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Wasserspiele seit 1860 in den Schilleranlagen

Alte Postkarten öffnen ein Fenster zur Vergangenheit. Die SZ blickt zurück – heute auf den Brunnenam Theatervorplatz.

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Von Carmen Schumann

Man muss schon genau hinsehen, um zu erkennen, wo das Motiv der Postkarte aufgenommen wurde. „Promenaden-Anlagen“ steht unter dem Foto, auf dem ein Springbrunnen abgebildet ist. Einen Anhaltspunkt bildet die Villa links am Bildrand. Dabei handelt es sich um die so genannte Jendesche Villa des ehemaligen Schnapsfabrikanten Emil Jende an der Ecke Seminarstraße/Schilleranlagen.

Da der Postkarte leider die Briefmarke samt Stempel fehlt, ist nicht genau zu ermitteln, aus welchem Jahr sie stammt. Zu vermuten ist, dass es sich um die Zeit um 1900 handelt. Es ist eine Postkarte des Weltpostvereins, deren Rückseite ganz der Adresse vorbehalten ist. Dem Absender bleibt nur ein schmaler Streifen auf der Vorderseite für seine Mitteilungen. Eine gewisse Anna bedankt sich bei Familie Wenzel in Löbau für die freundliche Aufnahme.

Aufwendiger Schalenbrunnen

Der Brunnen ist einer von zwei Wasserspielen, die im Zuge der Gestaltung der Bautzener Wallanlagen angelegt wurden. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren die mittelalterlichen Stadtbefestigungen der sich entwickelnden Stadt einfach zu eng geworden. Nach der Errichtung der Bahnstrecke und des Bahnhofes fehlte eine Verbindung zur Stadt. Deshalb begann man mit dem Abtragen der Wälle der äußeren Stadtbefestigung. Es entstand der „Grüne Ring“. Bereits 1852 wurde im Bereich des heutigen Theatervorplatzes die Mauer durchbrochen und ein erster Weg angelegt. An dieser Stelle weihte man am 8. April 1860, einem Ostersonntag, den Springbrunnen ein. Es handelte sich dabei um ein großes rundes Wasserbecken mit einem aufwendig gestalteten Schalenbrunnen in der Mitte. Am Rande der umgebenden Rasenflächen waren Blütensträucher regelmäßig angeordnet.

Neugestaltung 1975

In den zwanziger Jahren ist der Brunnen umgebaut worden. Ein Foto aus dieser Zeit zeigt, dass der Schalenbrunnen durch eine mehrstrahlige Fontäne ersetzt wurde. Laut Zeitzeugenberichten enthielt der von einem zierlichen Zaun umgebene Brunnen Goldfische. Diese Gestaltung blieb bis zum Bau des neuen Theaters 1974/75 erhalten. Damals wurden der Rundbrunnen und die Rasenfläche beseitigt. Der Platz wurde mit Beton belegt und es wurde eine rechteckige Brunnenanlage mit zwei Wasserbecken errichtet. Aus 34 Düsen wanderte das Wasser aus dem oberen Becken ins untere und umgekehrt. Die Innenverkleidung des Brunnens bestand aus geschliffenem Granit.

1996 musste der rechteckige Brunnen seinem heutigen – wiederum runden – Nachfolger weichen, der sich in seiner Gestaltung an die ersten Wasserspiele anlehnte. Die Umgestaltung des Platzes war der städtische Beitrag zur 200-Jahrfeier des Theaters. Der Brunnen wurde so gestaltet, dass er bei Freilichtvorstellungen des Theaters problemlos mit einer Bühne überbaut werden kann.

Quelle: „Die Wallanlagen in Bautzen“ von Susanne Zetsch und Falk Lorenz, 1998/99