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„Was wir tun können, das tun wir“

Stabwechsel beim angeschlagenen Software-Anbieter Intershop Communications AG in Jena. Gründer Stephan Schambach hat den Vorstandsvorsitz an Finanzvorstand Jürgen Schöttler abgegeben. Die SZ sprach mit dem neuen Chef.

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Intershop verfügt noch über ein Kapital von rund zehn Millionen Euro. Sieben Millionen sind im Mietvertrag des Intershop-Towers in Jena gebunden. Wie lange reicht das Geld noch?

Diese Frage kann und will ich Ihnen nicht beantworten. Sie haben Recht mit der Aussage, dass wir ein Liquiditätsproblem haben und das unter Umständen anzeigen kann, wie lange es mit Intershop noch weitergeht. Dies beeinflusst auch unser Geschäft: Viele unserer Kunden wollen unser Produkt zwar kaufen, machen sich aber Sorgen um unsere Kapitaldecke.

Wie wollen Sie diesen Engpass überwinden?

Wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen eingeleitet: Zum einen werden wir Restrukturierungen vornehmen, unsere Belegschaft nochmals verkleinern. Zweitens sind wir in Gesprächen mit Investoren, die sich beteiligen wollen. Hier sind die Gespräche noch offen. Zudem werden wir versuchen, aus den sieben Millionen Geld freizubekommen, die wegen der Miete des Intershop-Towers zurückgestellt sind. Zuletzt müssen wir unseren Vertrieb stärken, um unsere Produkte besser abzusetzen.

Der Einstieg eines finanzkräftigen Investors wurde schon auf Ihrer Hauptversammlung im Herbst angekündigt. Weshalb ist es bisher nicht passiert, und wie stehen die Chancen jetzt?

Das dauert alles seine Zeit. Wir arbeiten an allen Fronten hart für einen Abschluss. Ich sehe Chancen, dass es dazu kommt. Wann das geschehen wird, kann ich jetzt nicht sagen. Die nächste Information gibt es erst, wenn die Tinte trocken ist. Was wir tun können, das tun wir.

Es würde Ihnen ja schon weiterhelfen, wenn Sie Geld aus dem Mietvertrag für den Intershop-Tower locker machen könnten. Wie weit sind die Verhandlungen?

Ich denke, wir können von den sieben Millionen Euro Rückstellung etwa fünf Millionen freibekommen. Außerdem versuchen wir, leerstehende Flächen unterzuvermieten.

Wie viel ist denn vermietet?

Wir selbst belegen den Tower zu etwa einem Drittel, ein weiteres Drittel ist untervermietet, und der Rest steht leer. Allerdings ist der Preis, zu dem wir untervermieten, von uns subventioniert.

Im letzten Quartal vorigen Jahres haben Sie noch schwarze Zahlen geschrieben. Wie kam der Absturz nun so schnell?

Das erste Quartal des Jahres ist traditionell schwächer als das vierte Quartal. Hinzu kommt, dass wir Ende vorigen Jahres noch einen Großauftrag abschließen konnten. Im ersten Halbjahr 2003 ist bei uns der Umsatz aus dem Lizenzgeschäft deutlich zurückgegangen – was ein großer Teil unseres Umsatzes ist. Allerdings liegen wir mit unserem Geschäft im Trend der gesamten Branche, der es nicht gut geht. Uns trifft die Entwicklung nur sehr viel härter, weil uns im Gegensatz zu unseren Wettbewerbern das finanzielle Polster fehlt.

Sie haben nun den Vorstandsvorsitz von Firmengründer Stephan Schambach übernommen. Sehen Sie sich als Sanierer des Unternehmens?

Ich sehe mich nicht als Sanierer. Der Wechsel im Vorstand geht einher mit einem Paradigmenwechsel. Bisher stand die Produktentwicklung im Vordergrund. Hier stand der Name von Stephan Schambach für Visionen und neue Produkte. Nun geht es mit den hervorragenden Produkten an die Umsetzung im Markt. Daher übernehme ich nun das operative Geschäft.

Sie wollen Kosten senken und halbieren nochmals Ihre Belegschaft von knapp 450 auf rund 200 Mitarbeiter. Wie viele davon werden Sie zumindest vorübergehend auffangen?

In einer Beschäftigungsgesellschaft werden rund 100 Mitarbeiter unterkommen. Hier sind wir aber noch in Gesprächen. Die Entlassungen werden im Übrigen alle unsere Standorte betreffen.

Wird es Intershop am Jahresende noch geben – auch ohne Einstieg eines Investors?

Ja, da bin ich sehr zuversichtlich.

Gespräch: Georg Wenzelburger