek.
Angesichts der Abwanderung von Kaufkraft in den Internethandel und Einkaufszentren wie den Elbepark Dresden sollte man nicht nur auf neue Geschäfte schauen, sondern auch nach anderen Möglichkeiten suchen, wie Menschen stärker in die Innenstadt gezogen werden können, sagt Thomas Köckritz. Als Beispiele nennt er kulturelle Angebote, ansprechende Gastronomie, etwa einen „Griechen“ oder einen „Italiener“, sowie Begegnungsmöglichkeiten wie einen überdachten Spielplatz. Gut wäre aus seiner Sicht eine Umfrage, was den Bischofswerdaer auf dem Markt fehlt.
Wie kann die Stadt helfen, Vermieter und Mieter zusammenzubringen?
Die Stadt könne mit „persönlichen Paten“ aus der Verwaltung helfen, geeignete Gewerbeflächen zu finden, sagt Bernd Grüber. Ein entsprechendes Register der freien Ladenlokale müsse auf dem Rathaus vorgehalten und stetig aktualisiert werden. „Hier sehe ich auch Möglichkeiten, dass die Stadt potenzielle Vermieter z.B. durch Fördermittel und/oder Beratungsangebote dabei unterstützt, ihre Ladenlokale zielgerichtet fit für die speziellen Bedürfnisse eines Interessenten zu machen, ggf. auch durch die Zusammenlegung mehrerer Geschäfte.“
BfB forderte bereits vor Jahren, eine Datenbank der leer stehenden Immobilien und Ladengeschäfte seitens der Stadt anzulegen. „Es gab nach unserem Kenntnisstand Bemühungen. Der Stand ist indes nicht bekannt und auch nicht veröffentlicht.“ Eine solche Datenbank würde es Interessenten ermöglichen, bedarfsgerecht Objekte zu finden. Zudem könnte die Verwaltung bei Anfragen reagieren und den Kontakt zum Eigentümer herstellen.
Thomas Köckritz spricht sich für eine Vermittlungsfunktion der Stadt aus – etwa indem sie Hauseigentümer, zumindest in der Startphase, für einen moderaten Mietpreis gewinnt. Aniko Heinze sieht den Wirtschaftsförderer in der Pflicht, „der laut unserem Kenntnisstand auch sehr aktiv unterwegs ist“. Gerne stehen aber auch bei den Stadträten die Türen und Ohren offen.